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Eine Studie zeigt – diese Fehler machen Schweizer Hausärzte am häufigsten

Diese 5 Fehler machen Schweizer Hausärzte am häufigsten

Erstmals haben Forscher untersucht, wie häufig Hausärzten bei der Medikamentenvergabe Fehler passieren. Und welche.
22.08.2017, 09:0823.08.2017, 06:12
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Die Gelenke der Münchnerin waren geschwollen, ihr Blutdruckmessgerät zeigte einen zu hohen Wert an. Die 59-Jährige suchte Rat bei ihrer Hausärztin, die ihr mit einem Medikament zu helfen versuchte. Doch: Kurz darauf war die Patientin tot. Die Arznei enthielt den Wirkstoff Metamizol, auf den die Patientin allergisch reagierte, was vermutlich zu ihrem Tod führte.

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Ein Hausarzt verschreibt seinem Patienten ein Medikament. Passiert hier ein Fehler, kann dies verheerend sein.Bild: KEYSTONE

Ein Extremfall. Doch er zeigt auf: Macht ein Hausarzt einen Fehler, kann dies verheerend sein.

Wissenschaftler des Instituts für Hausarztmedizin der Universität Zürich haben nun erstmals untersucht, wie viele Fehler in Schweizer Hausarztpraxen im Umgang mit Medikamenten passieren. Dafür meldeten 148 Hausärzte und 32 Kinderärzte ein Jahr lang jeden Zwischenfall, der sich ereignete. 

Wie viele Fehler passieren?

In einer Schweizer Hausarztpraxis gibt es pro Jahr zwei Zwischenfälle. Sprich: 46,5 pro 100'000 Patienten. Beinahe keine Fehler gibt es bei Kinderärzten mit 3 Zwischenfällen pro 100'000 Patienten. 

Markus Gnädinger, selber Hausarzt und einer der Autoren der Studie, spricht von erfreulichen Zahlen. Damit würden die Hausärzte im Vergleich zum Spital sehr gut dastehen, «auch wenn man die Situation natürlich nicht direkt vergleichen kann».

Der Forscher relativiert die tiefen Zahlen aber: «Viele Fehler haben keine Folgen und werden daher weder vom Hausarzt noch vom Patient bemerkt.» 

Zudem gibt es eine weitere mögliche Verzerrung: Die Studienautoren waren darauf angewiesen, dass die Ärzte die Fehler wirklich bei ihnen meldeten. 

Welches waren die fünf häufigsten Fehler?

Fehler Nummer 1) Es wurde das falsche Medikament abgegeben oder verschrieben.

2) Die Dosierung war zu hoch.

3) Die Dosierung war zu tief.

4) Ein wichtiges Medikament wurde nicht verabreicht.

5) Das Medikament wurde zu lange eingenommen.

Offensichtlich war Folgendes: Im Umgang mit Blutverdünner passierten sieben Mal mehr Zwischenfälle als mit anderen Medikamenten wie beispielsweise Antibiotika. Die zum Beispiel deshalb, weil vielfach vergessen wird, sie nach einer Operation wieder einzusetzen.

Wer ist schuld?

Für die Fehler verantwortlich war nicht in jedem Fall der Hausarzt. Der Fehler konnte beispielsweise auch bei der Spitex oder beim Pflegeheim liegen. Die folgende Grafik zeigt, wen die Ärzte jeweils als Hauptverantwortlichen des Fehlers sahen:

Hausarzt Grafik
Wen die Hausärzte in der Hauptverantwortung für den Fehler sahen.Bild: watson/infogram; quelle: 

Warum kommt es dazu?

«Es gibt verschiedene Gründe für Medikationsfehler, doch oftmals sind sie verbunden mit Kommunikationsproblemen», schreiben die Studienautoren in der Arbeit. 

Vielfach passieren Fehler dabei bei Schnittstellen. Wie beispielsweise zwischen Arzt und Pflegeheim oder der Spitex.

Welche Folgen haben sie?

Ambulanz Notfall Symbolbild
Bild: Shutterstock

Trotz Fehlern: In den meisten Fällen geht das ganz gut aus, wie die Studie zeigt. Bei der Untersuchung gab es bei 197 Patienten Zwischenfälle, für die Hälfte von ihnen hatten sie aber keine gesundheitlichen Folgen. 

Die meisten der anderen Patienten verspürten wegen dem Fehler entweder leichte oder mittelschwere Symptome. Nicht so glimpflich ging es für sieben Patienten aus. Sie mussten im Spital behandelt werden. Tödlich endete aber keiner der Zwischenfälle.

Wer ist am ehesten davon betroffen?

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Bild: KEYSTONE

Die Studie konnte feststellen, dass es Eigenschaften von Patienten gibt, die das Risiko für einen Fehler erhöhen. Und zwar: Je älter, je mehr Medikamente der Patient hat und je mehr er auf Pflege angewiesen ist, desto häufiger kommt es zu einem Zwischenfall.

Auch eine psychische Erkrankung des Patienten scheint zu mehr Fehlern bei der Medikation zu führen.  

Welche Lehren kann man aus der Studie ziehen?

«In erster Linie zeigt unsere Studie, dass man mit einem guten Gefühl zum Hausarzt gehen kann», sagt Gnädigner. Trotz der aus seiner Sicht erfreulichen Resultaten, sieht er Verbesserungspotential.

«Vor allem bei älteren, polymedizierten Patienten ist eine erhöhte Wachsamkeit vonnöten, insbesondere bei der Verordnung von blutverdünnenden Mitteln.»

Gnädinger empfiehlt, dass Patienten einen schriftlichen Medikationsplan verlangen sollen, den sie dann bei einer Überweisung oder in einer Notfallsituation vorzeigen können. «Damit können viele Fehler präventiv verhindert werden.»

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37 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Elpolloloco
22.08.2017 09:22registriert Dezember 2016
Konsequenter Einsatz von eHealth dürfte die SItuation beruhigen. Vor allem wenn Menschen mit mehreren Medikamenten automatisch einen elektronischen Medikationsplan erhalten, der von ALLEN Fachpersonen abgerufen und vor allem auch aktualisiert wird. Die Grafik oben zeit ja auch, dass vor allem bei Schnittstellen (Arzt, Spital, Entlassung, Spitex) Fehler passieren.
Die SPO geht übrigens davon aus, dass es jährlich rund 1'000 vermeidbare Zwischenfälle in Spitälern in der Schweiz gibt - fast die hälfte davon Medikationszwischenfälle.
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Luesae
22.08.2017 09:27registriert März 2015
Auch schön wenn man das Rezept gar nicht erst lesen kann
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Gender Bender
22.08.2017 10:10registriert Mai 2017
Hihi, die Studie basiert auf Daten, die die Ärzte selber liefern mussten. Das kann doch nicht euer Ernst sein?
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