Zwei Tage hat Donald Trump um den heissen Brei herum geredet. Am Montag erst fand der US-Präsident klare Worte zum Aufmarsch von Rechtsradikalen in Charlottesville im Bundesstaat Virginia. Neonazis, der Ku Klux Klan oder andere Gruppen voller Hass hätten «keinen Platz in Amerika», sagte Trump bei einem eigens anberaumten Auftritt vor Medien im Weissen Haus.
Für manche war es «too little, too late» – zu wenig und zu spät. Zwei Konzernchefs verliessen aus Protest ein Beratergremium des Präsidenten. Andere Republikaner hatten sich unzweideutig zur rechtsextremen Gewalt in Charlottesville geäussert. Justizminister Jeff Sessions, dem einst selber Sympathien für den Ku Klux Klan nachgesagt wurden, sprach von «einheimischem Terrorismus».
Für Donald Trump ist es eine weitere schwere Krise in seiner kurzen, aber an Turbulenzen reichen Amtszeit. Der Sündenbock wurde schnell ausgemacht: Er heisst Steve Bannon. Der Chefstratege des Präsidenten war früher Chef des «Newsportals» Breitbart. Er verwandelte es in eine eigentliche Plattform für die Alt-Right-Bewegung, die in Charlottesville kräftig mitgemischt hat.
Seit den Ausschreitungen vom Samstag, die eine Gegendemonstrantin das Leben kosteten, ist Bannon abgetaucht. Er soll Trump geraten haben, die Rechtsextremen nicht zu hart zu kritisieren, um diesen kleinen, aber sehr motivierten Teil seiner Wählerschaft nicht vor den Kopf zu stossen, schreibt die «New York Times». Bannon habe am Wochenende mehrfach mit Trump gesprochen.
Nun könnte es für den 63-Jährigen eng werden, berichtet die Zeitung mit Berufung auf ungenannte Quellen. Trump denke seit Monaten über den Rauswurf des Ultranationalisten nach und werde von verschiedener Seite dazu gedrängt. Im Weissen Haus wurde Steve Bannon zunehmend marginalisiert. Zu Beginn der Ära Trump besass er fast einen Stammplatz im Oval Office. Nun habe ihn der Präsident in eine Art «inneres Exil» geschickt, so die «New York Times».
Steve Bannon hat sich mit mehreren mächtigen Leuten angelegt, darunter Sicherheitsberater H.R. McMaster und der neue Stabschef John Kelly. Der Ex-General soll vor Mitarbeitern erklärt haben, er werde Bannons «schattenhafte Intrigen» nicht tolerieren. Seit Wochen liefert sich der Chefstratege zudem einen Machtkampf mit Trumps Schwiegersohn Jared Kushner. Dieser bildet als «Globalist» einen Gegenpol zu Bannons ideologischem Nationalismus.
Bei einem kürzlichen Abendessen im Weissen Haus soll auch der Medienzar Rupert Murdoch Bannons Rauswurf gefordert haben. Die Meinung des Eigentümers von Donald Trumps Leib- und Magensender Fox News hat Gewicht. Tatsächlich soll der Präsident kaum widersprochen, sondern im Gegenteil seine Frustration über den kantigen Chefstrategen geäussert haben.
Ähnliches hat Trump jedoch schon früher getan, ohne die Konsequenzen zu ziehen. Der Grund ist simpel: Der Präsident fürchtet, mit Steve Bannon auch dessen Gefolgschaft zu verlieren. In wichtigen Bundesstaaten wie Michigan, Pennsylvania und Wisconsin siegte Donald Trump im letzten Herbst nur sehr knapp. Da könnte es auf jede Stimme vom rechten Rand ankommen.
Es erstaunt daher nicht, dass er sich trotz zunehmender Distanz mit Bannon zum Thema Charlottesville beraten hat. Der Kongressabgeordnete Steve King aus Iowa, ein Einwanderungs-Hardliner, sagte der «New York Times», die Konservativen wären «am Boden zerstört», falls Bannon gehen müsse. Der Chefstratege hat zudem mächtige und reiche Freunde wie den Casinomogul Sheldon Adelson oder den öffentlichkeitsscheuen Milliardär Robert Mercer.
Ein Abgang von Steve Bannon müsste jedoch nicht bedeuten, dass seine rechtsnationale Ideologie aus dem Weissen Haus verschwindet. Dafür würde sein Protegé Stephen Miller sorgen. Er teilt Bannons Weltsicht, ist aber geschmeidiger. Er hat sich als Chef-Redenschreiber das Vertrauen des Präsidenten erworben und besitzt auch einen guten Draht zu Jared Kushner.
Bannon selbst soll von Anfang an gesagt haben, er erwarte nicht, länger als zwölf Monate auf seinem Posten zu verbleiben. Sein Hauptziel sei es, so viele Ziele wie möglich durchzudrücken, so lange er die Gunst des Präsidenten geniesse. In letzter Zeit soll er sich laut «New York Times» vermehrt gefragt haben, ob ihm dies ausserhalb des Weissen Hauses nicht besser gelingen könnte, etwa mit einer Bewegung, die «Mainstream-Republikaner» unter Druck setzt.
Ob im Weissen Haus oder ausserhalb: Donald Trump kann auf Steve Bannon nicht verzichten.