Die Hanfpflanze gehört zu den ältesten Kulturpflanzen der Menschheit – das ist an sich nichts Neues. Archäologische Belege für ihren Anbau reichen in Ostasien bis ins vierte Jahrtausend vor Christus zurück. Genutzt wurden schon damals Fasern und Samen der vielseitigen Pflanze, die über Indien und die antiken Hochkulturen im Zweistromland nach Europa gelangte.
Nun hat ein internationales Team unter Leitung der Universität Lausanne herausgefunden, dass Cannabis seine frühesten Wurzeln wahrscheinlich im Nordwesten Chinas hat. Alle heutigen Hanf- und Drogensorten stammen demnach von einem einzigen Genpool ab.
Lange Zeit wurde der Ursprung der in der Medizin, in Textilien und als Freizeitdroge verwendeten Pflanze mit dem wissenschaftlichen Namen Cannabis sativa in Zentralasien vermutet. Mit einer umfassenden Analyse von 110 Genomen stellten die Forschenden um Luca Fumagalli von der Universität Lausanne und vom Centre Universitaire Romand de Médecine Légale nun fest, dass Hanf erstmals in der frühen Jungsteinzeit vor 12'000 Jahren in Ostasien domestiziert wurde.
Cannabis wäre somit eine der ersten Arten, die kultiviert wurden, zusammen mit Weizen (Einkorn und Emmer) und Gerste, wie die Universität Lausanne am Freitag mitteilte. Die ursprünglichste Form von Cannabis sativa sei möglicherweise jedoch ausgestorben, berichten die Forschenden in der im Fachmagazin «Science Advances» erschienenen Studie.
Die in die Studie eingeflossenen Daten stammen aus ehemaligen Kulturpflanzen, die wieder ausgewildert wurden, seltenen und lokalen Sorten sowie alten und modernen Hanf- und Marihuana-Sorten.
Die heutigen hochspezialisierten Sorten sind gemäss den Forschenden das Ergebnis einer erst vor etwa 4000 Jahren begonnenen selektiven Züchtung, die für die Produktion von Fasern (Hanf) oder Cannabinoiden (Marihuana) optimiert wurde. Hanf und Marihuana unterscheiden sich unter anderem darin, dass sie unterschiedliche Mengen an Cannabidiol (CBD) und psychoaktivem Tetrahydrocannabinol (THC) aufweisen.
In der Tat wurden im Pamir-Gebirge im Westen Chinas vor zwei Jahren rund 2500 Jahre alte Räuchergefässe gefunden, die als Grabbeilage dienten und Cannabisspuren enthielten. Das Cannabis wies einen höheren THC-Gehalt als die meisten Wildsorten auf und wurde vermutlich bei Ritualen zum Gedenken an die Verstorbenen verbrannt.
Die Studie diene als wertvolle Ressource, um die medizinische und landwirtschaftliche Forschung an der vielseitigen Pflanze zu erleichtern, sagte Fumagalli gemäss Mitteilung. Denn insbesondere das therapeutische Potenzial von Cannabis sei seit einigen Jahren wieder in den Fokus des Interesses gerückt. (dhr/sda)