So gestochen scharfe Bilder vom Pferdekopfnebel hast du noch nie gesehen
Der Pferdekopfnebel im Sternbild Orion ist eines der markantesten Objekte am Himmel – sofern man über ein Teleskop verfügt, denn aufgrund seiner geringen Helligkeit ist der rund 1300 Lichtjahre von uns entfernte Nebel von blossem Auge nicht sichtbar. Die 1887 entdeckte Formation, die in der Tat an einen Pferdekopf erinnert, ist Teil der gigantischen Gas- und Staubwolke Orion B, einer sogenannten Dunkelwolke – das sind grosse Wolken interstellarer Materie, die das Licht dahinterliegender Objekte absorbieren.
Die Silhouette des Nebels, der von Astronomen auch Barnard 33 (B 33) genannt wird, hebt sich deutlich vom Licht des rötlich leuchtenden Emissionsnebels IC 434 ab, der auf derselben Sichtlinie am Himmelsäquator liegt und ebenfalls Teil von Orion B ist. Der Pferdekopfnebel ist dank der mitunter atemberaubend schönen Bilder, die von ihm geschossen wurden, zu einer Art astronomischer Ikone geworden. Besonders die Aufnahmen des Hubble-Teleskops und des Weltraumteleskops Euclid haben dabei Massstäbe gesetzt.
Bisher unerreichte Schärfe
Doch auch diese Aufnahmen können es nicht mit den neuesten Infrarotbildern des James-Webb-Weltraumteleskops aufnehmen, die die komplexe Struktur des Nebels in einem neuen Licht und in einer bisher unerreichten räumlichen Auflösung zeigen. Die neuen Webb-Bilder fokussieren hauptsächlich auf den beleuchteten Rand des oberen Teils der charakteristischen Staub- und Gasstruktur des Nebels.
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Noch fünf Millionen Jahre
Der Pferdekopfnebel, der rund fünf Lichtjahre hoch aufragt, ist aus einer interstellaren Materiewolke entstanden, die inzwischen kollabiert ist. Die Gaswolken um den Pferdekopf herum sind bereits verschwunden; die aufragende Säule des Nebels besteht jedoch aus dichterem Material, das nicht so leicht ins All diffundiert. Laut Schätzungen von Astronomen dürfte der Pferdekopfnebel noch weitere rund fünf Millionen Jahre existieren, bevor er sich aufgelöst hat.
Von selbst leuchtet der Pferdekopfnebel nicht, da es sich – wie erwähnt – um eine Dunkelwolke handelt. Nebel sind visuell generell nicht einfach zu beobachten, da ihre Flächenhelligkeit für unsere Augen meist zu gering ist. Mit fotografischen Mitteln hingegen lassen sich auch lichtschwache Nebel sichtbar machen, da die lichtempfindlichen Sensoren sehr lange belichtet werden können.
Photonendominierte Region (PDR)
Wie ein Kokon hüllt der Pferdekopfnebel junge, massereiche Sterne ein. Wenn deren ultraviolettes Licht auf die Oberfläche einer interstellaren Molekülwolke wie dem Pferdenebel trifft, heizen die UV-Photonen das Gas lokal auf und verändern dabei dessen Eigenschaften. Es entsteht ein Bereich mit überwiegend neutralem, warmem Gas und Staub, der photonendominierte Region (PDR) genannt wird.
Diese PDR befindet sich zwischen dem vollständig ionisierten Gas, das die massereichen Sterne umgibt, und den Wolken, in denen sie geboren werden. Es handelt sich um eine Zone, in der das interstellare Gas dicht genug ist, um neutral zu bleiben, aber nicht dicht genug, um das Eindringen des ultravioletten Lichts zu verhindern.
Das von diesen PDRs ausgestrahlte Licht bietet den Astronomen einen einzigartigen Einblick in die physikalischen und chemischen Prozesse, die die Entwicklung der interstellaren Materie an vielen Orten im Universum und auch in unserer eigenen Galaxie vorantreiben. Der Pferdekopfnebel ist daher nicht nur ein wunderschönes Objekt im All, sondern gilt auch als einer der am besten geeigneten Orte, um die Wechselwirkung zwischen Strahlung und interstellarer Materie zu untersuchen. (dhr)
