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Betterview wird verkauft: 3 von 10 Filialen werden geschlossen

Der Zürcher Filiale der Augenlaser-Klinikkette Betterview.
Die Zürcher Filiale von Betterview.Bild: watson

Betterview-Chef zu Verkauf: «Drei der zehn Filialen werden geschlossen»

Ulrich Harmuth, der Chef des Schweizer Start-ups Betterview, spricht über die Zukunft der Firma in neuen Händen, Promi-Kundschaft – und die Rolle des umstrittenen Investors Ertan Wittwer.
03.09.2025, 07:2703.09.2025, 07:27
Benjamin Weinmann / ch media
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2012 wurde das auf Augenlaser-Operationen spezialisierte Start-up Betterview gegründet. Im Visier: Kaufkräftige Kundinnen und Kunden, denn die Behandlungen beginnen bei 3500 Franken. Bei der Gründung involviert war unter anderem Ertan Wittwer als Investor. Dieser ist bekannt für weitere Start-ups wie Bestsmile, Hair & Skin oder Care – allesamt Firmen, die zuletzt aufgeben oder ihr Geschäftsmodell stark anpassen mussten.

Und nun wird Betterview verkauft. Im Interview sagt Geschäftsführer Ulrich Harmuth weshalb, wer der neue Besitzer ist – und wie oft es zu Komplikationen kommt. Er empfängt in der Filiale mit der teuersten Miete, vis-à-vis dem Zürcher Hauptbahnhof.

Betterview ist gerade mal drei Jahre alt und wird nun bereits verkauft – weil man alleine keinen Erfolg hatte?
Ulrich Harmuth: Nein, wir haben in kurzer Zeit ein Netz mit 10 Standorten aufgebaut und wurden so zum führenden Anbieter für Augen-Laserbehandlungen in der Schweiz mit einem Umsatz im zweistelligen Millionenbereich. Aber für den nächsten Schritt wollen wir bewusst unsere medizinische Expertise stärken durch den Anschluss an eine führende internationale Augenklinik Kette. Und da haben wir mit der deutschen Euro Eyes eine Partnerin gefunden mit über 30 Jahren Erfahrung in der Branche. Sie zählt 32 Kliniken und Beratungszentren in Deutschland, Dänemark, Grossbritannien, China und Hongkong, wo sie auch an der Börse gelistet ist. Bekannte Leute wie Thomas Gottschalk oder Ed Sheeran gehören zum Euro-Eyes-Kundenstamm.

Dennoch: Betterview verschwindet.
Richtig, die Marke Betterview wird es nicht mehr geben. Dennoch bleiben viele Bestandteile erhalten, von den Angestellten, über die digitalen Prozesse, bis hin zu den modernen Geräten. Der Firmengründer David Holenstein und ich werden Geschäftsführer der neuen Schweizer Gesellschaft. Auch bei den Preisen gibt es keine grossen Veränderungen, und unsere Patienten profitieren nun vom modernsten Behandlungsangebot von Euro Eyes.

Was kostet der Deal?
Darüber haben wir Stillschweigen vereinbart.

Was bedeutet der Verkauf für das Filialnetz?
Im Zuge der Übernahme hat sich Euro Eyes entschlossen, drei der zehn Filialen zu schliessen, jene in Aarau, Luzern und Chur. Die anderen sieben Kliniken in der Schweiz, unser OP-Zentrum in Zürich, sowie die Klinik in London werden von Euro Eyes weiter betrieben.

Wie viele Angestellte erhalten dadurch die Kündigung?
Dazu können wir noch keine Details nennen. Wir werden aber versuchen, allen Betroffenen eine andere Stelle anzubieten und ansonsten eine möglichst sozialverträgliche Lösung anzubieten.

Fakt ist, dass Betterview bis heute keinen Gewinn geschrieben hat, und aus medizinischen Fachkreisen gab es Kritik an Ihrem aggressiven Marketing. Auch andere Firmen aus dem sogenannten Medical-Retail-Bereich wie Hair& Skin oder Bestsmile sind zuletzt gescheitert. Ist die Zeit dieser Lifestyle-Medizinanbieter inklusive Lounge-Feeling vorbei?
Das sehe ich nicht so. Die erwähnten Fälle waren sehr unterschiedlich gelagert und hatten ein anderes Geschäftsmodell als wir. Zudem waren wir auf gutem Weg, in den nächsten zwei, drei Jahren profitabel zu werden. Auch die Euro-Eyes-Kliniken sind alle modern und sehr patientenorientiert. Aber ja, der Fokus liegt stärker auf dem Medizinischen.

Ein Name, der bei all diesen Start-ups auftaucht, ist Ertan Wittwer. Er war auch bei der Gründung von Betterview als Anfangs-Investor an Bord, gilt spätestens seit einer Klage der Migros gegenüber Bestsmile als umstritten. Welche Rolle spielte er zuletzt?
Zu Beginn hat er uns mit seiner Erfahrung sehr geholfen, wofür wir sehr dankbar sind. Er war aber nie operativ involviert und war zuletzt nur noch Teilhaber.

Haben Sie sich Ihre Augen lasern lassen?
Nein, ich sehe gut, deshalb brauche ich derzeit keine Operation. Aber wenn sich meine Sehleistung irgendwann verschlechtert, lasse ich mir die Augen definitiv behandeln.

