Auf nationaler Ebene wird am 10. Februar über die Zersiedelungs-Initiative der Jungen Grünen abgestimmt. Am 19. Mai dürften die Steuervorlage und AHV-Finanzierung (STAF) sowie die EU-Waffenrichtlinie traktandiert werden, sofern in beiden Fällen das Referendum zustande kommt. In der zweiten Jahreshälfte dreht sich alles um die nationalen Wahlen. Der «Reservetermin» im November wird in der Regel nur bei Dringlichkeit genutzt.
Prognose: Die Zersiedelungs-Initiative wird scheitern, womit in dieser Legislaturperiode sämtliche Volksinitiativen bachab gegangen wären – was bemerkenswert ist. Bei STAF und Waffenrecht hingegen ist ein Ja zu erwarten. Das Stimmvolk dürfte keine Lust auf weitere Experimente bei Unternehmenssteuern und Altersvorsorge haben, ebenso wenig auf noch mehr Streit mit der EU.
Das Rahmenabkommen mit der EU ist zum beherrschenden Thema der Schweizer Politik geworden. Der Bundesrat will bis im Frühjahr Konsultationen mit den Sozialpartnern durchführen. Die EU-Kommission ist bereit, ihm diese «Gnadenfrist» zu gewähren, hat Nachverhandlungen aber kategorisch ausgeschlossen.
Prognose: Die Konsultationen führen zu nichts, zu gross ist der Widerstand der Gewerkschaften. Der Bundesrat wird weiter versuchen, auf Zeit zu spielen und sich um einen definitiven Entscheid herumzudrücken. Die EU wird das nicht akzeptieren und Gegenmassnahmen ergreifen. Erste Wirtschaftsverbände und die Hochschulen warnen davor.
Am 20. Oktober finden die eidgenössischen Wahlen statt. Mehrere Fragen stehen im Fokus: Können SVP und FDP ihre knappe Mehrheit im Nationalrat halten? Ist der Höhenflug der SVP vorbei? Müssen SP und Frauen mit Verlusten im Ständerat rechnen? Werden Klimawandel und Europapolitik zu den bestimmenden Themen im Wahlkampf?
Prognose: Falls es zu einer Klima- und Europawahl kommt, könnten die Grünliberalen die grossen Sieger sein, indem sie ökologisch gesinnte Bürgerliche und europafreundliche Linkswähler «abholen», zu Lasten von FDP und SP. Allerdings haben sie nach wie vor strategische und personelle Defizite. Die SVP hingegen darf man keinesfalls abschreiben, trotz anhaltender Formschwäche. Sie trifft nach wie vor den Nerv eines beträchtlichen Teils der Bevölkerung.
Wahlen ins europäische Parlament stiessen in der Vergangenheit auf wenig Interesse. Das wird vom 23. bis 26. Mai 2019 anders sein. Angesichts der Krisen in der Europäischen Union könnten Rechtspopulisten und andere EU-Skeptiker zulegen. Aber auch die Proeuropäer machen mobil, etwa mit einem neuen Bündnis der liberalen und zentristischen Parteien.
Prognose: Für die EU-Kritiker wird die Wahl durchzogen ausfallen. Falls etwa die «Gelbwesten» in Frankreich eine eigene Liste aufstellen, dürften laut Umfragen in erster Linie die Links- und Rechtspopulisten Verluste leiden. Die Europäische Volkspartei (EVP), die Allianz der Christlich-Konservativen, dürfte erneut die stärkste Fraktion bilden und damit auch den nächsten EU-Kommissionspräsidenten stellen. Favorit ist der Spitzenkandidat der EVP, der CSU-Politiker Manfred Weber.
Am 29. März um 23 Uhr tritt das Vereinigte Königreich aus der Europäischen Union aus. Ob und in welcher Form der Brexit geschehen wird, ist derzeit völlig unklar. Premierministerin Theresa May hat die Abstimmung im Unterhaus über den mit der EU ausgehandelten Austrittsplan in den Januar verschoben, weil dafür keine Mehrheit in Sicht ist.
Prognose: Der Plan wird scheitern, dennoch werden beide Seiten alles tun, um einen «harten» Brexit zu vermeiden. Gut möglich, dass es in Grossbritannien zu Neuwahlen kommt, die vor allem die Labour-Partei anstrebt. Sie sind wahrscheinlicher als eine zweite Brexit-Abstimmung.
