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Fifa-Friedenspreis für Trump: Drei Lügen, die Infantino verbreitet hat

President Donald Trump speaks with FIFA President Gianni Infantino as they leave after the draw for the 2026 soccer World Cup at the Kennedy Center in Washington, Friday, Dec. 5, 2025. (AP Photo/Julia ...
Scheinen sich hervorragend zu verstehen: Donald Trump und Gianni Infantino.Bild: keystone
Analyse

Fifa-Friedenspreis für Trump: Drei dreiste Lügen, die Infantino verbreitet hat

Am Freitagabend sollte es eigentlich um die WM-Auslosung gehen. Stattdessen biederte sich der Chef des Fussball-Weltverbandes beim amerikanischen Präsidenten an. Und erzählte Lügen.
06.12.2025, 12:5606.12.2025, 12:56
Jan Schultz / watson.de

Wer kennt sie nicht, die speziell im Fussballkontext so oft geäusserte Forderung, Politik habe nichts im Sport zu suchen? Beides müsse strikt getrennt werden. Die Fifa selbst hat diesbezüglich sogar Regeln festgehalten: Mischt sich die Politik in den Zuständigkeitsbereich eines Verbands ein, drohen diesem harte Strafen.

Am Freitagabend hat die Fifa auf diesen Grundsatz wenig gegeben und sich in einer nie zuvor dagewesenen Art und Weise bei US-Präsident Donald Trump angebiedert.

Und das will schon etwas heissen, nachdem die vergangenen WM-Endrunden in Wladimir Putins Russland sowie in Katar ausgetragen wurden. Dort, zur Erinnerung, war 2022 eine Regenbogenbinde noch zu politisch, wurde letztlich verboten.

Fifa vergibt neuen Friedenspreis an Donald Trump

Am Freitag ging es nun nicht um ein kleines Stück Stoff am Arm, sondern um einen klobigen, neu geschaffenen Goldpokal: um den Fifa-Friedenspreis.

Grundsätzlich ist es eine schöne Idee, Handeln im Sinne des Friedens zu würdigen. Und tatsächlich wird das auch schon seit über 100 Jahren gemacht, dafür wird der Friedensnobelpreis vergeben.

Gianni Infantino ist trotzdem der Meinung, dass der Fussballweltverband dies selbst mit einer Trophäe würdigen müsse. Dass ihm diese Idee ausgerechnet zum Turnier in Nordamerika und zum Beginn von Trumps zweiter Amtszeit kam? Sein guter Kumpel, der kürzlich vergeblich vehement den Friedensnobelpreis für sich gefordert hatte? Natürlich nur Zufall.

Trump und Infantino, Screenshot: Instagram
Screenshot: Instagram

«War ein Akt der Kumpanei jemals so unverhohlen, so öffentlich?», fragte der deutsche TV-Kommentator Oliver Schmidt (ZDF) zu Beginn. Als das Schauspiel vorbei war, ordnete er treffend ein:

«Die Friedensbotschaft ist das eine – die ist richtig und wichtig. Dieser offene politische Schulterschluss auf dieser Bühne des Sports zwischen Infantino und Trump ist das andere.»

Infantino und die drei Lügen bei Trumps Auszeichnung

In den knapp zwölf Minuten dazwischen hat der Schweizer Fifa-Präsident viel gesagt. Er hat Trump Honig ums Maul geschmiert, ihm den Bauch gepinselt. Auf Social Media finden sich noch weitaus mehr Metaphern für die übermässigen Schmeicheleien, die Infantino an Trump verteilt hat.

Dabei war er voll auf Linie mit dem US-Präsidenten, griff dessen Inhalte auf. Was wiederum bedeutet, mit Halbwahrheiten, gefühlten Wahrheiten, Habe-ich-so-von-der-Freundin-eines-Nachbarn-Wahrheiten oder eben auch mal mit glatten Lügen um sich zu werfen. Am Freitag stachen dabei vor allem drei Passagen heraus.

So las Infantino aus einer Urkunde vor, dass Trump die Verleihung «in Anerkennung seiner aussergewöhnlichen Massnahmen, um Frieden und Einheit auf der ganzen Welt zu fördern», erhalte.

