Wie Trump seinen Kumpel Milei retten will
Entwicklungshilfe ist nicht das Ding der Trump-Regierung. Als eine der ersten Massnahmen nach dem Amtsantritt wurde USAID gestrichen, das Programm, mit dem Millionen von Menschen vor allem in Afrika vor dem Hungertod bewahrt worden sind. Um rund 50 Milliarden Dollar zu sparen – ein im Hinblick auf ein rund 5 Billionen Dollar umfassendes Jahresbudget relativ unbedeutender Betrag –, wurde dies billigend in Kauf genommen, ebenso die Tatsache, dass damit China die Tür für einen weiteren Vormarsch auf dem Kontinent noch weiter geöffnet wurde.
«America first» um jeden Preis, also? Nicht ganz. US-Finanzminister Scott Bessent ist dabei, Argentinien mit rund 20 Milliarden Dollar unter die Arme zu greifen. Dass dieser Staat, der notorisch von einer Staatspleite zur nächsten taumelt und periodisch von Korruptionsskandalen erschüttert wird, von keinerlei strategischem Interesse für die USA ist, spielt dabei keine Rolle.
Die Gründe für die Bereitschaft, einem fremden Land so grosszügig unter die Arme zu greifen, sind anderswo zu finden. Zum einen ist Javier Milei, der Präsident von Argentinien, ein ideologischer Seelenverwandter von Trump und den Tech-Bros im Silicon Valley. Er hat seinem Land eine libertäre Rosskur auferlegt, wie sie Elon Musk, Peter Thiel & Co. sich nicht härter hätten ausdenken können. Finanzminister Bessent, ein ehemaliger Hedgefonds-Manager, kann damit auch seinen Kumpels in dieser Branche aus der Patsche helfen. Einige von ihnen hatten zu fest und zu früh an einen erfolgreichen Ausgang des libertären Experiments geglaubt, zu viel in Argentinien investiert und müssen nun um ihr Geld bangen.
Dabei schien es zu Beginn ganz gut zu laufen. In seinem ersten Amtsjahr 2023 ist es Milei gelungen, die Hyperinflation des Landes auf ein für südamerikanische Verhältnisse erträgliches Mass zu reduzieren. Er tat dies gemäss seiner libertären Ideologie mit einem knallharten Sparprogramm und dem Abbau eines grossen Teils des Staatsapparates. Das trug ihm international und in rechten Kreisen viel Goodwill ein.
Der ehemalige Rockstar wurde zum Politstar: Der Internationale Währungsfonds (IWF) gewährte ihm Kredite, das Wef lud ihn nach Davos ein, und als Elon Musk sein Doge-Programm lancierte, liess er sich nicht nur von Milei inspirieren, er trat auch gemeinsam mit ihm und Kettensäge vor einem johlenden Publikum auf.
Musk ist inzwischen von Trump entsorgt worden. Auch Milei befindet sich in Nöten. Kürzlich verlor er eine Regionalwahl in Buenos Aires, der grössten und bedeutendsten Provinz Argentiniens, überraschend deutlich. Jetzt muss er befürchten, dass ihm das Gleiche auch bei den kommenden nationalen Zwischenwahlen am 26. Oktober passieren wird, denn die Stimmung im Land ist umgeschlagen. «Das Momentum hat sich gegen Milei gewandt», stellt der «Economist» fest. «Milei braucht jetzt mehr als ein Rock-Konzert, um das Ding wieder zu drehen.»
Wie ist es zu diesem Stimmungswandel gekommen? Der wichtigste Grund liegt in Mileis Geldpolitik. Um die Hyperinflation zu bändigen, wollte er ursprünglich gar den Peso abschaffen und durch den Dollar ersetzen. In Mittel- und Südamerika ist die sogenannte Dollarisierung nicht selten. In kleineren Staaten wie El Salvador und Ecuador ist dies gang und gäbe.
Argentinien ist jedoch eine Schuhnummer grösser. Milei liess daher seinen Dollarisierungs-Plan fallen, sorgte jedoch mit Stützkäufen der Notenbank dafür, dass der schwächelnde Peso stark blieb. Dank Krediten des IWF gelang ihm dies zunächst auch. Doch in jüngster Vergangenheit sackte der Kurs des Pesos wieder ab. Die argentinische Notenbank musste gegen zwei Milliarden Dollar aufwenden, um einen Sturz ins Bodenlose zu verhindern.
Jetzt hat sie jedoch ihr Pulver weitgehend verschossen. Um die Währung bis zu den entscheidenden Zwischenwahlen zu stabilisieren, werden gemäss Berechnungen der argentinischen Beratungsfirma Invecq weitere acht Milliarden Dollar nötig sein, und dazu braucht es die Hilfe aus den USA.
Die Notenbank hat den Kurs des Pesos auch mit einer Erhöhung des Leitzinses gestützt. Damit hat sie die Wirtschaft, die eh schon unter einer starken Währung ächzt, noch weiter in die Bredouille gebracht. Damit verliert Milei zunehmend die Gunst auch derjenigen, die seinen Wahlsieg ursprünglich gefeiert haben, und auch seinen wichtigsten Trumpf. «Die Wirtschaft wird wahrscheinlich bis zu den Zwischenwahlen stagnieren», erklärt Martin Rapetti von der Denkfabrik Equilibra in Buenos Aires in der «Financial Times».
Gleichzeitig haben mehrere Korruptionsskandale das Vertrauen in die Regierung erschüttert. Der Präsident selbst war zuerst in eine dubiose Kryptowährung-Geschichte involviert. Danach wurde bekannt, dass seine sehr einflussreiche Schwester Kick-backs von einem Hersteller medizinischer Geräte erhalten hat, und jetzt musste sich auch noch einer der Top-Kandidaten seiner Partei zurückziehen, weil er Drogengelder angenommen hatte.
Milei kämpft mit dem Rücken zur Wand. Ein schlechtes Abschneiden seiner Partei bei den kommenden Zwischenwahlen würde wohl das Ende seines libertären Experiments bedeuten. Mit der 20-Milliarden-Dollar-Hilfe von Trump hofft er, dies im letzten Moment noch verhindern zu können.