
Selbst ein leeres Rednerpult, an dem Donald Trump auftreten wird, ist für die Medien News geworden.
Bild: JOE SKIPPER/REUTERS
Ob CNN oder «New York Times»: Für die angeschlagenen
US-Medien ist Donald Trump ein Sechser im Lotto. Für die Politik eine
Katastrophe. Ein ähnliches Schmierentheater erleben wir derzeit mit der
Entköppelung.
23.03.2016, 14:2123.03.2016, 14:57

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«Wenn ich an eine
dieser TV-Shows gehe, dann verdoppeln, ja verdreifachen sich die
Einschaltquoten – und das gibt mir Macht», erklärte Donald Trump jüngst bei
einem Besuch auf der Redaktion der «New York Times».
Die verhängnisvolle Verstrickung von Populismus und Medien
Tatsächlich ist The
Donald nicht nur der lebendige Beweis für die Dekadenz der aktuellen Politik.
Er zeigt auch exemplarisch die verhängnisvolle Verstrickung von angeschlagenen
Medien und Populismus in seiner Reinkultur auf.
«Das Geld strömt einfach herein, und das macht Spass.»
Lieslie Mooves, CEO von CBS
Beispiel CBS: Das
ehemalige Vorzeige TV-Netzwerk litt wie alle traditionellen Medien unter akuter
Ertragsschwäche – bis das Phänomen Trump
auftauchte. An einer Investoren-Konferenz machte CBS-CEO Leslie Mooves keinen Hehl daraus, was dies für ihn bedeutet: «Das Geld strömt einfach herein, und
das macht Spass», erklärte er.

Anstatt für Themen macht Trump Werbung für seine Steaks und seinen Champagner.
Bild: JOE SKIPPER/REUTERS
Die tumultuösen Duelle
der republikanischen Präsidentschaftskandidaten – früher eine langweilige
Pflicht – sind zu Quotenrennern geworden. Nochmals Mooves: «Dabei sprechen die
nicht einmal über Themen. Sie bewerfen sich bloss gegenseitig mit Dreckbomben,
und die Werbung reflektiert das. Für uns wird das ein sehr gutes Jahr werden.
Sorry, ich weiss, das zu sagen ist schrecklich, aber: Mach weiter, Donald.»
CNN hat seine Quote um 170 Prozent gesteigert
Für CNN ist Trump zur
Überlebensgarantie geworden. Die Einschaltquoten waren noch im letzten Jahr auf
einem Tiefpunkt angelangt und an der Wall Street wurde bereits über den Tod
des News-Channels spekuliert. «Mit den CNN-Debatten und der massiven
Berichterstattung über Trump hat der Sender seine Einschaltquoten um 170
Prozent steigern können», meldet die «New York Times».

Kann sich als Einzige leisten, Trump zu ignorieren: Fox-News-Moderatorin Megyn Kelly.
Bild: BRENDAN MCDERMID/REUTERS
Kein Wunder also,
jubiliert CNN-Präsident Jeff Zucker ähnlich wie Mooves: «Die Zahlen sind verrückt,
einfach verrückt», erklärt er. Das ist nicht übertrieben. Ein während der
Debattern mit Trump ausgestrahlter Werbespot kostete rund 40 Mal mehr als sonst
üblich.
«Die Zahlen sind verrückt, einfach verrückt.»
Jeff Zucker, Präsident CNN
Zwischen Trump und
den US-Medien hat sich eine unheilige Allianz gebildet. Die Abhängigkeit vom
Donald hat bei TV-Stationen ein absurdes Ausmass angenommen. So werden
inzwischen minutenlang Einstellungen auf ein leeres Rednerpult gezeigt, an dem
Trump bald erscheinen wird, oder leere Landepisten, auf denen der Trump-Jet
bald aufsetzen wird.
Auch die seriöse Presse zieht mit
Die Trump-Mania hat selbst
die seriöse Presse erfasst. Als Trump sich einmal mehr auf ein Twitter-Duell
mit der Fox-News-Moderatorin Megyn Kelly einliess, wurde dies umgehend sowohl
von der «Times» wie auch von der «Washington Post» prominent vermeldet. «Dabei
war es bloss eine Flut von abschätzigen Bemerkungen, nicht wirklich News»,
bekennt Jim Rutenberg, Media-Redaktor bei der «New York Times», selbstkritisch.

Keine Talkshow ohne Köppel: Hier bei Maischberger.
Trump selbst hingegen
profitiert extrem von dieser Konstellation. Die Agentur mediaQuant hat
ausgerechnet, dass er bis Mitte März eine Berichterstattung im Wert von 1,9 Milliarden
Dollar erfahren hat. Zum Vergleich: Sein Rivale Ted Cruz kommt bloss auf 300
Millionen Dollar, Hillary Clinton auf 750 Millionen Dollar. Trump kann deshalb
bisher locker auf einen hunderte von Millionen schweren Werbefonds verzichten.
Entköppelung und kein Ende
Typisch amerikanisch,
ist man einmal mehr versucht zu sagen. Wirklich? Rund um den Globus bricht das
Geschäftsmodell der traditionellen Medien ein, auch in der Schweiz. Populisten
sorgen auch hierzulande für Quoten. Christoph Blocher mag inzwischen langsam
ausgelutscht sein. Sein gesalbter Nachfolger Roger Köppel ist jedoch gefragter
denn je und darf bald in keiner Talkshow mehr fehlen. So hat der serbelnde «Tages-Anzeiger» bisher mehr als 20 Artikel über die absolut sinnfreie Entköppelung im Theater Neumarkt publiziert – und ein Ende ist nicht absehbar.
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