
Der Pferdekopfnebel ist eines der markantesten Objekte am Himmel. Die neusten Bilder des James-Webb-Teleskops zeigen noch nie gesehene Details des Nebels.Bild: ESA/Webb
04.05.2024, 18:1004.05.2024, 18:10
Der Pferdekopfnebel im Sternbild Orion ist eines der markantesten Objekte am Himmel – sofern man über ein Teleskop verfügt, denn aufgrund seiner geringen Helligkeit ist der rund 1300 Lichtjahre von uns entfernte Nebel von blossem Auge nicht sichtbar. Die 1887 entdeckte Formation, die in der Tat an einen Pferdekopf erinnert, ist Teil der gigantischen Gas- und Staubwolke Orion B, einer sogenannten Dunkelwolke – das sind grosse Wolken interstellarer Materie, die das Licht dahinterliegender Objekte absorbieren.
Die Silhouette des Nebels, der von Astronomen auch Barnard 33 (B 33) genannt wird, hebt sich deutlich vom Licht des rötlich leuchtenden Emissionsnebels IC 434 ab, der auf derselben Sichtlinie am Himmelsäquator liegt und ebenfalls Teil von Orion B ist. Der Pferdekopfnebel ist dank der mitunter atemberaubend schönen Bilder, die von ihm geschossen wurden, zu einer Art astronomischer Ikone geworden. Besonders die Aufnahmen des Hubble-Teleskops und des Weltraumteleskops Euclid haben dabei Massstäbe gesetzt.

Der rötlich leuchtende Emissionsnebel IC 434 mit dem Pferdekopfnebel, der sich dunkel davon abhebt, in der unteren Bildmitte.Bild: Wikimedia/Hewholooks Bisher unerreichte Schärfe
Doch auch diese Aufnahmen können es nicht mit den neuesten Infrarotbildern des James-Webb-Weltraumteleskops aufnehmen, die die komplexe Struktur des Nebels in einem neuen Licht und in einer bisher unerreichten räumlichen Auflösung zeigen. Die neuen Webb-Bilder fokussieren hauptsächlich auf den beleuchteten Rand des oberen Teils der charakteristischen Staub- und Gasstruktur des Nebels.

Das Bild links, veröffentlicht im November 2023, zeigt den Pferdekopfnebel in seiner Umgebung. Es wurde vom ESA-Teleskop Euclid in rund einer Stunde im sichtbaren und Infrarot-Bereich aufgenommen. Euclid kann Himmelsbereiche sehr schnell und in hoher Detailgenauigkeit abbilden. Das 2013 veröffentlichte mittlere Bild fokussiert auf den Nebel selbst. Es handelt sich um eine Infrarotaufnahme des Hubble-Teleskops, die zarte Strukturen zeigt, die normalerweise von Staub verdeckt sind. Das Bild rechts, aufgenommen mit der Near-InfraRed Camera (NIRCam) des Webb-Teleskops, zoomt auf einen Bereich am oberen Rand des Nebels und offenbart bisher nie gesehene Details aus dessen Struktur. Bild: ESA/Webb 
Das von der Webb-NIRCam aufgenommene Bild in grösserer Auflösung. Die gekrümmte Wand aus dichtem, rauchigem Gas und Staub am unteren Bildrand ist ein kleiner Teil vom oberen Rand des Pferdekopfnebels. Darüber sind verschiedene weit entfernte Sterne und Galaxien zu sehen. Bei den sechs grossen und den zwei kleineren Strahlen, die vom hellen Stern in der oberen Mitte des Bildes ausgehen, handelt es sich um die typischen Beugungsspitzen auf Aufnahmen des Webb-Teleskops. Bild: ESA/Webb 
Detail vom oberen Rand des Pferdekopfnebels, aufgenommen vom Mid-InfraRed Instrument (MIRI) des Webb-Teleskops. Die Wolken sind hier aus der Nähe zu sehen und weisen dicke, weissliche Streifen und dunkle Hohlräume sowie strukturierte, unscharf wirkende Muster aus Staub und Gas auf. Der Rand der Wolke läuft in stacheligen Strukturen aus. Bild: ESA/Webb Die Aufnahmen des NIRCam-Instruments (links) und des MIRI-Instruments (rechts) von Webb im Vergleich.Quelle: ESA/WEBB Die Farben der Weltraumbilder
Die meisten Teleskope, denen wir die faszinierenden Aufnahmen verdanken, arbeiten mit Sensoren, die lediglich Graustufen erzeugen, auch in den für uns unsichtbaren Bereichen der elektromagnetischen Wellen – etwa Radio, Infrarot, Ultraviolett oder Röntgen. Während aus den Graustufenbildern im optisch sichtbaren Bereich durch Verwendung von Farbfiltern ein natürliches Farbbild erstellt werden kann, ist dies in den unsichtbaren Bereichen nicht möglich. Es ist aber möglich, ein Farbbild mit repräsentativen Falschfarben zu erstellen. Dabei wird einer Grau- bzw. Intensitätsstufe des digitalen Bildes jeweils eine Farbe zugeordnet. Mithilfe solcher Farben können zusätzliche Informationen über ein aufgenommenes Objekt – etwa die Temperatur oder die Zusammensetzung von Gasen – besser dargestellt werden, da das menschliche Auge Graustufen weniger gut unterscheiden kann.
