Schweiz
Wirtschaft

Schneemangel: Diese Skigebiete sind am stärksten betroffen

Diese 16 Schweizer Skigebiete trifft der Schneemangel am härtesten

Der schneearme Dezember hat vor allem den mittelgrossen Bergbahnen zugesetzt: Skigebiete, die nicht fix zwischen Sommer- und Winterbetrieb umstellen können und kein Arsenal an Schneekanonen besitzen, haben mit grösseren Herausforderungen zu kämpfen, als die Riesen- und Zwerg-Gebiete. 
04.01.2017, 08:3804.01.2017, 18:17
Daria Wild
Folge mir
Mehr «Schweiz»

Aufatmen, der Schnee ist da: Seit gefühlt einer Ewigkeit hat es nicht geschneit, der Dezember war zwar kalt, aber durchgehend sonnig. Niederschlag gab es kaum. Bis jetzt: Am Montagabend und in der Nacht hat eine Störung die Schweiz überquert, sie brachte praktisch in der gesamten Deutschschweiz Schnee. Bis morgen Donnerstag soll es zudem in den zentralen und östlichen Alpen 10 bis lokal 30 Zentimeter Neuschnee geben.

Bedrohte Skigebiete
Warum gerade diese 16 Skigebiete gefährdet sind, erfährst du in der Infobox etwas weiter unten im Artikel.Bild: watson

Damit ist eine rekordverdächtige Trockenphase beendet. Laut Messungen des Instituts für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) geht als Rekordmonat in die Geschichte ein – noch nie lag vor und während der Weihnachtszeit so wenig Schnee in der Schweiz wie 2016. Ein Aufatmen also für diejenigen Skigebiete, die, vergleichbar mit den letzten Wintern, einen holprigen Start hinter sich bringen mussten. 

Das sind allerdings längst nicht alle. Eine Umfrage des «Tages-Anzeigers» bei den Skigebieten zeigt, dass der Kater nach den schneearmen Wochen zwar da ist, aber nicht bei allen und weniger heftig als vermutet: 14 Prozent der Skigebiete sehen gar keinen Einfluss auf das Wintergeschäft. 56 Prozent rechnen mit Einbussen und «nur» 30 Prozent befürchten einschneidende Umsatzrückgänge. Das zeigt: Der entscheidende Faktor für das Befinden der Skitouristiker ist längst nicht nur die natürliche Schneemenge.

Grosse setzen auf Kunstschnee

Fast alle grossen Skigebiete der Schweiz liegen hoch. Verbier (Quatre Valées), Flims/Laax/Falera und St.Moritz beispielsweise reichen bis über 3000 Meter über Meer, Zermatt sogar bis fast 4000 Meter. Diese Gebiete können es sich leisten, ihre Pisten grosszügig zu beschneien. Ausserdem sind die Bedingungen gut, weil es genug kalt ist. Mindestens minus 3 Grad sind ideal, um Pisten zu beschneien.

Schneekanonen, aufgenommen am Freitag, 7. Oktober 2016, auf dem Weissfluhjoch in Davos. Die tiefen Temperaturen erlauben bereits die kuenstliche Beschneiung. (KEYSTONE/Gian Ehrenzeller)
Schneekanonen verschaffen Abhilfe, wenn es zu wenig schneit.Bild: KEYSTONE

«In hoch gelegenen Gebieten waren die Bedingungen sehr gut. Die Pisten waren allerdings alle künstlich beschneit», sagt Andreas Keller, Mediensprecher von Seilbahnen Schweiz. Auch tiefer liegende Skigebiete warfen in den letzten Wochen Kunstschnee auf die aperen Stellen. Schweizweit gibt es rund 22'000 Hektaren Pisten, davon sind etwa 10'800 Hektaren technisch beschneit. Tendenz zunehmend.

