Dass Trump ein Frauenfeind ist, weiss man spätestens seit dem «Access Hollywood»-Video. Darin prahlt er, wie er als Star Frauen ungestraft zwischen die Beine greifen darf. Seine Fans stört dies nicht. Im Gegenteil, sie lieben es, wenn er den politisch korrekten Snowflakes – so werden die sensiblen Linken in den USA verspottet – Saures gibt.
Auch die Tatsache, dass sich mittlerweile auch bei einigen Republikanern ein gewisses Unbehagen breit macht, dürfte dem Präsidenten kaum schlaflose Nächte bereiten. Die Sorgen des Parteiestablishments haben ihn noch nie gekümmert. Was hingegen sein Problem werden könnte, sind die unerwünschten Folgen seiner Tweets. Und das könnten sie sein:
Die Grand Old Party (GOP) will bekanntlich das von Präsident Obama geschaffene Krankenkassen-Gesetz zerstören und durch ein neues ersetzen. «Repeal and replace Obamacare» plärren die Republikaner seit mehr als sieben Jahren.
Im Abgeordnetenhaus haben sie sich bereits durchgesetzt. Ein Gesetzesentwurf, der Obamacare ablösen soll, ist bereits mit einer sehr knappen Mehrheit angenommen worden. Dass dabei mehr als 20 Millionen Amerikaner keine Krankenversicherung mehr haben und die Versicherungsprämien von Alten und Armen explodieren, ist den Republikanern egal. Hauptsache, die Steuern können gesenkt werden.
Doch genau dieses Ziel ist in Gefahr geraten. Im Senat wird es sehr eng für Trumpcare werden. Mehrheitsführer Mitch McConnell musste die für diese Woche geplante Abstimmung verschieben, weil ihm die Stimmen fehlten. Scheren bloss zwei republikanische Senatoren aus, dann scheitert die Reform.
Susan Collins und Lisa Murkowski sind zwei moderate Senatorinnen der GOP, die ohnehin schon grosse Bedenken gegen Trumpcare haben. Beide sind über die Tweets äusserst empört. «Die sind peinlich für das Land», sagt beispielsweise Collins. Beide dürften daher noch mehr dazu neigen, Trumpcare abzulehnen.
Christine Matthews ist eine auf Frauenfragen spezialisierte Wahlstrategin der GOP. Auch sie macht sich Sorgen. «Die abscheulichen, nicht-präsidialen Tweets werden ein Problem für Trump», erklärte sie in der «New York Times». «Und das schadet ihm vor allem bei den weiblichen Mitgliedern des Kongresses, deren Stimmen er für die Reform des Gesundheits- und des Steuerwesens braucht.»
Sollte Trumpcare scheitern – und das ist derzeit ein durchaus realistisches Szenario – dann wäre dies mehr als eine Blamage für die GOP, es hätte weitreichende Konsequenzen. Die Gesundheitsreform ist die Vorstufe der Steuerreform, denn bereits dort sind Steuererleichterungen für die Reichen in der Höhe von rund 300 Milliarden Dollar vorgesehen.
Fällt dieser Betrag weg, dann können die geplanten Steuerkürzungen nicht umgesetzt werden, weil dann das Staatsbudget völlig durcheinander geraten würde. «Bevor ein Steuergesetz in Angriff genommen werden kann, müssen sich die Republikaner in Bezug auf das Gesundheitswesen einig sein – oder das Ganze fallen lassen», schreibt der «New Yorker». «Dieses Gesetz ist ein gigantischer Eisberg, der aus dem Weg geräumt werden muss, bevor die Republikaner ihre Agenda umsetzen können.»
Kurz: Mit seinen ungeheuerlichen Tweets stösst Trump die republikanischen Senatoren vor den Kopf, gefährdet damit seine Gesundheitsvorlage und verhindert so eine Steuerreform. Dann wird es brenzlig. Bisher ist das Wirtschaftsestablishment nämlich davon ausgegangen, dass Trump trotz seiner Eskapaden die versprochene Steuerreform auf die Reihe bringen wird. Scheitert er, dann könnte er von Wirtschaft und GOP fallengelassen werden. Ein Impeachment wäre dann sehr rasch mehr als eine theoretische Option.