Die Ukraine ist im Krieg, angegriffen von Russland. Genauer: Von den Truppen Putins. Der russische Präsident erinnert an einen Sektenführer. Alle Macht kumuliert sich auf seiner Person. Er sieht sich als modernen Zar und wähnt sich in einem gottähnlichen Status. Da ist der Wahn nicht weit.
Die Ukraine ist ein christliches Land. Die katholische Kirche und vor allem die orthodoxen Gemeinschaften bilden eine Mehrheit von rund 60 Prozent. Diese Gläubigen beten zu Gott, vermutlich flehen sie ihn seit dem Donnerstag förmlich an, sie zu schützen. Denn die Panzer fallen aus mehreren Richtungen in die Ukraine ein, selbst Kiew wird angegriffen.
Viele Gläubige – vor allem die Orthodoxen – werden in der Bibel lesen und Trost suchen. Das Buch hält denn auch Aussagen bereit, die Mut machen sollen oder können. Zum Beispiel:
«Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen.» (Psalm 23,1) «Denn er befiehlt seinen Engeln, dich zu behüten auf all deinen Wegen.» (Psalm 91,11) «Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis umhergehen, sondern wird das Licht des Lebens haben.» (Johannes 8,12) «Fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir; hab keine Angst, denn ich bin dein Gott.» (Jesaja 41,10)
Solche Bibelverse mögen Gläubigen Trost geben, solange die Bombenexplosionen noch nicht zu hören sind. Wer hingegen flüchten oder sich in Schutzräumen verbarrikadieren muss, wird zwar reflexartig beten, aber die Hoffnung auf konkrete Hilfe von Gott aufgeben – angesichts der tödlichen Bedrohung.
Die Bibel ist für Sonntagspredigten eine gute Quelle, doch die Realität zeigt, dass Gott gerade in existenziellen Notlagen durch Abwesenheit glänzt. Er lässt die Gläubigen, die auf seine versprochene Hilfe setzen, im Stich.
Zwar glauben besonders Fromme aus Freikirchen, Gott beschütze die Rechtgläubigen und greife konkret in die Welt ein, doch wenn es hart auf hart kommt, erweist sich das als Illusion.
Deshalb wäre es höchste Zeit, dass die Geistlichen den Gläubigen nicht weiter Sand in die Augen streuen und sich dazu bekennen: Gott verhält sich nicht so, wie die Bibel suggeriert. Der «Satan» hingegen wütet wie ein Berserker. Wie wir es momentan in der Ukraine erleben.
Helfen können wir Menschen nur uns selbst. Auf die Hilfe Gottes zu bauen, verhindert eher wirksames Handeln. Somit erweist sich der Glaube an einen handelnden Gott nicht als hilfreich, sondern eher als hinderlich.
Wie heisst es doch so schön: Nicht an den Worten sollt ihr sie messen, sondern «an ihren Taten erkennen!» (1. Johannes 2,1-6) Ein Spruch, der sich auch auf Putin anwenden lässt.