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Autofahren im Alter: Maximilian Reimann fordert höhere Limite

Nationalrat Maximilian Reimann, SVP-AG, sowie die Komissionssprecher Kathy Riklin, CVP-ZH und Laurent Wehrli, FDP-VD, von links nach rechts, anlaesslich der Sommersession der Eidgenoessischen Raete, a ...
Maximilian Reimann am Rednerpult im Nationalrat.Bild: KEYSTONE

Autofahren im Alter: SVP-Nationalrat Reimann fordert eine höhere Limite

Verkehrssicherheit: Maximilian Reimann fordert höhere Limite – Regierung will ärztliche Kontrolle ab 70 Jahren.
05.01.2017, 04:5805.01.2017, 06:22
mathias küng / Aargauer Zeitung
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Der Aargauer SVP-Nationalrat Maximilian Reimann (74) macht mit einer parlamentarischen Initiative zugunsten von Senioren am Steuer Furore. Er fordert, ältere Automobilistinnen und Automobilisten nicht mehr wie bisher ab 70, sondern erst ab 75 Jahren alle zwei Jahre zur vertrauensärztlichen Kontrolluntersuchung aufzubieten.

Die Automobilisten auf Schweizer Strassen würden ungleich behandelt, so Reimann. In Deutschland, Frankreich und Österreich gebe es nämlich keine solche Vorschrift für 70-Jährige. «Vielmehr setzen diese Länder auf die Eigenverantwortung ihrer älteren Verkehrsteilnehmer hinsichtlich der Frage, wann sie von sich aus mit Autofahren aufhören wollen.» Die Unfallstatistik weise zudem keine nennenswerten Unterschiede auf, was die Senioren-Autofahrer über 70 in der Schweiz und den Nachbarländern betreffe.

Jetzt auf

Die Schweizer Vorschrift sei für einheimische Autofahrer im Vergleich zu ausländischen Nutzern von Schweizer Strassen eine verfassungswidrige Diskriminierung von Alters wegen, sagt Reimann. National- und Ständerat sehen dies inzwischen mehrheitlich ebenso. Die federführende Verkehrskommission des Nationalrats hat bereits eine entsprechende Gesetzesänderung in die Vernehmlassung gegeben.

Widerstand ausgerechnet im Heimatkanton

Jetzt zeigt sich: Die Aargauer Regierung hält nichts von der von Reimann initiierten Vorlage. Sie schreibt in ihrer Vernehmlassungsantwort, dass rund 20 Prozent der aargauischen Führerausweisinhaberinnen und -inhaber zwischen 70 und 75 den Führerausweis abgeben. Jährlich seien dies 1 600 Personen. In rund einem Drittel aller Fälle habe gestützt auf die medizinischen Abklärungen, eventuell verbunden mit einer Kontrollfahrt, ein Entzug ausgesprochen werden müssen.

Bei einer grossen Zahl von Automobilisten zwischen 70 und 75 habe der Führerausweis «unter adäquaten Bedingungen wie einer sogenannten Brillenauflage oder regelmässigen ärztlichen Kontrollen weiterbelassen werden» können. Die ersten drei Kontrolluntersuchungen im Alter von 70, 72 und 74 Jahren veranlassen die Betroffenen, sich rechtzeitig und regelmässig mit ihrer Fahreignung zu befassen, argumentiert die Regierung. Die ärztlichen Feststellungen seien für die Betroffenen eine wertvolle Orientierungshilfe.

Ab welchem Alter sollen die Kontrolluntersuchungen beginnen?

Zudem komme es zwischen dem 70. und 75. Altersjahr zu einer markanten Zunahme von Demenzerkrankungen und von Einschränkungen beim Sehvermögen. Insbesondere bei Hirnerkrankungen und Sehproblemen funktioniere die Selbstverantwortung nicht mehr, «da bei diesen Krankheiten die Einsichtsfähigkeit fehlt oder stark eingeschränkt ist». Bei einer höheren Limite würden sich viele auch erst mit 75 mit ihrer Fahreignung befassen, befürchtet die Regierung.

Die Erstuntersuchung mit 75 würde dann zu einer wesentlich strengeren Zäsur. Aus all diesen Gründen lehnt sie die höhere Alterslimite ab.

Reimann: Leute sind rüstiger

«Die Vernehmlassungsantwort des Regierungsrates nach Bern überrascht mich keineswegs», sagt Maximilian Reimann auf Anfrage der az. Nicht zuletzt «wegen der besonders rigorosen Haltung des kantonalen Strassenverkehrsamtes uns Aargauer Seniorenautofahrern gegenüber hatte ich in der Sommersession 2015 meine parlamentarische Initiative lanciert».

Kontrollalter 70 stammt vom Anfang der 70er-Jahre des letzten Jahrhunderts.
Maximilian Reimann

Angeführt vom Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich, das notabene namhafte Honorareinnahmen aus den verkehrsmedizinischen Untersuchungen generiere, bekämpfe man «im Verwaltungsapparat unter Verweis auf die Sicherheit die angestrebte Lockerung zugunsten der Seniorenautomobilisten».

Natürlich sei auch für ihn die Verkehrssicherheit erstrangig, betont Reimann. Aber das Kontrollalter 70 stamme von Anfang der 70er-Jahre des letzten Jahrhunderts. Inzwischen sei das Schweizervolk geistig und physisch rüstiger geworden. Reimann: «Wenn das der Regierungsrat nicht wahrhaben will, soll er doch dafür besorgt sein, dass keine älteren Autofahrer mehr in die Schweiz aus Ländern wie Deutschland, Frankreich oder Österreich einfahren, wo es überhaupt keine solchen obligatorischen Medizinalchecks gibt!»

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30 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Charlie Brown
05.01.2017 05:57registriert August 2014
Ein SVP-Exponent kämpft dafür, dass EU-Recht in der Schweiz gilt.

Wenn es einem alten Herrn nützt. Sonst natürlich nicht.
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SomeoneElse
05.01.2017 08:27registriert Februar 2014
Ab einem gewissen Alter hat man sowohl im Strassenverkehr, wie auch im Parlament nichts mehr verloren...
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nimmersatt
05.01.2017 08:14registriert Februar 2014
svp-klientelpolitik für weisse alte männer.. da darf durchaus auch mal der umliegende eu-raum als argument bemüht werden..
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