>>> Mehr dazu hier.Noch fünf Millionen Jahre
Der Pferdekopfnebel, der rund fünf Lichtjahre hoch aufragt, ist aus einer interstellaren Materiewolke entstanden, die inzwischen kollabiert ist. Die Gaswolken um den Pferdekopf herum sind bereits verschwunden; die aufragende Säule des Nebels besteht jedoch aus dichterem Material, das nicht so leicht ins All diffundiert. Laut Schätzungen von Astronomen dürfte der Pferdekopfnebel noch weitere rund fünf Millionen Jahre existieren, bevor er sich aufgelöst hat.
Von selbst leuchtet der Pferdekopfnebel nicht, da es sich – wie erwähnt – um eine Dunkelwolke handelt. Nebel sind visuell generell nicht einfach zu beobachten, da ihre Flächenhelligkeit für unsere Augen meist zu gering ist. Mit fotografischen Mitteln hingegen lassen sich auch lichtschwache Nebel sichtbar machen, da die lichtempfindlichen Sensoren sehr lange belichtet werden können.
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Faszinierende Bilder des Pferdekopfnebels
Der Pferdekopfnebel ist Teil einer Dunkelwolke im Sternbild Orion und besteht aus dichter interstellarer Materie.
quelle: shutterstock
Photonendominierte Region (PDR)
Wie ein Kokon hüllt der Pferdekopfnebel junge, massereiche Sterne ein. Wenn deren ultraviolettes Licht auf die Oberfläche einer interstellaren Molekülwolke wie dem Pferdenebel trifft, heizen die UV-Photonen das Gas lokal auf und verändern dabei dessen Eigenschaften. Es entsteht ein Bereich mit überwiegend neutralem, warmem Gas und Staub, der photonendominierte Region (PDR) genannt wird.
Diese PDR befindet sich zwischen dem vollständig ionisierten Gas, das die massereichen Sterne umgibt, und den Wolken, in denen sie geboren werden. Es handelt sich um eine Zone, in der das interstellare Gas dicht genug ist, um neutral zu bleiben, aber nicht dicht genug, um das Eindringen des ultravioletten Lichts zu verhindern.
Das von diesen PDRs ausgestrahlte Licht bietet den Astronomen einen einzigartigen Einblick in die physikalischen und chemischen Prozesse, die die Entwicklung der interstellaren Materie an vielen Orten im Universum und auch in unserer eigenen Galaxie vorantreiben. Der Pferdekopfnebel ist daher nicht nur ein wunderschönes Objekt im All, sondern gilt auch als einer der am besten geeigneten Orte, um die Wechselwirkung zwischen Strahlung und interstellarer Materie zu untersuchen. (dhr)
Der Pferdekopfnebel, gesehen durch das Webb-Teleskop:
«James Webb Space Telescope delivers amazing Horsehead Nebula imagery.»Video: YouTube/VideoFromSpace Mehr zum James-Webb-Teleskop:
So sieht das Universum aus – die Bilder des Webb-Teleskops
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So sieht das Universum aus – die Bilder des Webb-Teleskops
Der Galaxienhaufen SMACS 0723, aufgenommen vom Webb-Teleskop, veröffentlicht im Juli 2022.(NASA/ESA/CSA via AP)
quelle: keystone
Die schönsten Weltraumbilder 2023
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Die schönsten Weltraumbilder 2023
Junge Sterne im Paartanz[/strong]
Hier sehen wir ein eng verbundenes Paar sich aktiv bildender Sterne, aufgenommen in hochauflösendem Nahinfrarotlicht von der NIRCam des James-Webb-Teleskops. Es handelt sich um Protosterne im [strong]Herbig-Haro-Objekt[/strong] 46/47 ([strong]HH 46/47).
quelle: nasa, esa, csa
Gigantische Drehung: Erster Test des weltgrössten Teleskops
Video: watson
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