Unter dem Titel «Die neue CSU ist grün und geschmeidig» schildert Wolfgang Bok einen überraschenden Kurswechsel bei der Staatspartei aus Bayern. «Weg von der konservativen Hau-drauf-Rhetorik, hin zur grünen Wohlfühlpolitik», so umschreibt er die Wende. Bok war einst Chefredaktor der «Heilbronner Stimme» und arbeitet heute als freier Publizist.
Die CSU hat im vergangenen Oktober bei den Wahlen in Bayern eine empfindliche Niederlage erlitten. Sie ist auf ein historisches Tief von 37,2 Prozent gestürzt. Markus Söder, der neue starke Mann in der CSU zieht daher die Reissleine und wendet sich grünen Anliegen zu.
So hat Söder ein drohendes Volksbegehren zum Schutz der Bienen freiwillig in ein Gesetz umgewandelt. Den Bauern verspricht er Ausgleichszahlungen in der Höhe von 75 Millionen Euro. «Er (Söder) will nicht nur die Bienen retten, sondern auch die Bauern. Der Artenschutz soll nun noch ausgeweitet und sogar als Schulfach verankert werden. Damit setzt sich die CSU an die Spitze der grünen Bewegung», stellt Bok fest.
Die Zürcher SVP hat vor ein paar Wochen ebenfalls eine schmerzliche Schlappe erhalten. 5,5 Prozent ihrer Wählerinnen und Wähler haben ihr die Liebe aufgekündigt. Auch Christoph Blocher und seine Adlaten haben rasch gehandelt. Anders als das einstige Vorbild aus Bayern haben sie jedoch genau das Gegenteil getan: Sie haben den amtierenden Parteipräsidenten Konrad Langhart, einen Bauern, in die Wüste geschickt.
Gleichzeitig betonen die Mitglieder der SVP-Rennleitung unermüdlich, dass der Kampf gegen die Klimahysteriker ein zentraler Punkt ihres Wahlkampfs sein werde.
SVP-Ständeratskandidat und Vordenker Roger Köppel macht vor, was das konkret bedeutet. Er benützt seine «Weltwoche», um regelmässig immer härtere Attacken gegen Grüne und Umweltschützer zu fahren. Letzte Woche sprach er noch von einem «Klima-Wahn». Nun hat er bereits die «Klimatisten» entdeckt.
«Ich vergleiche die Klimaretter mit den Kommunisten», so Köppel. «Die Kommunisten sahen sich als Rächer und Retter der angeblich unterdrückten Unterschicht. Die Klimatisten sind die Rächer und Retter des angeblich misshandelten Klimas.»
Und weiter: «Die grüne Intoleranz, ihre fiebrige Ungeduld, der grüne Hass auf Andersdenkende und Kritiker ist die Folge ihres Selbstbilds. Sie vertreten ja nicht irgendeine subjektive Meinung, sondern sie stehen für die Wahrheit, die sie über den niederen Meinungsstreit in Wissenschaft und Demokratie erhebt.»
Köppels überdrehte Rhetorik hat nichts mit bayuwarischer Polterei zu tun. Sie ist von Trump inspiriert und erinnert stark an die täglichen Kampagnen, die Fox News, Rush Limbaugh und Breitbart in den USA gegen den Green New Deal und Alexandria Ocasio-Cortez, den Shootingstar der amerikanischen Politik, fahren.
Auch dort wird mittels grotesker Übertreibung ein Zerrbild einer angeblich grün-roten Diktatur gezeichnet. Nicht nur das Autofahren und das Fliegen, selbst Kühe sollen angeblich bald verboten werden (weil sie furzen).
In den USA liefern sich Republikaner und Demokraten einen Kampf auf Biegen und Brechen. Die martialische Rhetorik des Trump-Lagers mag dort bei Hillbillies, Johnny Sixpacs und Rednecks verfangen. Ob dies auch hierzulande funktioniert, ist fraglich, zumal an der Spitze der SVP mehr Banker und Unternehmensberater als Bauern und Gewerbler zu finden sind.
Die Anti-Klimaschützer-Kampagne könnte sich als Rohrkrepierer erweisen. So meldet das der SVP meist wohlgesinnnte Gratisblatt «20 minuten», dass die Verweigerung beim Klimaschutz innerhalb der SVP auf Kritik stosse und stellt die Frage in den Raum: «Kommt jetzt die grüne Volkspartei?»