Mittlerweile sind fast die Hälfte aller Pisten künstlich beschneit.
Mittlerweile sind fast die Hälfte aller Pisten künstlich beschneit.grafik: seilbahnen schweiz

Kleine setzen auf Flexibilität und Alternativen

Auch kleine Skigebiete sind wenig abhängig vom Niederschlag, weil sie kostengünstig betrieben werden. «Ein einzelner Skilift beispielsweise kann von einem Verein unterhalten werden und öffnet vielleicht zwei Jahre gar nicht, dann aber wieder für 20 Tage», sagt Keller. Das reiche, um den Betrieb aufrecht zu erhalten. Zudem können kleine Skigebiete Alternativen bieten. So hat das Stockhorn im Simmental beispielsweise vor sechs Jahren den Winterbetrieb wegen Schneemangels eingestellt. Dafür gibt's jetzt Schneeschuh-Tracks und Eisloch-Fischen. «Und schwarz gefrorene Seen sind in diesem Winter eine Top-Attraktion», sagt Keller.

Winter
AbonnierenAbonnieren

Kleine Skigebiete sind dafür stark abhängig vom Wetter. Das war in den letzten Wochen überdurchschnittlich gut. «Uns hat die Sonne gerettet», sagt Thomas Exposito, Geschäftsführer von Amden Tourismus und Tourismus-Experte. Die Gastronomie habe stark von den überdurchschnittlich vielen Sonnentagen profitiert, auch Skischulen würden eher frequentiert werden. Der Hauptvorteil kleiner Skigebiete sei die Flexibilität: «Schneit es zu wenig, stellen wir einfach auf Sommerbetrieb», sagt Exposito. Dieser ist kostengünstiger als der Winterbetrieb und bedarf in kleinen Skigebieten keinen grossen Umstellungen.

Das sind die möglichen Problem-Gebiete

Unter dem Schneemangel leiden also in erster Linie die mittelgrossen, mittelhoch gelegenen Skigebiete. Diese seien mit hohen Ansprüchen konfrontiert, sagt Seilbahnen-Mediensprecher Keller, eine gewisse Schneesicherheit werde, anders als bei sehr kleinen Skigebieten, von den Gästen erwartet. Den Skigebieten in mittleren Lagen, oft in Agglomerationsnähe komme zudem eine wichtige Funktion zu: Sie seien diejenigen Skigebiete, die Nachwuchs anlocken müssten. 

«Diese Skigebiete haben mit grösseren Herausforderungen zu kämpfen», sagt Keller. Exposito bestätigt: «Kleine Skigebiete können flexibel von Sommer- zu Winterbetrieb umstellen. Grösseren Skigebieten fehlt einerseits diese Flexibilität, andererseits aber auch die Voraussetzungen, sei das wettertechnisch oder finanziell, künstlich beschneien zu können.» Exposito nennt Elm und Braunwald als Beispiele, Keller fügt Sörenberg, Flumserberg, Hochybrig und Meiringen-Hasliberg an.

Wieso genau diese 16 Gebiete?
Die 16 Gebiete auf der Karte (siehe ganz oben) sind alle mittelgross (40 bis 80 Pistenkilometer) und liegen im Durchschnitt unter 2000 Meter. Wie stark gefährdet die Gebiete eingestuft wurden, hängt von der Schneesicherheit, dem Anschluss an grössere Skigebiete und den Besucherzahlen in den letzten vier Jahren ab. (leo)

Im Hochybrig beispielsweise konnten die ersten Schneekanonen erst am Montag angeworfen werden. «Die Saison lief nicht gut an», sagt Geschäftsführer Wendelin Keller. «Normalerweise haben wir um diese Zeit Naturschnee». Ohne Kunstschnee ginge es nicht, aber bis jetzt wäre es zu teuer und zu aufwändig gewesen, alles zu beschneien.

