Die Finanzmarktaufsicht (Finma) hat eigentlich viel zu tun. Sie wacht nach eigenen Angaben zum Schutz von Gläubigern, Anlegern und Versicherten über nicht weniger als «30'000 Institute und Produkte», unter anderem über Banken, Vermögensverwalter, Krankenkassen und Versicherungsvermittler. Doch ihre grösste Aufgabe ist nun ‒ nach dem Ende der Credit Suisse ‒ die Überwachung der neuen Super-UBS.
Die Botschaft der Aufsichtsbehörde hierzu: Wir tun, was wir können. So jedenfalls lassen sich die Voten der Exponenten der Finanzmarktaufsicht (Finma) an ihrer Jahrespressekonferenz vom Mittwoch zusammenfassen. So seien im laufenden Jahr 40 Vor-Ort-Kontrollen im In- und Ausland eingeplant, wie der Bankenspezialist der Behörde, Thomas Hirschi, betonte. Das entspreche fast einer Kontrolle pro Woche. Hinzu kommen zwei «umfangreiche Stresstests».
Das Finma-Team, das sich direkt oder indirekt um die UBS kümmert, wurde auf 60 Mitarbeitende aufgestockt. Und die Zusammenarbeit mit ausländischen Aufsichtsbehörden ist intensiv, wie Hirschi ergänzte.
Hinzu kommt, dass die Auflagen in Bezug auf Eigenkapital und Liquidität für die UBS «deutlich» verschärft wurden, wie Hirschi und Finma-Präsidentin Marlene Amstad mehrfach betonten. So muss die Grossbank nun ihr Eigenkapital aufbauen. Denn dieses steigt mit der Grösse einer Bank progressiv an, so sehen es die aktuellen Aufsichtsregeln vor. Heute erfüllt die UBS diese neuen Anforderungen noch nicht. Diese müssten jedoch erst per 2030 eingehalten werden. Die Finma hat sich aber laut Hirschi mit der UBS geeinigt, dass das zusätzliche Eigenkapital schon ab 2026 «graduell aufgebaut» werde.
Die neuen Anforderungen in Bezug auf die Liquidität gelten seit Anfang Jahr für alle Banken ‒ und damit auch für die UBS. Konkrete Zahlen will die Finma keine nennen. Amstad spricht von einer «signifikanten und deutlichen Zunahme». Und sie betont, dass bei der Ausgestaltung der Zusatzanforderungen die Lehren aus der «historischen Erfahrung» vom Oktober 2022 eingeflossen sind, als die Kunden der Credit Suisse innert eines Monats über 80 Milliarden Franken abgezogen hätten.
Ob die aktuellen Vorgaben in Bezug auf Eigenkapital und Liquidität reichten oder ob die Finma sich hier schärfere gesetzliche Vorgaben wünschen würde, wollten Amstad und ihre Mitstreiter nicht beantworten. Sie verwiesen einzig auf den Bericht des Bundesrats, der im April publiziert werden soll und der als Basis für die Reform der Bankenaufsicht und der «Too big to fail»-Gesetzgebung dienen soll.
Hingegen wiederholte Amstad ihren Wunsch nach mehr und schärferen Aufsichtsinstrumenten für die Finma. Erstens fordert sie die Einführung eines Senior-Manager-Regimes, mit dem Verantwortlichkeiten in der Bank klar zugeteilt würden und Topmanager sich nicht mehr mit dem Vermerk herausreden könnten, sie hätten von nichts gewusst.
Zweitens will die Finma Bussen verteilen können. Und drittens möchte sie die Öffentlichkeit über ihre Aufsichtsverfahren informieren können. Amstad verwies auf Finanzplätze wie die USA, Grossbritannien, Hongkong und Singapur, wo die Aufsichtsbehörde grundsätzlich alle ihre Verfahren öffentlich machen, sobald diese abgeschlossen sind. Ein Prinzip, das auch in der EU gilt. Es liegt an den jeweiligen Finanzinstituten, darzulegen, wieso ausgerechnet ihr Fall nicht publik werden sollte.
In der Schweiz ist die Beweislage umgekehrt: Hier muss die Finma heute argumentieren, wieso jetzt ausnahmsweise ein Fall öffentlich werden müsste. Und deshalb gibt es von der Aufsichtsbehörde für das Jahr 2023 nur statistische Gesamtzahlen. So hat die Finma im vergangenen Jahr 732 Abklärungen für sogenannte Enforcements, also für die Rechtsdurchsetzung, vorgenommen. Zudem hat sie 27 Verfahren gegen Gesellschaften und natürliche Personen abgeschlossen. Bei allen im vergangenen Jahr abgeschlossenen Gerichtsverfahren gegen Finma-Verfügungen hätten die Gerichte die Aufsichtsbehörde gestützt. «Die Finma setzte ihre Mittel des Aufsichtsrechts konsequent ein», sagte Brigit Rutishauser, welche die Finma ad interim leitet.
Mit ihren drei Forderungen will Amstad ihre Behörde an internationale Standards anpassen. Doch die Finma-Präsidentin hat durchaus auch Vorlieben für Schweizer Eigenheiten, insbesondere, wenn es um die Organisation der Finanzmarktaufsicht geht. So sprach sie sich am Mittwoch auch klar gegen die Idee aus, die Finma in die Nationalbank zu integrieren. Das Schweizer System habe sich bewährt, sagte Amstad.
Die Diskussion angestossen hatte UBS-Präsident Colm Kelleher. In einem Interview mit der «NZZ am Sonntag» äusserte der Banker, der seine Karriere in den USA gemacht hat, eine Vorliebe für das amerikanische Modell, bei dem die Aufsicht der Notenbank unterstellt ist. Das Thema ist nicht neu. Schon der frühere Nationalbank-Chef Markus Lusser warf die Frage auf und verwarf sie in seinem Buch «Geldpolitik», das er nach seiner turbulenten Zeit als Spitze der Notenbank von 1988 bis 1996 geschrieben hatte.
Und auch heute dürfte es bei ein paar Gedankenspielen bleiben. Finanzministerin Karin Keller-Sutter hat genug damit zu tun, die «Too big to fail»-Vorgaben für den Finanzplatz zu schärfen ‒ statt sich und ihr Department während Jahren mit einer institutionellen Behördenreform zu beschäftigen. Denn bis dahin können die neuen Regeln für die Super-UBS nicht warten.