Die Proteste der «Gilets Jaunes» haben das Land zum Jahresende 2018 in Atem gehalten. Sie sind zur ersten echten Bewährungsprobe für die Reformpolitik von Emmanuel Macron geworden. Der Präsident hat mit finanziellen Zugeständnissen reagiert.
Prognose: Der Bewegung geht der Schnauf aus, auch aufgrund innerer Widersprüche. Es bleibt fraglich, ob sich die «Gelbwesten» politisch formieren können. Macron muss dies ausnützen und politische Reformen anpacken, mit mehr Bürgerbeteiligung und weniger Zentralismus. Die Chancen des bislang vom Glück begünstigten Staatschefs sind intakt.
Mit Ach und Krach kam Anfang 2018 eine neue grosse Koalition von CDU/CSU und SPD zustande, die sich seither von Krise zu Krise gehangelt hat. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat als Konsequenz den Parteivorsitz abgegeben. Im neuen Jahr muss die Regierung liefern, denn Deutschland steht vor grossen Herausforderungen.
Prognose: Mit der Wahl der Merkel-Vertrauten Annegret Kramp-Karrenbauer zur CDU-Chefin ist die Gefahr eines baldigen Sturzes der Kanzlerin gebannt. Ihre Regierung wird versuchen, sich durchzuwursteln, denn vor allem die SPD kann bei Neuwahlen nur verlieren. Zum Gradmesser auch für die AfD werden die Landtagswahlen in drei östlichen Bundesländern.
Der Präsident wird die Welt weiter in Atem halten, erst recht nachdem er fast alle Mitglieder aus seiner Regierung vertrieben hat, die ihn gebremst hatten. Ungemach droht ihm von mehreren Seiten. Ab Januar haben die Demokraten die Mehrheit im Repräsentantenhaus. Mit Spannung erwartet wird auch der Bericht von Sonderermittler Robert Mueller zur Russland-Affäre.
Prognose: Der Mueller-Bericht dürfte wenig schmeichelhaft ausfallen. Allerdings bleibt es fraglich, ob die Beweise für eine Anklage gegen Trump oder ein Amtsenthebungsverfahren ausreichen. Die Demokraten dürften angesichts der Chancenlosigkeit vor einem Impeachment zurückschrecken. Wirklich gefährlich für Donald Trump könnte hingegen eine wirtschaftliche Abschwächung werden.
Im neuen Jahr werden sich die demokratischen Bewerber für die Präsidentschaftswahl 2020 aus der Deckung hervorwagen, denn bereits Anfang 2020 finden die ersten Primaries statt. Interessant ist auch, ob sich bei den Republikanern ein Herausforderer für den an der Basis beliebten Donald Trump melden wird.
Prognose: Bei den Demokraten haben derzeit die Oldies (Joe Biden, Bernie Sanders) die Nase vorne. Im Auge behalten sollte man den texanischen Shootingstar Beto O'Rourke und Senatorin Kamala Harris aus Kalifornien. Und falls Trump ein schlechtes Jahr hat, muss er mit einem innerparteilichen Gegner rechnen.
Was geschieht in jenen Teilen der Welt, die von den Medien stiefmütterlich behandelt werden? Syrien bleibt ein Pulverfass. Nach dem angekündigten Abzug der Amerikaner wird das von bald acht Jahren Bürgerkrieg versehrte Land mehr denn je zum Tummelplatz konkurrierender Mächte, in erster Linie Russlands, Irans und der Türkei. Mit den Kurden als Leidtragenden.
Damit verbunden ist die Frage, wie es mit dem «IS» und dem islamistischen Terror weitergeht, nachdem es 2018 in Europa trotz des Anschlags in Strassburg relativ ruhig war. Wichtig für die Region ist auch, ob sich der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman halten kann. Und ob in Israel nach den vorgezogenen Wahlen im April weiter die Rechten regieren.
Weitere Fragen: Welchen Weg geht Brasilien unter dem Rechtsaussen Jair Bolsonaro? Setzt China seine Expansionspolitik fort? Wird es in Nordkorea wieder explosiv? Kann der äthiopische Ministerpräsident Abjy Ahmed, Afrikas neuer Hoffnungsträger, seinen Reformkurs halten? Und welche «schwarzen Schwäne» (unerwartete Ereignisse) erwarten uns 2019?