Ausnahme Flumserberg

Pizol-Bahnen-CEO Klaus Nussbaumer bezeichnet den Beginn der Saison als «nicht befriedigend». Weil der Pizol ein Tagesgast-Gebiet sei, fehle ihm die Basisauslastung, die Wetterabhängigkeit sei grösser. «Im Gegenzug leiden wir nicht so unter der Frankenstärke.» Auch Nussbaumer sieht alternative Angebote als immer wichtiger für den Wintertourismus. «Die ganze Branche ist Spannungen ausgesetzt», sagt der Pizol-Bahnen-CEO.

Gelassener klingt es bei Flumserberg-Geschäftsführer Heinrich Michel. «Wir haben gute Tage hinter uns, aber ohne Beschneiung ginge es nicht. Die 30 Prozent Piste, die wir beschneien, sind unsere Hauptpisten.» Zudem geniesse der Flumserberg zwei Vorteile: Erstens liegen die Pisten auf sanften Weiden statt Stein oder Geröll – es ist also weniger Schnee nötig. Zweitens verfügt das Gebiet über drei Kühltürme, die das Wasser für die Beschneiung um ein paar Grad senken – so kann bereits bei kritischen Temperaturen von -1 bis -2 Grad Kunstschnee produziert werden. «Wir konnten 20 Kilometer Piste anbieten», sagt Michel. «Aber damit sind wir wohl eine Ausnahme unter den Voralpen-Gebieten.»

Die 10 besten Skigebiete der Alpen 2016

Nicht nur der Fall Flumserberg, bestätigt die Annahme, dass die Möglichkeiten zur technischen Beschneiung ausschlaggebend für das Überleben der Bergbahnen sind. Christoph Marty, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim SLF sagt, man unterscheide zwischen natürlicher und künstlicher Schneesicherheit. «Natürlich heisst: Während 100 Tagen zwischen 15. Dezember und 15. April liegen mindestens 30 Zentimeter Schnee. Und das in sieben von zehn Wintern. Das gilt als schneesicheres Gebiet.» Immer wichtiger aber werde Kunstschnee, sagt Marty. Und das sei dann vielfach eine rein finanzielle Frage.

Winter

Alle Storys anzeigen
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
17 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
balzercomp
04.01.2017 08:45registriert Januar 2016
Mit Karte wüssten wir auch um welche Gebiete es sich handelt. ;)
254
Melden
Zum Kommentar
avatar
SarganserPower
04.01.2017 09:50registriert Januar 2017
Korrekter Bericht. Ist logisch, auch mein Skigebiet, der Pizol, ist durch den Klimawandel gefährdet. 2 Zubringerbahnen kosten extra. Meiner Ansicht nach muss sich der Pizol neu ausrichten. Ski Betrieb bis Ende April. Dann sind die Verhältnisse am Pizol am Besten. Dies einmal 3 bis 4 Winter durchtesten. Mountainbike Pisten, Beschneiungen, frühzeitige Schneeverdichtung, viel mehr Events. Der CEO ist Top, an dem liegt es nicht. Auch im Verwaltungsrat hat es mit der Touristik Professorin aus Österreich eine Super Expertin. Leider genügt das nicht....
2214
Melden
Zum Kommentar
17
Streit um Schutzklausel: Verhandlungsauftakt mit EU von Misstönen überschattet
In Brüssel geben Bundespräsidentin Viola Amherd und Kommissionschefin Ursula von der Leyen den Startschuss zu den neuen EU-Verhandlungen. Die grosse Nuss aber gilt es zu Hause zu knacken.

Optisch stimmt die Chemie schon mal: Sowohl Bundespräsidentin Viola Amherd wie auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erschienen am Montag im roten Blazer und damit in der Schweizer Nationalfarbe zum gemeinsamen Fototermin in der Brüsseler EU-Zentrale. Ein Zeichen der Verbundenheit. Und ein Zeichen, dass man es anpacken will und die Verhandlungen über die Vertiefung des bilateralen Verhältnisses nun starten können.

Zur Story