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Lion Air: Flug in den Tod für 26 Franken

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Indonesisches Flugzeug mit 188 Menschen an Bord abgestürzt
Beim Absturz einer indonesischen Passagiermaschine sind am 28. Oktober 2018 vermutlich 188 Menschen ums Leben gekommen.
quelle: epa/epa / hadi sutrisno
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Drama in Indonesien – Flug in den Tod für 26 Franken 

29.10.2018, 14:5829.10.2018, 15:32
christoph sator / dpa
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Nur wenige Minuten nach dem Start stürzt die Maschine eines indonesischen Billigfliegers ins Meer. Wahrscheinlich sind alle 188 Insassen tot. Das Unglück wirft ein Licht auf eine Branche, die in Asien noch mehr boomt als anderswo.

Der Flug mit Indonesiens grösstem Billigflieger Lion Air aus der Hauptstadt Jakarta nach Pangkal Pinang, der grössten Stadt der Nachbarinsel Bangka, kostet nicht viel. Am günstigsten ist die Frühmaschine morgens um 6.20 Uhr.

Der beste Preis: 393'400 Indonesische Rupiah. Das hört sich nach viel Geld an, sind umgerechnet aber nicht einmal 26 Franken. Und das für einen Flug von einer Stunde und zehn Minuten über die Javasee.

Die Maschine verunglückte kurz nach ihrem Start in Westjava.
Die Maschine verunglückte kurz nach ihrem Start in Westjava.screenshot: flighradar24

Auf eben dieser Verbindung sind am Montag wahrscheinlich 188 Menschen ums Leben gekommen. Alle, die nach Behördenangaben auf dem Flug JT-610 an Bord waren: 181 Passagiere und 7 Besatzungsmitglieder.

Die Maschine, eine Boeing 737, stürzte kurz nach dem Start ins Meer. Ursache war offenbar ein technisches Problem. Der indische Pilot Bhavye Suneja, ein erfahrener Mann mit 6000 Flugstunden, bat noch um die Erlaubnis, umkehren zu dürfen. Aber da war es schon zu spät.

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Angehörige trauern um die Opfer der verunglückten Lion Air.Bild: EPA/EPA

An der Unglücksstelle trieb Stunden später noch ein grosser Teppich aus Flugbenzin auf dem Wasser. Dazwischen schwammen grössere Wrackteile, ausserdem Rettungswesten, Handyhüllen, Ausweise, Führerscheine und verschiedene andere Dokumente. Unter den Todesopfern sind auch mehrere Beamte des indonesischen Finanzministeriums, die übers Wochenende in der Hauptstadt waren.

Das Wrack der Lion-Air-Maschine liegt nach Angaben der Behörden etwa 35 Meter weiter unten auf dem Grund der Javasee, die an dieser Stelle nicht besonders tief ist. Am Nachmittag (Ortszeit) konnten Taucher die ersten Todesopfer bergen. Hinweise auf Überlebende gibt es nach Angaben der nationalen Such- und Rettungsbehörde keine. Die Erfahrung lehrt, dass nach so vielen Stunden im Meer alle Hoffnung praktisch dahin ist.

epa07129179 Debris from the crashed Lion Air plane in the sea off the coast of Tanjung Pakis Karawang, Indonesia, 29 October 2018. According to media reports on 29 October 2018, Lion Air flight JT-610 ...
Wrackteile schwimmen bei der Unglücksstelle im Meer.Bild: EPA/EPA

Flugzeug erst zwei Monate alt

Der Absturz bringt die Billigflieger in die Schlagzeilen, von denen es in dieser Ecke Asiens noch mehr gibt als in anderen Teilen der Welt. In Indonesien mit seinen mehr als 250 Millionen Einwohnern ist die 1999 gegründete Lion Air der grösste, aber die Konkurrenz aus anderen Ländern wie Air Asia oder Scoot ist auch unterwegs. Billiger als in Asien lässt sich auf der Welt derzeit nirgends fliegen.

