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In der vergangenen Woche ist den Finanzmärkten ein Licht aufgegangen: Als die jüngsten Meinungsumfragen zeigten, dass ein Ja zum Austritt von Grossbritannien durchaus möglich geworden ist, sackte das Pfund auf einen neuen Tiefpunkt ab.
Die wirtschaftlichen Folgen eines Brexit, wie der Austritt genannt wird, wären in der Tat gravierend: Wie für die Schweiz ist auch für das Vereinigte Königreich die EU der weitaus wichtigste Handelspartner. Bei einem Ja wäre dieser Austausch gefährdet.
The Life of Brexit.
Posted by Süddeutsche Zeitung Magazin on Freitag, 26. Februar 2016
Die Briten müssten somit ihre Version von bilateralen Verträgen aushandeln, und sie hätten dabei schlechte Karten. Wie bei der Schweiz würde die EU auf einem freien Personenverkehr beharren und sehr zurückhaltend sein bei Dienstleistungen. Gerade darauf ist jedoch der Finanzplatz London in hohem Mass angewiesen.
Nicht nur die Briten setzen ihren Wohlstand aufs Spiel. Ein Brexit wäre auch ein schwerer Schock für die Weltwirtschaft und könnte Anlass für eine globale Rezession sein. Bereits jetzt stagnieren Handel und Wirtschaft rund um den Globus. Das Treffen der G20-Finanzminister ist ohne handfeste Ergebnisse verlaufen, die Stimmung an den Märkten gedrückt.
Noch fataler wären die politischen Folgen eines Brexit: Ein Austritt von Schottland aus dem Vereinigten Königreich würde erneut aktuell, denn anders als die Engländer fühlen sich die Schotten wohl in der EU. Auch die Nordiren wären sehr unglücklich, wenn sie den Zugang zum Euroraum verlieren würden, zumal Irland dank der EU aufgeblüht ist.
Ein Brexit könnte auf dem Kontinent eine Kettenreaktion auslösen. Die Dänen beispielsweise fühlen sich den Engländern kulturell stark verbunden und könnten ihrerseits ebenfalls mit einem Austritt aus der EU liebäugeln. Das wiederum könnte Auswirkungen auf die übrigen Skandinavier haben.
Die Staaten des ehemaligen Ostblocks hingegen werden sich kaum von Brüssel lossagen. Gordon Bajnai, einst Premierminister einer linksliberalen ungarischen Regierung, nennt den Grund: «Der Verlust der EU-Fonds wäre für Ungarn und andere Oststaaten eine Katastrophe.» In den reichen EU-Ländern hingegen würde ein Brexit den Populisten willkommenen Auftrieb verschaffen. In Holland sieht Geert Wilders, Chef der EU-feindlichen Freiheitspartei, eine Götterdämmerung aufziehen: «Das Ende der EU hat bereits begonnen», erklärte er kürzlich. «Wenn das Vereinigte Königreich die EU verlässt, ist das ein enormer Anreiz für andere, das Gleiche zu tun.»
Donald Tusk, Präsident des Europäischen Rats, teilt diese Befürchtung. Das britische Referendum könnte «ein sehr attraktives Modell für einige europäische Politiker sein, um einige sehr egoistische Ziele zu verfolgen», warnte er kürzlich.
Ein Auseinanderbrechen der EU ist selbst bei einem Brexit wenig wahrscheinlich. Euro- und Flüchtlingskrise haben sie jedoch schon arg geschwächt. Zeigen die Briten Brüssel ebenfalls die kalte Schulter, dann wird der geopolitische Einfluss von Europa noch weiter schwinden. Freude daran hätte Waldimir Putin. Er könnte seine geplante Rolle als Fürst Metternich eines neuen reaktionären Europas weiter ausbauen.