Fans müssen um Einreise zur WM bangen

Unabhängig davon, wie viele Kriege der US-Präsident nun wirklich beendet hat oder wie massgeblich sein Einfluss dabei war, wirft dieser Satz vor allem zwei Fragen auf. Wenn Trump so um Frieden bemüht ist, warum schickt er dann die Nationalgarde in friedlichen Städten auf die eigenen Bürger? Inwiefern steht er für Einheit, wenn er die Menschen so sehr spaltet, dass seine Anhänger seinetwegen das Kapitol stürmen?

Zumal sich Letzteres auch ganz konkret auf den Fussball übertragen lässt: Die pauschalen Einreiseverbote sollen auf 30 Nationen ausgeweitet werden, darunter mit Iran und Haiti mindestens zwei WM-Teilnehmer. Wie soll das Fans vereinen, wenn selbst Delegierte des iranischen Verbands vergebens um ein Visum kämpfen?

Während seiner Rede führte Infantino weiter aus, was Trump angeblich auszeichnet: «Das ist das, was wir von einem politischen Führer wollen – einer, dem die Menschen wichtig sind.»

Mit seiner anhaltenden Selbstinszenierung vermittelt der US-Präsident seit Jahren den Eindruck, dass ihm genau ein Mensch wirklich wichtig ist: er selbst. Aber die Menschen im Allgemeinen? Vielleicht auch nur seine Landsleute? Mit Ausschweifungen unterschiedlicher Art untergräbt er diese Behauptung nahezu täglich.

Journalistinnen beleidigt der 79-Jährige als «hässlich» oder «Schweinchen», Menschen aus Somalia nennt er «Müll» und in widerwärtigen KI-Videos entlädt er Fäkalien auf US-Bürgerinnen und US-Bürger. Trump ist vieles, aber ganz sicher kein Philanthrop.

Die Fifa repräsentiert schon lange nicht mehr die ganze Fussballwelt

In seiner Rede, anschliessend aber auch noch einmal auf Instagram, behauptete Infantino zudem in Richtung Trump: «Sie können jederzeit auf meine Unterstützung und die Unterstützung der gesamten Fussballgemeinschaft zählen, um Frieden und Wohlstand auf der ganzen Welt zu fördern.»

Kaum ein Fussballfan dürfte sich gegen Frieden stellen, einer bedingungslosen Unterstützung für Trump entspricht das aber trotzdem nicht. Das gilt auch unter den Profis. Die frühere US-Nationalspielerin Megan Rapinoe etwa legte sich öffentlich wiederholt mit Trump an, nannte ihn «sexistisch», «engstirnig» und «rassistisch».

Viele Fangruppen dürften ein ähnliches Bild vom US-Präsidenten haben, sich folglich kaum an seine Seite stellen. Ohnehin steckt in Infantinos Worten der Trugschluss, die Fifa würde die komplette Fussballwelt repräsentieren.

Auf dem Papier mag das der Fall sein, inhaltlich aber ist der Weltverband mit seinen Korruptionsskandalen, mit der Jagd nach immer grösseren Einnahmequellen und der Anbiederung an politische Führer schon seit Jahren von der Basis weggedriftet.

Auch andere Akteure des Sports sind mit dem Weg der Fifa längst nicht mehr einverstanden. Joachim Löw bewertete Pläne für eine weitere WM-Aufstockung als «völlig überzogen». Die Spielergewerkschaft FIFPro kritisierte nach Einführung der neuen Klub-WM die zu hohe Belastung für Profis.

Auf sämtlichen Ebenen gibt es Kritik an der Fifa. Infantino aber ist all dies egal, er geht trotzdem weiterhin seinen fragwürdigen Weg weiter. Der Auftritt in Washington war dafür nur ein weiterer Beweis.

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Die beliebtesten Kommentare
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Uglyman
06.12.2025 13:20registriert August 2018
Nehmt dem Infantino den Schweizerpass weg.
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banda69
06.12.2025 13:14registriert Januar 2020
Die FIFA hat die Ukraine mit 15'000 Franken Busse bestraft, weil die Fans während eines Spiels einen Banner mit dem Slogan "Russia is a Terrorist State" im Stadion gezeigt haben.

Und dem verurteilten, verlogenen Rechtspopulisten kriecht die FIFA in den Allerwertesten.
Muss man nicht verstehen.
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Thomas Melone
06.12.2025 13:23registriert Mai 2014
Eigentlich hätte jetzt auch mal Infantino eine Goldmedaille verdient.
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