Der 42-Jährige bestritt das Tötungsdelikt nicht. «Ich wollte flüchten und meine Ex-Freundin in Polen wieder ausfindig machen», sagte er am Nachmittag vor dem Genfer Strafgericht. Die Tat sei «ein Trieb gewesen», der stärker gewesen sei als er.
Er habe die Sozialtherapeutin am 12. September 2013 auf dem Weg zu einer Reittherapie mit einem Messer bedroht, als sie mit ihrem Handy beschäftigt gewesen sei. Das Messer durfte er sich zuvor zur Pflege von Pferdehufen kaufen - er wählte allerdings ein anderes Modell, als ihm bewilligt worden war.
Den Moment der Übernahme der Kontrolle bis nach dem Tötungsdelikt beschrieb der französisch-schweizerische Doppelbürger als «animalischen Zustand». Er zwang Adeline, zu einem verlassenen Haus in einem Wald nahe des Reitzentrums zu fahren.
Danach fesselte er sie an einen Baum und schnitt ihr die Kehle durch, wobei er nach eigener Aussage «Freude» empfand. Vor der Bluttat zwang er die Therapeutin zu einem Kuss.
Er räumte vor Gericht ein, dass die Tat für ihn eine «sexuelle Komponente» hatte. Adeline habe auf ihn anziehend gewirkt, sagte der Angeklagte, der wegen zweier Vergewaltigungen in den Jahren 1999 und 2001 bereits zu insgesamt 20 Jahren Gefängnis verurteilt worden war.
Der Angeklagte antwortete selbstbewusst und zuweilen ausschweifend auf die Fragen des Gerichtspräsidenten Fabrice Roch, der ihm deswegen mehrmals das Wort abschnitt. In einem türkisfarbenen T-Shirt, grauen Hosen und Turnschuhen sass er auf der Anklagebank des Genfer Gerichts, die Beine schlug er häufig übereinander.
Der Richter konfrontierte den Angeklagten mit Abweichungen seiner Aussagen gegenüber dem Staatsanwalt und den Gerichtspsychiatern, welche die Gutachten über ihn erstellt hatten. Die unterschiedlichen Aussagen konnte der 42-Jährige zumeist nicht begründen.
So wies er den Vorwurf des Vorsatzes zurück und gab an, die Tötung der Sozialtherapeutin nicht geplant zu haben. Zwei französischen Gerichtspsychiatern hatte er jedoch das Gegenteil gesagt. Allerdings räumte er ein, dass die Flucht nach Polen geplant gewesen sei.
Laut Anklage wollte er dort seine Ex-Freundin töten. Diese bleib jedoch verschont, weil sie der Angeklagte nicht auffinden konnte. Er wurde drei Tage nach der Bluttat an der deutsch-polnischen Grenze verhaftet und später an die Schweiz ausgeliefert.
Ob er erneut töten könnte, wollte der Gerichtspräsident vom Angeklagten wissen. «Sicherlich nicht», antwortete dieser am Montag. Am Morgen waren zunächst prozessuale Fragen verhandelt worden.
Die Verteidigung und die Anwälte Vertreter der Angehörigen des Opfers verlangten, dass die Direktorin des unterdessen geschlossenen, auf Resozialisierung spezialisierten Zentrums «La Pâquerette», vor Gericht aussagt.
Wie beim ersten Prozess im Oktober hatte sie aber ein medizinisches Zeugnis vorgelegt, um nicht vor Gericht erscheinen müssen. Nach Angaben ihres Arbeitgebers, den Genfer Universitätsspitälern (HUG), ist sie seit September 2016 krankgeschrieben.
Das Gericht lehnte den Antrag ab und ebenso zwei weitere Anträge auf zusätzlichen Zeugen. Bei der ehemaligen Direktorin der «La Pâquerette» stelle sich nicht die Frage, ob eine Vorladung angebracht sei, sondern ob sei dazu im Stande sei, sagte Gerichtspräsident Fabrice Roch.
Die Verhandlung um das Tötungsdelikt musste neu aufgerollt werden, weil bisherigen Richter wegen Zweifeln an ihrer Unbefangenheit in den Ausstand treten mussten. Die neu bestellten Richter müssen wieder bei Null anfangen. Von diesen ausserordentlichen Umständen merkte man am Montag nichts, die Gerichtsverhandlung begann ruhig und geordnet.
Der 42-jährige Angeklagte ist wegen Mordes, Freiheitsberaubung, sexueller Nötigung und Diebstahls angeklagt. Dem französisch-schweizerischen Doppelbürger droht eine lebenslängliche Verwahrung. Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt. Wann das Urteil gesprochen wird, ist noch offen. (sda)