Was haben wir in der Schule gelernt? Wenn man weniger einnimmt als man ausgibt, ist das ein Verlust. Das weiss auch die Buchhaltung von Disney. Dort dürfte im Moment ein Posten für besonders viel Stress sorgen: «Solo: A Star Wars Story», der neuste Film in der Sternenkrieger-Reihe, floppt – und zwar gewaltig.
Mindestens 400 Millionen US-Dollar soll Disney für Produktion und Marketing des Filmes ausgegeben haben. Etwa 800 Millionen müsste der Streifen damit theoretisch einspielen, um schwarze Zahlen zu schreiben. Das aktuelle Einspielergebnis nach zwei Wochen: knapp 265 Millionen US-Dollar. In den ersten drei Tagen hatte Solo gerade einmal 84 Millionen US-Dollar eingespielt. Für Disney-Massstäbe ist das eine Katastrophe.
Bereits nach der ersten Woche sind die Kinoumsätze des ohnehin schlecht gestarteten Streifens um ganze 65 Prozent eingebrochen. Das die Einnahmen eines Films in der zweiten Woche zurückgehen ist normal – aber ein solcher Einbruch bei einem Blockbuster dieser Grössenordnung ist dann doch aussergewöhnlich.
Damit hält «Solo: A Star Wars Story» nicht nur den Rekord als bisher teuerster «Star Wars»-Film, sondern auch denjenigen als schlechtester Filmstart der neuen Reihe. Ein Gegensatz, der Disney sicher nicht gefällt.
Warum der Film, für «Star Wars»-Verhälnisse schon fast boykottiert wird, ist nicht eindeutig zu beantworten. Erklärungsversuche gibt es einige, schlussendlich dürften alle davon eine gewisse Rolle spielen. Vier Theorien sind besonders verbreitet:
Bereits als Disney die «Star Wars»-Rechte aufkaufte, prophezeiten einige Fans den Niedergang der Filmreihe. Spätestens seit dem dritten Film unter der Disney-Ägide, «Episode VIII: Die letzten Jedi», fühlen sich diese Fans in ihrer Voraussage bestätigt. Viele sind enttäuscht darüber, welche Richtung das «Star Wars»-Franchise mit «Episode VIII» eingeschlagen hat und stehen weiteren Filmen skeptisch gegenüber.
Bei so viel Skepsis ist es dann sicher nicht von Vorteil, dass «Solo: A Star Wars Story» nur fünf Monate nach «Episode VIII» gestartet ist. Bei Kritikern ist die Wut über «Die letzten Jedi» noch immer nicht ganz verraucht, was sich natürlich auf den neuen Film übertragen haben dürfte. Kommt noch hinzu, dass viele Zuschauer schlicht keine Lust auf einen Han Solo haben, der nicht von Harrison Ford gespielt wird.
I like that Alden sounds like a 20 year old trying to sound like a young Han Solo. I don’t need someone running around doing a Harrison Ford impression for 2 hours. pic.twitter.com/UpQTJ3Oljx
— Tyler Westhause (@twesthause) 5. Februar 2018
Viele Zuschauer haben da vermutlich erst einmal abgewartet, was die Kritiker sagen – und diese haben nicht nur positiv über den Film berichtet. Gut möglich, dass so mancher Kinogänger sich so das Geld lieber für einen anderen Blockbuster aufgespart hat.
Ironischerweise kommt diese unter anderem aus dem eigenen Haus. Mit «Avengers: Infinity War» hat Disney seit Ende April einen Film am Start, der sich mit «Star Wars» die gleiche Zielgruppe teilt. Gleichzeitig war «Avengers 3» das erzählerische Finale, auf welches Disney mit dem Marvel-Universum zehn Jahre lang hingearbeitet hat. (Okay, der erste Teil des erzählerischen Finales). Da war es nur logisch, dass ein Grossteil des Zielpublikums sich diesen Film ansah. Wenn nun jemand schon sein Sackgeld für «Avengers 3» ausgeben hat, blieb nicht unbedingt noch etwas für «Solo» übrig.
Mit «Deadpool 2» hat «Solo» einen weiteren Konkurrenten, der ihm ordentlich Zuschauer wegschnappt. Dass die Leute lieber «Deadpool 2» schauen, zeigt bereits ein Blick auf die Statistik: Obwohl der Marvel-Held in der Schweiz bereits eine Woche länger läuft als «Solo» und auf fast einem drittel weniger Leinwänden gezeigt wird, konnte «Deadpool 2» vom 24. bis 30. Mai praktisch gleich viele Eintritte verbuchen wie «Solo».
Und am 7. Juni startet bereits der nächste grosse Film: «Jurassic World 2». Nicht jeder Kinogänger ist bereit, innerhalb so kurzer Zeit für mehrere Filme Geld auszugeben.
Einen weiteren Grund will der US-amerikanische Medienanalyst Doug Creutz erkannt haben. Geht es nach ihm ist schlechtes Marketing Schuld am Flop von «Solo». Für Creutz ist es sogar der Hauptgrund.
Disney habe es schlicht verpasst, dem Publikum Alden Ehrenreich als neuen Han Solo zu verkaufen. Als Vergleich zieht er «Rogue One: A Star Wars Story» heran. Der erste Teaser zum Film sei ganze 247 Tage vor dem Kinostart erschienen. Darin war in den ersten 35 Sekunden praktisch nur die neue Hauptfigur zu sehen gewesen. Genug Zeit, um sie bei den Zuschauern zu etablieren.
Bei «Solo: A Star Wars Story» kam der erste Teaser gerade einmal 105 Tage vor dem Kinostart heraus und Han Solo war darin insgesamt knappe zehn Sekunden zu sehen. «Das ist nicht annähernd genug», sagte Creutz gegenüber dem Branchenmagazin «Deadline».
Das Filmstudio hatte nach der katastrophalen Produktion von «Solo» und den negativen Reaktionen zu «Episode VIII» bereits damit gerechnet, dass der Film floppt. So berichteten zumindest Branchenmagazine Anfang des Jahres.
Allerdings war man sich bei Disney wohl sicher, dass die kurze Pause zwischen «Episode VIII» und «Solo» kein Problem darstellen würde. Schliesslich hatten die Fans zuletzt auch keine Mühe damit gehabt, dass das Studio im Schnitt alle vier Monate einen Marvel-Film in die Kinos brachte.
Die jüngsten Ereignisse könnten Disney allerdings dazu bewegen, die «Star Wars»-Filme wieder im Jahrestakt herauszubringen. Sowieso haben Fans nun etwas Zeit, um die Gemüter abkühlen zu lassen. Der nächste Film, «Episode IX», wird erst am 19. Dezember 2019 in den Kinos erscheinen.
Bis dahin wird Disney mit «Solo» trotzdem noch ordentlich Geld verdienen. Zwar wird der Film an den Kinokassen wohl kaum noch die nötigen 800 Millionen US-Dollar schaffen, doch für Disney ist das nur ein kleiner Rückschlag. Schlussendlich machen sie den grössten Teil des Geldes mit Merchandising und schliesslich bringen auch die DVD- und Blu-Ray-Verkäufe noch ordentlich Cash. Allein in den USA hat «Rogue One» Disney damals fast 100 Millionen durch DVD- und Blu-Ray-Verkäufe eingebracht.
Schlussendlich wird «Solo» seinen Teil zum Umsatz des Mauskonzerns beitragen, wenn auch unter dem Strich nicht so eine grosse Zahl stehen dürfte, wie erhofft. Für Disney bleibt der Film damit klar unter den Erwartungen, ein finazielles Fiasko sieht aber definitiv anders aus.