Buhrufe ertönten, als eine Demonstration für einen Waffenstillstand im Gaza-Krieg am 11. November an der Starbucks-Filiale am Zürcher Stauffacher vorbeikam. Eine Rednerin forderte die rund 3000 Teilnehmer dazu auf, die US-Kaffeekette zu boykottieren, hiess es in einem Bericht.
Weniger geordnet ging es Anfang November in Lausanne zu und her. Unbekannte gossen rote Farbe auf dem Boden eines McDonald's-Restaurants aus. Die Farbe sollte symbolisch für das Blut der Palästinenser stehen, wie es in einem Bekennerschreiben heisst, aus dem «20 Minuten» zitierte. Im englischen Birmingham setzten Aktivisten Ende Oktober lebende Mäuse aus, die zum Teil mit den Farben der Palästinenserfahne besprüht worden waren.
McDonald's und Starbucks sind zum Ziel propalästinensischer Proteste geworden. Auslöser dafür waren mutmasslich Aktionen lokaler Niederlassungen. So gaben israelische McDonald's-Filialen gratis Tausende Menüs an Mitglieder der israelischen Streitkräfte ab, worauf sich die Betreiber von McDonald's in Saudi-Arabien, Oman, Kuwait, Jordanien, Türkei und in den Vereinten Arabischen Emiraten von der Aktion distanzierten.
McDonald's Schweiz zeigt sich auf Anfrage «bestürzt über die Desinformation und die ungenauen Berichte über unsere Haltung zum Konflikt im Nahen Osten». Das McDonald's-Mutterhaus finanziere oder unterstütze keine Regierungen, die im Nahostkonflikt verwickelt seien. Massnahmen der Lizenzpartner in der Region seien zudem «unabhängig und ohne Wissen» der Zentrale umgesetzt worden.
«Unsere Herzen sind bei allen Menschen, die von dieser Krise betroffen sind, und wir verurteilen jede Art von Gewalt und sind entschieden gegen Hassreden», heisst es weiter von McDonald's. Die Türen seien für alle geöffnet, und die Sicherheit der Mitarbeitenden und Gäste stünden «stets und überall an erster Stelle».
Starbucks wiederum wurde zum Ziel von Kritik, nachdem die Kaffee-Kette eine Gewerkschaft verklagt hatte, welche am 9. Oktober auf X in einem bald wieder gelöschten Beitrag Solidarität mit Palästina einforderte. Beim Rechtsstreit geht es um die Nutzungsrechte des Starbucks-Emblems und ähnlicher Symbole. Starbucks will verhindern, dass künftig politische Botschaften der Gewerkschaft mit solchen des Mutterhauses verwechselt werden.
Auch der Schweizer Nahrungsmittelkonzern Nestlé sieht sich mit Boykott-Aufrufen und entsprechenden Aktionen konfrontiert. So verbannte das türkische Parlament offenbar Nescafé, nachdem es hatte verlauten lassen, auf Produkte von proisraelischen Firmen zu verzichten. Explizit kritisiert wurde Nestlé in diesem Zusammenhang zwar nicht, dennoch taucht das Konzern-Logo auch auf Flugblättern auf, die zum Boykott von israelischen Produkten aufrufen. Der Westschweizer Nahrungsmittelriese wollte sich auf Anfrage nicht zu Fragen in diesem Zusammenhang äussern.
Die Aufrufe zum politischen Konsumverzicht schiessen mittlerweile derart ins Kraut, dass sich selbst die BDS-Bewegung, die sich seit Jahren für «Boykott, Desinvestition, Sanktionen» gegen Israel einsetzt, nun mässigend einschaltet.
In einem auf der Internetseite des Schweizer BDS-Ablegers veröffentlichten Text kritisiert die Bewegung die in den sozialen Medien kursierenden Aufrufe als kontraproduktiv. Damit der Protest eine maximale Wirkung erzielen könne, müsse sich die Bewegung «auf eine relativ kleine Anzahl sorgfältig ausgewählter Unternehmen und Produkte konzentrieren». Firmen sollen im Zentrum des Boykotts stehen, die in der Wahrnehmung von BDS «eine klare und direkte Rolle bei den Verbrechen Israels spielen und bei denen echtes Gewinnpotenzial» bestehe, heisst es auf der Website.
Und weiter: «Viele der untragbar langen Listen, die in den sozialen Medien viral gehen, bewirken das genaue Gegenteil dieses strategischen und wirkungsvollen Ansatzes.» Darauf stünden «Hunderte von Unternehmen», bei denen es «keine glaubwürdigen Beweise» für «ihre Verbindung zum israelischen Unterdrückungsregime gegen Palästinenser*innen» gebe, was Boykotte gegen sie wirkungslos mache.
Zum Boykott empfiehlt die Kampagne zum Beispiel die Firma Siemens, weil diese an einem Unterwasserkabel-Projekt beteiligt sei, «das Israels illegale Siedlungen im besetzten palästinensischen Gebiet mit Europa verbinden soll» oder die Bekleidungsmarke Puma, weil diese den israelischen Fussballverband sponsere, «der Mannschaften in Israels illegalen Siedlungen auf besetztem palästinensischem Land» betreue.
Starbucks oder Nestlé kommen im Blog-Beitrag zu geeigneten Boykott-Zielen gar nicht erst vor. McDonald's figuriert immerhin unter den «spontanen Boykott-Zielen». Von diesen wird aber tendenziell abgeraten. Wenn in der Region nicht schon ein spontaner Protest entbrannt sei, empfiehlt BDS andere, «strategischere Ziele» ins Visier zu nehmen.
Die BDS-Kampagne wird von verschiedener Seite als antiisraelisch und antisemitisch kritisiert. So bezeichnet sie der Politikwissenschaftler Jakob Baier in einem Beitrag für die deutsche Bundeszentrale für politische Bildung als «programmatisch und methodisch antisemitisch», weil sie «auf eine systematische Dämonisierung und Delegitimierung des jüdischen Staates im politischen und gesellschaftlichen Diskurs» abziele. Der Deutsche Bundestag und der österreichische Nationalrat haben die Bewegung in diesem Kontext verurteilt.
Gegen den Antisemitismus-Vorwurf wehrt sich BDS vehement und verweist auf die eigenen Grundsätze, die sich «entschieden gegen alle Formen von Diskriminierung und Rassismus, einschliesslich Islamophobie und Antisemitismus» richten. (aargauerzeitung.ch)
Aber ja, Starbucks boykottiere ich schon lange. Aber aus anderen Gründen (zu teuer und hat wenig mit Kaffee zu tun).