Der Schweiz stehen ein paar richtig kalte Tage bevor. Das Thermometer wird gemäss Prognose bis mindestens am Montag auch im Flachland immer im Minusbereich liegen. Weil zusätzlich ab morgen Donnerstag eine teils kräftige Bise übers Land zieht, fühlt sich die Luft noch viel kälter an.
Seit dem 12. Januar 1987 wurde es in der Schweiz – zumindest was gemessene Temperaturen anbelangt – nie mehr kälter: Damals fiel das Thermometer in La Brévine auf frostige -41,8 °C. Die Gemeinde im Neuenburger Jura gilt als Kältepol der Schweiz und wird auch scherzhaft das «schweizerische Sibirien» genannt.
Die Temperaturen in La Brévine sind geradezu behaglich, wenn man sie mit anderen Extremen vergleicht: Am Kältepol der bewohnten Welt wurden schon -67,8 °C gemessen. Und dies gleich zweimal: in Werchojansk (1892) und in Oimjakon (1933). Seither streiten sich die beiden Orte im sibirischen Jakutien darum, wo nun der Kältepol liegt.
Der wahre Kältepol der Erde liegt aber weit entfernt von Sibirien: Am 21. Juli 1983 massen die Meteorologen bei der russischen Forschungsstation Wostok in der Ostantarktis -89,2 °C. Das ist ziemlich kalt: Ab Temperaturen von -80 °C gefriert der Atem und fällt in Eisstückchen zu Boden.
Die starke bis stürmische Bise mit Böen bis zu 50 km/h wird in den nächsten Tagen dafür sorgen, dass wir noch mehr frösteln (siehe Punkt 4). Dank der Bise wird die gefühlte Temperatur selbst tagsüber im zweistelligen Minusbereich liegen. Die Bise ist ein trockener Wind, der kalte Kontinentalluft aus dem Nordosten Europas nach Mitteleuropa bringt. Im Schweizer Mittelland wird der Luftstrom zwischen Alpen und Jura kanalisiert; darum ist die Bise im Genferseeraum am stärksten. Hier erreicht sie nicht selten mittlere Windgeschwindigkeiten von 60 km/h. Einzelne Böen können sogar über 100 km/h erreichen.
Wir alle kennen das Phänomen: Wenn der Wind weht, ist die Kälte noch beissender. Dieser sogenannte Windchill-Effekt entsteht dadurch, dass die hautnahe, relativ warme Luft weggeweht wird, was die Verdunstungsrate erhöht. Die für die Verdunstung des Wassers notwendige Energie wird dem Körper entzogen, und dies verstärkt das Kältegefühl.
Die Windchill-Temperatur kann berechnet werden. Bei einer Lufttemperatur von -5 °C zum Beispiel liegt sie bei einer Windgeschwindigkeit von 15 km/h bei -10,6 °C. Bei 30 km/h fällt die Temperatur sogar auf -13,0 °C.
Ähnlich wie beim Windchill-Effekt verhält es sich beim Phänomen, dass wir Wasser als kühler empfinden als gleich warme Luft. Auch hier liegt der Grund für die gefühlte niedrigere Temperatur darin, dass dem Körper Energie entzogen wird. Da Wasser Wärme besser leitet als Luft, entzieht es sie der Haut schneller.
Frauen sind, es muss leider gesagt werden, das schwache Geschlecht. In Sachen Wärmehaushalt, wohl verstanden. Ihre Haut ist im Schnitt 2,8 °C kühler als die von Männern. Der Grund dafür liegt darin, dass die Männer mehr Masse als Frauen haben, auch bei gleicher Grösse. Ihr Körper besteht zudem zu 40 Prozent aus Muskelmasse (bei den Frauen sind es nur 23 Prozent), und die Muskeln produzieren mehr Wärme – auch im Ruhezustand.