Verstehen Sie Leute, die lieber eine Brille tragen?
Absolut, letztlich ist es eine sehr persönliche Entscheidung. Sowohl das Augenlasern als auch die Linsentransplantation sind keine notwendigen Operationen. Das Ziel ist eine Verbesserung des Lebensgefühls und der Lebensqualität.

Viele fürchten sich vor den Schmerzen der Operation. Wie gross ist er auf einer Skala von 1 bis 10?
Das lässt sich nicht so pauschal sagen. Aber was ich sagen kann: Etwa ein Drittel unserer Kundschaft kommt aufgrund von Empfehlungen von Leuten, die sich bei uns behandeln liessen und mit unserem Angebot zufrieden waren. Bei Euro Eyes sind es sogar 70 Prozent. Das wäre nicht so, wenn die Operation sehr unangenehm wäre.

Gibt es Leute, die kurz vor dem Termin vor lauter Nervosität absagen?
Ja, zum Glück aber nicht sehr viele. Unsere Ärzte und medizinischen Mitarbeitenden klären die Kundinnen und Kunden vor der Behandlung sehr ausführlich über alle, auch nur geringsten Risiken auf. Denn wie bei jeder medizinischen Behandlung gibt es diese.

Was, wenn nach der Operation die Sehkraft weiter nachlässt, ist dann eine zweite Operation möglich?
Ja, man kann die Augen im Normalfall mehrfach lasern lassen. Im Alter zwischen 25 und 40 Jahren haben viele Menschen eine Kurzsichtigkeit, weil sie viel Zeit am Bildschirm verbringen. Zwischen 45 und 60 kommt oft die Altersweitsichtigkeit hinzu. Dann braucht man unter Umständen eine Linsentransplantation, selbst wenn man vorher schon einmal gelasert wurde.

Wie oft kommt es zu Komplikationen bei der Heilung?
Man muss zwischen Nachbehandlungen und echten Komplikationen unterscheiden. Etwa fünf Prozent aller Patienten, die sich die Augen lasern lassen, benötigen eine Nachbehandlung. Dabei handelt es sich insbesondere um das längere Verwenden von Augentropfen als üblich, zum Beispiel während sechs statt nur zwei Wochen.

Und Komplikationen?
Komplikationen im eigentlichen Sinn treten nur bei zirka 0,1 Prozent aller Behandlungen auf. Also in 1 von 1000 Fällen. In so einem seltenen Fall kann das Problem auch mit einer Nachbehandlung nicht rückgängig gemacht werden.

Und dann sieht man auf ewig schlechter?
Nein, aber dann braucht es möglicherweise eine zweite Operation. Und in äusserst wenigen Fällen ist es möglich, dass auch dann nicht die volle Sehkraft erreicht und eine Brille weiterhin nötig ist.

Die Sendung «Kassensturz» berichtete über eine Betterview-Patientin, die nach einer Laserbehandlung über starke Schmerzen und schlechteres Sehen klagte ...
Diesen Fall gab es. Aber wichtig ist: Bei dieser Patientin handelte es sich um einen Fall mit Nachbehandlung, nicht um eine Komplikation. Die Operation ist nicht schiefgelaufen, sondern es war eine Nachbehandlung notwendig.

Was ist die Zukunft des Augenlaserns, wohin geht die Entwicklung?
Studien zeigen, dass im Jahr 2050 rund die Hälfte der Weltbevölkerung eine Sehkorrektur benötigen wird. Heute sind es deutlich weniger. Diese Entwicklung sieht man besonders in China: 80 Prozent der Teenager dort sind kurzsichtig, mit Dioptriewerten von über minus 6. Das liegt daran, dass die Menschen sehr viel auf Bildschirme schauen und zu wenig in die Ferne blicken.

Die Social-Media-Sucht ist also gut für Ihr Geschäft.
Das kann man so sagen. Diese Entwicklung wird die Nachfrage nach Augenbehandlungen auf jeden Fall weiter steigern.

Wird die Augenlaser-Operation irgendwann komplett von Robotern durchgeführt, also ohne Arzt?
Der Laser berechnet heute schon selbst, wie gelasert werden muss, und führt den Vorgang automatisch aus. Der Arzt richtet das Auge aus und überwacht den Ablauf. Aber jeder Körper ist individuell, und es gibt immer Situationen, in denen der Arzt eingreifen muss. Deshalb bleibt ein gut ausgebildeter Arzt ein essenzieller Teil des Eingriffs.

Vom Sportbusiness zur Augenheilkunde

Ulrich Harmuth Betterview Chef CEO
Bild: Betterview

Ulrich Harmuth, Betterview-Chef
Der 48-jährige Ulrich Harmuth hat Anfang Jahr die Geschäftsführung des Start-ups Betterview übernommen. Der Deutsche lebt in Teufen AR. Zuvor arbeitete Harmuth als Strategie- und Finanzchef bei Sportradar, einem Dienstleister für Sportmedien und -wetten mit Sitz in St.Gallen, das sich vom Start-up zu einem Unternehmen mit Milliardenumsatz entwickelte. Harmuth verantwortete dort auch den Markteintritt in die USA und mehrere Akquisitionen. Zudem arbeitete er in der Vergangenheit auch für Private-Equity-Firmen und beim Beratungsunternehmen Boston Consulting Group. Er hat einen Finance-MBA-Titel von der Wirtschaftshochschule Insead sowie einen Master-Abschluss in Bauingenieurwesen. (bwe) (aargauerzeitung.ch)

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