Wer jetzt die Frage stellt, ob Biel ein Torhüterproblem habe, ist nicht auf der Suche nach billiger Polemik. Sondern auf der schwierigen Suche nach der Wahrheit. Im letzten Spiel gegen Zug (1:4) ist Jonas Hiller (35) in seiner zweiten Saison nach der Rückkehr aus der NHL zum ersten Mal seit seiner Rückkehr in die Schweiz ausgerastet. Er hat diese Saison alle Meisterschaftsspiele für Biel bestritten und stand auch bei zwei der drei Spiele beim Karjala Cup für die Schweiz im Einsatz (gegen Kanada und Russland).
Die Frage geht an Biels Sportchef Martin Steinegger. Er hat entschieden, seinem Startorhüter einen freien Tag zu verordnen. Im Militär würden wir von «befohlener Ruhe» reden.
Jonas Hiller spielt am Samstag in Davos nicht und er reist auch nicht als Nummer 2 nach Davos. Er wird durch Simon Rytz ersetzt. Der Vertrag mit der letztjährigen Nummer 2 ist im Sommer vorzeitig aufgelöst worden. Er wechselte nach Olten. Biel hat jedoch ausgehandelt, Simon Rytz bei Bedarf temporär zurückzuholen. Das ist jetzt der Fall.
Warum Simon Rytz statt Jonas Hiller? Hat Biel ein Goalieproblem? «Nein», sagt Martin Steinegger, «die Ruhepause war so vorgesehen. Eigentlich wollten wir Jonas Hiller bereits vor der Nationalmannschaftspause eine Pause ermöglichen und in der Partie in Bern nicht einsetzen. Aber weil sich unsere Nummer zwei (Elien Paupe – die Red.) verletzte, mussten wir die Pause nun auf dieses Wochenende verschieben.»
Martin Steinegger sagt, Biel brauche in den wegweisenden Partien nächste Woche einen frischen Jonas Hiller. Tatsächlich sind die Partien am übernächsten Wochenende schicksalsschwer. Biel tritt am Freitag gegen Kloten (24.11.) , am Samstag (25.11) gegen Langnau und am Dienstag (28.11.) nochmals gegen Kloten an.
Und doch müssen wir nochmals nachhaken: Hat die Ruhepause gerade jetzt wirklich nichts mit dem Ausraster vom letzten Dienstag gegen Zug zu tun? «Nein», sagt Steinegger. «Wie schon gesagt hatten wir mit ihm die Ruhepause schon lange besprochen und mussten sie nur wegen der Verletzung unseres Ersatztorhüters verschieben. Jonas hat gegen Zug nicht die Nerven verloren. Er hat vielmehr eine gesunde Reaktion auf die ungenügende Leistung der Mannschaft gezeigt. Einmal ist genug.»
Natürlich sagt kein Sportchef, der bei Sinnen ist, einem Chronisten er habe ein Goalieproblem und habe deshalb seinem NHL-Titanen eine Zwangspause verordnet. Aber Martin Steinegger gehört zu den wenigen, die der Kunst des Lügens und Fabulierens nicht mächtig ist. Er redet, wie er eins gespielt hat. Geradlinig, ohne Furcht vor einer Konfrontation. Deshalb gilt: Ja, die Variante der geplanten Ruhepause, der «befohlenen Ruhe» ist glaubwürdig. Sie dürfte stimmen.
Was aber nach wie vor nicht stimmt, ist die Leistung der Mannschaft. Martin Steinegger hütete sich klugerweise davor, seinem Trainer Mike McNamara ein Ultimatum zu stellen. Er sagt: «Ich habe die Partie gegen Zug noch einmal auf dem Video angeschaut. Wir hatten sehr gute Phase. Aber wir machten zu viele haarsträubende Fehler und die Emotionen fehlten in unserem Spiel. Warum ist das so? Liegt es am Trainer? Es liegt an uns, eine Antwort auf diese Frage zu finden. Dabei stellen wir niemandem ein Ultimatum. Wir wollen uns die Handlungsfreiheit erhalten.»
Eine weise Strategie. Niederlagen am Freitag in Davos und am Samstag gegen Lugano liegen wahrscheinlich noch drin. Ein Rückschlag gegen Kloten und Langnau würde hingegen zu einem Trainerwechsel führen – oder einem freiwilligen Rücktritt von Mike McNamara.
Am Samstag gegen Lugano tritt Jonas Hiller wieder an. Martin Steinegger sagt, es sei noch offen, ob er am Dienstag im Cup gegen den SC Bern wieder eingesetzt werde oder noch einmal Pause bekomme.