Er ist schön, er glänzt, und wow, er ist sogar umweltfreundlich. Das verspricht uns zumindest das Plakat, das den neuen Dieselmotor von BMW bewirbt. Abgebildet ist nicht ein schnittiges Auto, das durch idyllische Landschaften gleitet, sondern ganz simpel der neue Dieselmotor – ganz nach dem Motto «weniger ist mehr». Und der Inhalt der Werbung scheint auch sonst Programm von BMW zu sein. Denn unter dem hübschen Motor steht in fetten Lettern geschrieben: «Reduziert den CO2-Ausstoss».
Auf der BMW-Homepage finden sich Informationen zum neuen Heilsbringer: «Kein Verbrennungsmotor ist effizienter als der Dieselantrieb», steht da. Und: «Das ist ein entscheidender Vorteil im Kampf gegen den Klimawandel.»
Über diese Ansage sind nicht alle erfreut. Für die Grünliberalen (GLP) grenzt die Plakatkampagne von BMW an Täuschung. Pascal Vuichard, Präsident der jungen GLP, sagt: «BMW hält sich mit letzter Kraft am Dieselmotor fest und versucht diesen nun als den ultimativen Klimaschützer darzustellen.» Aus seiner Sicht ist klar: Nicht dem Dieselmotor gehöre die Zukunft, sondern den Elektroautos. «Um die Ziele der Energiestrategie 2050 zu erreichen, brauche es einen massiven Ausbau der Elektrofahrzeuge», sagt Vuichard.
Das Etappenziel des Bundes bis 2021 ist, den CO2-Ausstoss der Neuwagen auf unter 95 Gramm pro Kilometer zu reduzieren. Bereits seit 2015 gilt für die Schweizer Autoimporteure von Gesetzes wegen, dass ein Neuwagen pro Kilometer nur noch 130 Gramm ausstossen darf. Doch das Ziel wurde nicht erreicht. Vergangenes Jahr haben die CO2-Emissionen der Neuwagen in der Schweiz gegenüber dem Vorjahr sogar zugenommen, auf 134 Gramm CO2 pro Kilometer. Vor diesem Kontext ist für Vuichard umso fraglicher, warum Autobauer einen Dieselmotor als Klimaschutzmassnahme promoten.
BMW sieht das anders. «Die Etablierung von Dieselantrieben trug wesentlich dazu bei, dass BMW die CO2-Emission der gesamten europäischen Autoflotte massgeblich reduzieren konnte», heisst es. Ein aktuelles Diesel-Personenfahrzeug stosse rund 15 Prozent weniger CO2 aus als ein vergleichbarer PKW mit Benzinmotor.
Solche Sätze dürften bei vielen für Irritation sorgen. Denn seit dem Abgasskandal von 2015 werden Dieselmotoren nicht unbedingt mit dem Prädikat «umweltfreundlich» assoziiert. Damals wurde bekannt, dass Volkswagen mit einer Betrugssoftware bei Dieselmotoren niedrige Abgaswerte vorgetäuscht hat.
Wie sauber sind die neuen Dieselmotoren also wirklich? Sind sie Klimaretter, wie von BMW angepriesen? Christian Bach, Leiter der Abteilung Fahrzeugantriebsysteme bei der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt EMPA nahm diese «neue Generation der Dieselmotoren» unter die Lupe. Grundsätzlich seien die neuen Motoren sauberer. «Die nach den neuen Abgasnormen der EU zertifizierten Dieselfahrzeuge weisen primär niedrigere Stickoxide-Emissionen auf als bisherige Modelle», sagt er. Aber alle anderen Schadstoffe, darunter auch die Verbrauchswerte oder CO2-Emissionen, würden dadurch nicht verändert.
Tatsächlich seien die nach der neuen Abgasnorm zertifizierten Dieselfahrzeuge sauberer als Benzinfahrzeuge. «Sie weisen 5 bis 15 Prozent höhere Wirkungsgrade und im gleichen Masse niedrigere CO2-Emissionen auf als vergleichbare Benzinfahrzeuge.»
Zuletzt zieht Bach aber einen ähnlichen Schluss wie der junge GLP-Chef: «Werden Dieselfahrzeuge mit erneuerbaren Energien betrieben, weisen sie eine hohe Nachhaltigkeit auf. Wenn nicht, ist der Klimaschutzfaktor bescheiden.» Das gelte aber gleichermassen für alle Fahrzeugkonzepte.
Obwohl Dieselautos bei gleicher Leistung in Sachen CO2 besser abschneiden als Benziner, bleibt Vuichard dabei: «Autobauer müssen ihre Mitverantwortung für das Klima wahrnehmen und den Weg zu nachhaltiger Mobilität konsequent einschlagen.»
(sar)