Mit diesen Anweisungen bereitet Grossbritannien seine Bürger auf das Brexit-Chaos vor
Er kommt. Er kommt nicht. Er kommt. Am 29. März 2019 geht Grossbritannien raus aus der EU. Wie es danach weitergeht? Weiss niemand so recht. Derzeit verhandeln EU und Grossbritannien über einen Scheidungsvertrag. Der sollte im Oktober stehen. «Spätestens November» soll er jetzt da sein, sagt der EU-Unterhändler.

Und ohne Scheidungsurkunde? Wird es eng. No Deal, kein Vertrag, heisst das Krisen-Szenario. Und so real scheint es: Die britische Regierung hat gerade eine Notfallliste für die Menschen auf der Insel veröffentlicht. Die ersten 25 Empfehlungen wurden am Donnerstag vorgestellt.
Nachfolgend die fünf wichtigsten Dinge, die die Briten für den Chaostag wissen sollen:
Arzneimittel – das Spenderblut wird knapp
Grossbritannien wird medizinische Versuche für die Zulassung von Arzneimitteln zwar anerkennen. Dennoch könnten die Medikamente bis zum Aufbau eigener Produktionslinien kurzfristig knapp werden.
Man solle einen Medikamenten-Vorrat von sechs Wochen anlegen, so Brexit-Minister Raab

Aussteigen wird Grossbritannien auch aus den EU-Regelungen für Blutspender. Das bedeutet: Patienten im Vereinigten Königreich kriegen künftig kein EU-Spenderblut mehr.
Kreditkartenzahlungen werden teurer
Die EU-Kommission hat die Gebühren für Kreditkartenzahlungen im EU-Ausland gedeckelt. Die britische Regierung will diese Regelung nicht übernehmen. Sie warnt ihre Bürgerinnen und Bürger:
Zudem könnten im Ausland lebende Briten den Zugang zu ihren Bankkonten und Versicherungen verlieren. Hunderttausende vor allem in Südeuropa lebende Rentner könnten ohne Geld dastehen.
Neue Zölle, neue Wartezeiten an der Grenze
Kommt der Brexit ohne Deal werden künftig wieder Zölle fällig. Das bedeutet mehr Papierkram – auf beiden Seiten der Grenze. Und Zollkontrollen bedeuten auch längere Wartezeiten an den Grenzen.
Im Sommer 2016, nur wenige Wochen nach dem Brexit-Beschluss, gab es schon mal einen Vorgeschmack. Frankreich zeigte mal eben, was Grenzkontrollen bedeuten. Wartezeit: mehrere Stunden.
Am Grenzübergang könnte es eine Weile dauern
Schlimmstenfalls Reise-Visa
Übers Wochenende nach Spanien jetten oder eben mal nach Paris rüberfahren. Könnte schwierig werden. Die EU macht darauf aufmerksam, dass ohne Abschiedsvertrag Grossbritannien wie jedes andere Drittland behandelt werde. Notfalls drohten sogar Visa. Da haben es selbst die Schengen-Staaten wie die Schweiz oder Norwegen besser.
Kurztrip nach Spanien? Könnte schwierig werden
Zigaretten? Alle Packungen müssen neu gestaltet werden

Erfolgt der Austritt ohne Vertrag bedeutet das auch: Alle Zigarettenschachteln in Grossbritannien müssen neu designed werden. Der Grund: Die Urheberrechte für die Schockfotos auf den Packungen gelten nur für die EU.
Fun Fact für Raucher
#brexit funfact: nach dem Austritt müssen die Zigarettenschachteln neu designed werden weil die UK kein Copyright auf die grindigen Bilder hat pic.twitter.com/A3xuRTAMWc
— Inge Chen (@IngeVienna) 23. August 2018
Nachtrag: Und besteht nicht doch noch Hoffnung?
Auf ein Abwenden des Brexit wohl eher nicht. Auf einen Ausstiegsvertrag schon. Der britische Brexit-Minister Dominic Raab zeigte sich am Donnerstag zuversichtlich. Er sagte:
Der Abschiedsminister spricht
#NoDealBrexit#Brexit Secretary @DominicRaab says it's "not what we want and it's not what we expect" https://t.co/WHSAyWZb97 pic.twitter.com/06RiFYT9st
— BBC News (UK) (@BBCNews) 23. August 2018
Die Opposition ist nicht ganz so optimistisch. Keir Starmer, Brexit-Sprecher der oppositionellen Labour-Partei, sagte:
70 konkrete Brexit-Empfehlungen für ihre Bevölkerung will die britische Regierung bis September vorlegen. Die sollen die eigene Bevölkerung beruhigen. Aber auch der EU signalisieren: Notfalls gehen wir ohne Vertrag raus. Dann habt ihr den Schlamassel.

Die Hektik, mit der jetzt zwischen London und Brüssel verhandelt wird, zeigt vor allem eins. Ein Ausstieg nach vier gemeinsamen Jahrzehnten ist unendlich kompliziert. Und schmerzlich. Es ist wie in jeder Beziehung im Leben: Scheiden tut weh.
(watson.de/dpa/sda/afp/cma)