Die immer noch steigenden Bevölkerungszahlen, der wachsende Wohlstand, die neuen Spritspar-Modelle der Flugzeugbauer – all das sorgt dafür, dass die Geschäftsaussichten für die Billigflieger trotzdem rosig sind. In Indonesien mit seinen mehr als 17'000 Inseln spart man mit dem Flugzeug zudem enorm Zeit. Der Bedarf an Piloten und neuen Maschinen ist gross. Alle Gesellschaften erklären jedoch, dass an der Sicherheit keinesfalls gespart werde.

Die Unglücksmaschine war gerade einmal zwei Monate alt: Baujahr 2018, seit dem 15. August in Betrieb, erst 800 Flugstunden. Die Boeing 737 MAX 8 ist eine Neuauflage des Mittelstrecken-Klassikers, den die amerikanische Airbus-Konkurrenz seit den 1960er Jahren baut. Sie verbraucht deutlich weniger Kerosin als frühere Modelle. Die ersten Exemplare wurden vor zwei Jahren ausgerechnet an Lion Air ausgeliefert.

Die Unglücksmaschine war eine brandneue Boeing.
Die Unglücksmaschine war eine brandneue Boeing.screenshot: flighradar24

Der indonesische Billigflieger hatte 2013 schon einmal weltweit Schlagzeilen gemacht, als eine andere seiner Boeings vor Bali im Meer landete und auseinanderbrach. Zum Glück kam von den mehr als 100 Insassen damals niemand ums Leben.

Maschine hatte früher schon Probleme

Was jetzt besonders stutzig macht: Die abgestürzte Maschine hatte bereits an diesem Sonntag auf einem Flug von Bali nach Jakarta ein technisches Problem. Der Vorstandschef von Lion Air, Edward Sirait, bestätigte dies am Montag. Er verwies aber darauf, dass die Maschine nach gründlicher Untersuchung durch die Technik eine Starterlaubnis bekommen habe. «Alles nach Vorschrift.»

Kurz nach dem Abheben am Montag um 6.20 Uhr gab es dann wieder ein Problem. Der Pilot bat die Flugaufsicht um Erlaubnis, kehrt machen zu dürfen – warum genau, das sagten zunächst weder Fluglinie noch die Behörden. «Unser Pilot hat nach Vorschrift gehandelt», betonte Sirait auch dieses Mal. «Als er gesehen hat, dass es ein Problem gibt, hat er darum gebeten, zur Basis zurückkehren zu dürfen. Aber wir wissen, wie es zu Ende ging.» (sda/dpa)

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10 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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TheWall_31
29.10.2018 15:26registriert April 2018
Die Provokation im Titel finde ich sehr unnötig. Es hat sich in den letzten 20 Jahren immer und immer wieder gezeigt, dass Billig-Fluglinien in keinster Weise stärker von Zwischenfällen betroffen sind.

Indonesien ist bezüglich der Aviatik-Sicherheit weltweit eine der grössten "Problem-Nationen". Egal, ob der Flug jetzt 26 Franken kostete, oder nicht.
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flying kid
29.10.2018 16:30registriert August 2017
Auch in Europa kann mann für 11€ Flüge buchen, z. B. Deutschland nach Mallorca gibts manchmal fast gratis.
Auch sind das nur sehr wenig Tickets zu diesem Preis, dann wirds schnell teuer. So funktionieren Billigairlines.

Viel schlimmer ist, dass Lion Air seit 2002 schon total 7 Flugzeugunfälle hatte wo das Flugzeug Totalschaden hatte. Von den zig weiteren Vorfällen gar nicht erst gesprochen.
Zu schnelles Wachstum, Mangel an qualifiziertem Personal, etc zeigen dann halt ihr Gesicht. Darum stehen die meisten indonesischen Airlines in Europa auf der Blacklist und haben Flugverbot hier.
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Posersalami
29.10.2018 16:12registriert September 2016
RIP
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