Jackson Oswalts Freunde spielen in ihrer Freizeit gern Videospiele. Diese Leidenschaft teilt der 14-Jährige aus Memphis im US-Bundesstaat Tennessee mit ihnen. Doch Jackson hat noch ein weiteres und weitaus interessanteres Hobby: Atomphysik. Er experimentiert mit Nuklear-Teilchen.
Vor zwei Jahren gelang ihm eine Sensation. In einer Versuchsanlage, zu Hause in seinem Kinderzimmer, verschmolz er zwei Atomkerne. Die Anleitung dafür holte er sich aus Foren im Internet. Der erfolgreiche Ausgang des Experiments wurde von Wissenschaftlern bestätigt.
Von der Kernfusion, die das damals noch 12-jährige Kind durchführte, erfuhr zunächst nur ein ausgewähltes Fachpublikum. Erst jetzt wurde die Geschichte durch einen Bericht beim US-Fernsehsender Fox News einem breiten Publikum bekannt und sorgt weltweit für Schlagzeilen.
Seinen Plan für die Kernfusion entwickelte der Teenager bereits mit elf Jahren, erzählt er im Gespräch mit t-online.de: «Ich bin ehrgeizig und wollte Taylor Wilson schlagen, nachdem ich von seinen Erfolgen gelesen habe.» Wilson hatte im Jahr 2008 im Alter von 14 Jahren einen funktionierenden Fusionsreaktor gebaut. Ihn wollte der damals 11-jährige Jackson unterbieten.
«Ich wollte mir selbst beweisen, dass ich in der Lage bin, wissenschaftliche Projekte erfolgreich durchzuführen», sagt er weiter. Er behielt Recht und ist nun der wahrscheinlich jüngste Mensch, dem je eine Kernfusion gelang.
Was Jackson in seinem Kinderzimmer austüftelte, verstanden seine Freunde nicht: «Die meisten hatten keine Ahnung, bis die ersten Artikel erschienen sind. Und die, die es wussten, haben mir wahrscheinlich nicht geglaubt.» Jetzt ist das anders, sein Erfolg ist offensichtlich und Jackson nun weltberühmt.
Jackson betont, dass er die Kernfusion ganz ohne Hilfe geschafft hat: «Auf gar keinen Fall hat mir jemand geholfen. Das ist eine Tatsache, die die meisten immer noch falsch verstehen. Ich habe das ganz alleine geschafft. Meine Eltern haben mich dabei nur finanziell unterstützt.»
Jacksons Eltern, Vater Chris und Mutter Jennifer, haben das Projekt ihres Sohnes insgesamt mit etwa 7000 US-Dollar unterstützt: «Ich habe den Betrag nicht sofort bekommen. Es waren eher kleine Schritte von 10 Dollar bis 50 Dollar, die sich irgendwann auf ca. 7000 Dollar summierten», erzählt ihr Sohn Jackson Oswalt.
Seinen Eltern war nicht immer klar, in was sie da eigentlich investierten: «Keiner von uns hat eine wissenschaftliche Ausbildung, weshalb wir seine Bemühungen nicht richtig wertschätzen konnten. Davor hatten wir Angst», erzählt Vater Chris Oswalt.
Zunächst hätten sie noch nach einem Experten gesucht, der ihnen erklären sollte, an was ihr Junge im Kinderzimmer da eigentlich tüftelt. Doch sie fanden keinen. «Also haben wir uns auf seine Sicherheit konzentriert», erzählt der Vater. Dass Kernfusion kein Kinderspiel ist, war ihnen klar – und so kümmerten sie sich um die Ausrüstung, die ihren Jungen vor Strahlung bewahren sollte.
Seine Familie habe an ihn geglaubt: «Es war unmöglich ihn nicht zu unterstützen. Er hat das alles alleine gemacht und war immer interessiert an wissenschaftlichen Themen. Er wollte immer alles wissen und so ging es auch in der Schule weiter», sagt Chris Oswalt.
Es sei ihm wichtig, dass die Menschen wissen, wie hart sein Sohn für sein Projekt gearbeitet habe: «Er war ein 12-jähriger Junge, der über ein Jahr daran gearbeitet hat, es zu schaffen. Er hat das nur für sich selbst getan, um zu beweisen, dass er es kann.»
Jackson ist sich sicher, dass der Bau zu keinem Zeitpunkt gefährlich gewesen ist: «Ich habe immer streng nach Vorschriften gearbeitet und mich von potenziell gefährlichen Teilen der Vorrichtung ferngehalten.»
Sina Fietz, Wissenschaftlerin am Max-Planck-Institut , schätzt Jackson Oswalts Leistung gegenüber t-online.de als enorm ein: «Wenn ein 12-Jähriger so etwas alleine bei sich zuhause bewerkstelligt, ist das eine herausragende Leistung.» Ein «Fusor», so wie Jackson ihn gebaut habe, sei ein beliebtes Experiment für Erwachsene, wenn man sich für eine Kernfusion interessiere.
Doch wie gefährlich ist es in Eigenregie eine Kernfusion zu Hause durchzuführen? Fietz zu t-online.de: «In einem Fusor-Experiment, so wie es Jackson Oswalt aufgebaut hat, verschmelzen nur wenige Deuterium-Teilchen. Daher ist die dabei freigesetzte Energie nicht gross.»
Dennoch sei zu beachten, dass trotz der geringen Zahl von Fusionsreaktionen Röntgenstrahlung entstehe, die abgeschirmt werden müsse. «Ausserdem herrscht in der Fusionskammer ein Vakuum, dem die selbstgebaute Kammer standhalten muss. Zusätzlich benötigt so ein Experiment Hochspannung, welche immer mit Vorsicht gehandhabt werden muss», so Fietz weiter.
Die Gefahren hat Jackson erfolgreich abgewendet. Fietz sieht für ihn eine helle Zukunft: «Für eine wissenschaftliche Laufbahn ist Leidenschaft für die Forschung eine wichtige Voraussetzung – und die ist ja ganz offensichtlich vorhanden.»
Reissen sich jetzt die Wissenschaftler um ihn? «Nach Abschluss einer soliden Ausbildung sollten seine Chancen nicht schlecht sein», so Fietz.
Jackson hat sich für die Zukunft viel vorgenommen: «Ich möchte eine Organisation für Kinder gründen, die an ähnlichen Projekten arbeiten wie ich, aber nicht das Glück haben, finanziell unterstützt zu werden.» Eines steht für ihn fest: Bei nur einem Fusionsreaktor soll es nicht bleiben. «Ich möchte einen weiteren Fusionsreaktor bauen, einen ‹Sphärischen Tokamak›», erklärt Jackson. Der «sphärische Tokamak» ist eine besondere Form des Fusionsreaktors, bei dem noch kompliziertere Verschmelzungsprozesse möglich sind.
Daran will Jackson nun tüfteln und später einmal als Kerntechnik-Ingenieur arbeiten. Seine grossen Vorbilder seien Tesla-Chef Elon Musk und Apple-Gründer Steve Jobs . So erfolgreich will Jackson auch einmal werden. Die ersten Schritte hat er bereits gemacht.