Italien will zurück in die Vor-Maastricht-Ära: «Die spinnen, die Römer!»
Die Anti-Establishment-Bewegung Cinque Stelle und die rechtspopulistische Lega haben die Wahlen gewonnen. Dass sie die Regierung bilden wollen, ist ihr gutes Recht, und dank der gütigen Mithilfe des Polit-Zombies Silvio Berlusconi scheint es ihnen auch zu gelingen. Die Verhandlungen zwischen den beiden starken Männern der beiden Parteien, Luigi Di Maio (Cinque Stelle) und Matteo Salvini, befinden sich auf der Zielgeraden.
Die Eckpunkte des Regierungsprogramms sind durchgesickert. Die italienische «Huffington Post» hat sie bereits veröffentlicht.
Und das sind die wichtigsten Punkte:
- Italien will den Euro abschaffen und zurück in die Vor-Maastricht-Ära. In einem gemeinsamen Communiqué wenden sich die beiden Parteien gegen die vorherrschende Stellung des Marktes und fordern ein Umdenken: «Der leitende Gedanke lautet: Wir wollen ein Europa, in dem die einzelnen Staaten geleitet sind vom Geist des Friedens, der Brüderlichkeit, der Kooperation und der Solidarität.»
- Zu diesem Umdenken gehört, dass die Europäische Zentralbank (EZB) Italien Schulden in der Höhe von 250 Milliarden Euro erlässt. Mit einer Verschuldung von mehr als 130 Prozent des Bruttoinlandprodukts ist Italien hinter Griechenland heute schon das Land mit den grössten Schulden in Europa.
- Trotzdem soll die Verschuldung weiter zunehmen: Gemäss dem Willen der Cinque Stelle soll in Italien ein bedingungsloses Grundeinkommen eingeführt werden. Die Lega pocht derweil auf eine Flat Tax, auf einen einheitlichen Steuersatz in der Höhe von 15 Prozent.
Die Märkte haben auf diese Forderungen reagiert: An den Aktienbörsen fallen die Kurse, an den Obligationenmärkten steigen die Zinsen für italienische Staatsanleihen. «Die Barbaren sind nicht vor den Toren Roms, sie sind mitten in der Stadt», warnt derweil die «Financial Times».
Die beiden Parteien reagieren wütend auf diese Entwicklungen. Lega-Chef Salvini postete auf Facebook: «Man will uns mit den üblichen Erpressungen stoppen. Aber diesmal wird der Wechsel kommen mit mehr Arbeit und weniger Flüchtlingen, mehr Sicherheit und tieferen Steuern.»
Die Angst vor dem Markt ist berechtigt. Angesichts der immensen Staatsverschuldung sind steigende Zinsen bei den Staatsanleihen die Achillesferse Italiens. Sie haben seinerzeit auch Silvio Berlusconi in die Knie gezwungen.
Austritt aus dem Euro, Schuldenerlass durch die EZB, Grundeinkommen und Flat Tax – all dies hat wenig mit der Realität zu tun. Doch Italien ist nicht Griechenland. Es platt zu walzen wird nicht möglich sein. Nach Brexit, Spannungen mit den USA und populistischen Regierungen in den ehemaligen Ostblockländern hat die EU ein weiteres und kniffliges Problem am Hals.
Es gibt aber auch Grund zu Hoffnung. Italien hat seit dem Zweiten Weltkrieg mehr als 60 Regierungen überlebt. Gut möglich, dass auch die beiden Traumtänzer Di Maio und Salvini bald nicht mehr sein werden als eine kuriose Fussnote in der Geschichte Roms.
