Schweizer Richter bewilligen 97 Prozent aller Anträge zur Telefonüberwachung, verdeckten Ermittlungen und U-Haft. Das hat SRF in einer in Zusammenarbeit mit der Rundschau durchgeführten Recherche aufgedeckt. So können Strafverfolger Beschuldigte meist problemlos in Haft nehmen, abhören, Bankverbindungen überwachen, Zimmer verwanzen und sogar Spähprogramme in Computer einschleusen.
Dies ging aus einer Auswertung der Daten von 18 Kantonen hervor. So werden von 9000 Anträgen nur gerade 250 abgewiesen. In den Kantonen Genf und Bern ist die Gutheissungsquote gar bei 98 Prozent. Diese Zahl sei höchst erstaunlich, sagt der Rechtsprofessor Urs Saxer gegenüber SRF. «Man hat fast den Eindruck, dass die Gerichte alle Anträge durchwirken. Da besteht ganz grosser Erklärungsbedarf.»
Zu beurteilen, was diese Zahl tatsächlich bedeutet, ist aber schwierig. Entweder winken die Richter die Anträge der Staatsanwälte regelrecht durch oder letztere machen ihre Arbeit so gut, dass die Richter kaum einschreiten müssen.
Die Beurteilung solcher Fälle ist laut Bundesrichter Niklaus Oberholzer aber immer schwierig. Es handle sich immer um eine einseitige Schilderung des Staatsanwalts, da der Beschuldigte sich schliesslich nicht verteidigen könne.
«Wir winken nicht alle Anträge einfach durch», sagt Jürg Zinglé, Präsident des Zwangsmassnahmengerichts des Kantons Bern gegenüber SRF. «Wir prüfen bei jeder Massnahme genau, ob die gesetzlichen Vorgaben erfüllt sind und ob sie gerechtfertigt ist». Die Staatsanwälte seien aber zurückhaltend damit, solche Überwachungsmittel einzusetzen, da diese auch viel Arbeit verursachen.