Diese Wärme verteilt sich zudem auch noch besser im männlichen Körper; bei den Frauen konzentriert sie sich mehr auf die Körpermitte. Darum klagen acht von zehn Frauen über kalte Füsse – Frauenzehen werden weniger gut durchblutet und damit weniger gut gewärmt. Bei Kälte können sie bis auf 8 °C abkühlen.
Wenn es Stein und Bein friert, gibt es nichts Besseres als einen tüchtigen Schluck Schnaps. Diesen Ratschlag hört man nicht selten, aber er ist nicht hilfreich: Alkohol, chemisch eigentlich Ethanol, erweitert nämlich die Blutgefässe. Das führt zwar tatsächlich zu einem kurzfristigen Wärmeschub in den äusseren Körperteilen. Doch die stärkere Durchblutung der Peripherie führt unterm Strich zu stärkerem Wärmeverlust und entzieht zudem den inneren Organen Wärme.
Das subjektive Wärmegefühl, das der Alkoholgenuss vermittelt, verdankt sich zum Teil auch der Tatsache, dass man die Kälte unter Alkoholeinfluss weniger bemerkt. Dies kann aber erst recht zur Unterkühlung beitragen.
Nicht nur die Zunge kann bei Minusgraden an einer Metallstange anfrieren; dies kann auch mit der Handfläche geschehen. Die Zunge ist allerdings besonders gefährdet, weil sie stets mit einer Schicht Speichel bedeckt ist. Sobald diese dünne Wasserschicht mit dem kalten Metall in Berührung kommt, bilden sich blitzschnell Eiskristalle, die wie Sekundenkleber die feinen Poren der Zunge mit der Stange verbinden.
Abgesehen von der Hautfeuchtigkeit und der Temperatur spielt bei diesem schmerzhaften Prozess auch das Material der Stange eine wichtige Rolle. Plastik ist weniger gefährlich, weil es Wärme nicht so gut leitet wie Metall. Und auch beim Metall gibt es Unterschiede: Bei einer Stahlstange friert die Zunge erst ab -6 °C fest, während bei einer Aluminiumstange schon eine Temperatur von -2 °C genügt.
Der Winter ist kein Zuckerschlecken für unser grösstes Organ. In den geheizten Räumen entzieht die trockene Luft der Haut Feuchtigkeit. Draussen in der kalten Luft ist die Luftfeuchtigkeit in der Regel auch gering, das begünstigt die Austrocknung. Zudem ziehen sich die Blutgefässe unter der Haut bei Kälte zusammen, damit wird die Blutzufuhr zur Haut gedrosselt. Sie erhält dadurch zu wenig Sauerstoff und Nährstoffe.
Wenn die Temperatur unter 8 °C fällt, schränken ausserdem die Talgdrüsen ihre Tätigkeit ein und produzieren immer weniger Hautfett. Bei extremer Kälte wird die Fettproduktion sogar ganz eingestellt. Damit wird der schützende Fettfilm durchlässig und es geht noch mehr Feuchtigkeit verloren.
Das Zwiebelprinzip – die Kleider in mehreren Schichten übereinander zu tragen – ist sinnvoll, da die warme Luft zwischen den Schichten isoliert wird. Wichtig ist dabei die Wahl der richtigen Materialien: Die unterste Schicht soll Schweiss wegtransportieren und Wärme isolieren. Baumwolle ist dafür nicht so gut geeignet, denn sie saugt den Schweiss auf und wird nass. Ein Polyester- oder Merino-Shirt eignet sich besser für diesen Zweck.
Die Ausdehnung von Festkörpern, besonders Metallobjekten, hängt von der Temperatur ab. An einem kalten Wintertag ist der Eiffeltum bis zu 15 Zentimeter kleiner als an einem warmen Sommertag.*
* In einer früheren Fassung des Artikels hiess es verkürzt und dadurch irreführend, der Eiffelturm schrumpfe bei Temperaturen unter dem Nullpunkt.