Seit gut einem Jahr legt die Zürcher Krankenkasse Helsana ihre Löhne intern offen. Konkret heisst das: Für jede Stelle im Unternehmen ist das Lohnband mit dem Minimal- und dem Maximallohn mit einer Spanne von 30 Prozent bekannt. Gleichzeitig wurden bei Helsana die flexiblen Vergütungen wie Boni fast komplett abgeschafft. Das Ganze sei nicht zuletzt auf Wunsch der Mitarbeitenden geschehen, meldete Helsana damals.
Nun unternimmt die Krankenkasse, die gut 3500 Mitarbeitende beschäftigt, den nächsten Schritt und legt die Löhne bei Stelleninseraten offen.
Helsana habe sich zu diesem Schritt entschieden, weil man mit den bisherigen Neuerungen in puncto Lohntransparenz so gut gefahren sei, sagt HR-Leiter Beat Hunziker gegenüber «20 Minuten». Dank der Transparenz seien zum Beispiel die Lohnverhandlungen jetzt viel sachlicher.
Konkret gibt Helsana das Lohnband an, in dem der Lohn von 90 Prozent der Beschäftigten mit derselben Funktion liegt. Gemäss dem Personalchef befänden sich die übrigen zehn Prozent darunter, zum Beispiel wegen fehlender Ausbildung, oder darüber. Dasselbe gilt demnach bei den Bewerbenden: Bringe jemand deutlich mehr mit als gefordert, «können wir leicht über das Band gehen. Wenn jemand weniger mitbringt, aber interessant für uns ist, können wir darunter gehen», so Beat Hunziker.
Durch diese Änderung wüssten nun alle, wo sie beim Lohn stehen, aber auch Helsana selbst könne das jetzt erklären: Man könne genau sagen, welche Anforderung für einen höheren Lohn noch fehle, sagt Hunziker. Und: Offenbar gibt es, auch durch die Abschaffung der Boni, bei den Vorstellungsgesprächen kaum mehr lange Lohnverhandlungen.
Die Anzahl der Bewerbungen sei bislang stabil geblieben. Und: «Es gibt nun aber keine Bewerbungen mehr von Leuten mit völlig überzogenen Lohnvorstellungen. Es gibt keine falschen Erwartungen mehr», so Personalchef Hunziker gegenüber «20 Minuten».
Grosse Unternehmen wie Helsana oder auch Postfinance gehen zwar voraus, aber: In der Schweiz, wo Lohntransparenz nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, tut man sich grundsätzlich schwer mit dem Thema. In der EU, zum Beispiel, wird die obligatorische Offenlegung der Löhne vorangebracht, insbesondere durch die europäische Lohntransparenz-Initiative. Im April 2023 hat der Europäische Rat neue Vorschriften dazu angenommen. Demnach müssen EU-Unternehmen Informationen über die von ihnen gezahlten Löhne künftig veröffentlichen. Gleichzeitig müssen sie Massnahmen ergreifen, wenn das geschlechtsspezifische Lohngefälle im Unternehmen fünf Prozent übersteigt. (lak)