Ja, Sie haben schon richtig gelesen, da ist kein Tippfehler im Titel. Modal, mit d. Ich erspare Ihnen nun die Google-Suche oder das Ausgraben Ihrer Deutsch-Ordner von früher, wo Sie dann Ihre alten Aufsätze finden, in denen Sie sehr realistisch eingeschätzt haben, dass Sie mit 30 ein Haus, vier Kinder, einen Labrador namens «Columbo» und eine Traumkarriere haben werden und alles, was Sie nun mit 36 tatsächlich Ihr eigen nennen, ist ein Fahrrad und sogar das wurde Ihnen schon zweimal geklaut... Hani ghört.
Ups, abgeschweift. Also, Modalverben, meine Damen und Herren:
Können, sollen, mögen, müssen, wollen, dürfen.
Müssen, sollen, wollen bezeichnen gemäss dem allmächtigen Wikipedia Notwendigkeiten verschiedener Art und dürfen, können, mögen Möglichkeiten verschiedener Art.
Sodeli. Sind wir wieder auf dem Laufenden. Aber warum langweile ich Sie damit?
Ich bin mir bewusst, dass man mich im Laufe und nach diesem Text als Naivling wahrnehmen wird. Das ist in Ordnung. Trotzdem ist es mir wichtig, ihn zu schreiben.
Ich habe «Deutschland sucht den Superstar» nie geschaut, Daniel Küblböck ist mir jedoch trotzdem ein Begriff, nun auch die Tragödie um sein Verschwinden, respektive seinen wahrscheinlichen Tod. Ich habe nun schon bei unterschiedlichen Berichten darüber Kommentare im Sinne von «Dass er weg ist, macht ihn nicht weniger nervig» gelesen und auf Kritik wurde jeweils mit «meine Meinung» geantwortet.
Und es stimmt. Bis auf einige vom Gesetz untersagte Dinge dürfen wir alles sagen. «Dürfen» ist ein wunderbares Modalverb, die Meinungsfreiheit ein wunderbares Prinzip.
Meine Frage, und hier kommt der Teil, den viele wohl für naiv halten, lautet: Nur, weil man darf, muss man dann auch immer?
Falls es sich bei Küblböcks Verschwinden um einen durch Mobbing (mit-) verursachten Suizid handelt: Warum ist es wichtig, zu verkünden, dass «man ihn nervig/daneben/wasauchimmer» fand? Sogar, wenn er einfach nur über Bord gefallen ist – wieso ist das Statement der eigenen Gedanken zu einem solch tragischen Zeitpunkt dermassen dringend? Und: Selbst wenn man die Geschehnisse nicht als tragisch erachtet, warum kann man nicht einfach mal einen Moment still sein, weil es vielleicht andere tun?
Dies ist nur eines von vielen Beispielen. Diesen Text so zu schreiben, dass man mich richtig versteht, ist ziemlich schwierig, denn natürlich finde ich an und für sich auch, dass jeder seine Meinung frei äussern können sollte, grade in politischen und philosophischen Fragen – gleichzeitig finde ich, dass es mittlerweile extrem viele Fälle gibt, wo es in sehr unnötiger Weise getan wird, im Alltag, zu Fremden, überall. Und da haben wir die Krux: Natürlich entscheide nicht ich, welche Fälle nötig und welche unnötig sind. Ich sehe einfach immer wieder, dass Menschen im Rahmen der freien Meinungsäusserung mutwillig verletzt werden, ohne dass ein Nutzen dabei herausschaut. Sondern einfach nur, «WEIL MEINE MEINUNG!»
«Du bist hässlich», «Du bist dick», «Du bist dünn», «So ein Scheiss-Haarschnitt», «Zu viel Schminke», «Zu wenige Muskeln», «Zu wenig weiblich», «Zu wenig männlich»... Ist man verletzt, kommt «Sorry, MEINE MEINUNG».
Als ich schon einmal über dieses Thema schrieb, meinten einige, «JA ASO, ob man denn nun alle nur noch mit Samthandschuhen anfassen dürfe?» Nun, erstens ist es nicht mit Samthandschuhen angefasst, wenn man jemandem einfach mal nicht sagt, er sei hässlich, und zweitens, warum eigentlich nicht? Warum sind wir nicht einfach mal nett? Und «wenn wir nichts Nettes zu sagen haben, könnten wir doch einfach mal die Klappe halten», nein? Wer auch immer das mit der «kleinen Schwester von Scheisse» erfunden hat, ist mir ziemlich unsympathisch. Ich mag nette Menschen. Ich mag höfliche Menschen.
Ich weiss, rein theoretisch unterliegt meine treudoofe Argumentation dem einfachen Kredo: «Aber ich darf». Das ändert aber nichts daran, dass ichs mir anders wünschen würde. Kumbaya, Freunde.
Ich glaube, worauf ich hinaus will, ist dass ich mir einen sorgsameren Umgang mit der Meinungsfreiheit wünschen würde. Im zwischenmenschlichen Bereich. Das Vertrauen, dass man den Menschen Freiheit geben kann, und sie von sich aus sorgfältig damit umgehen. Und miteinander. Ich glaube, das nennt sich Respekt - und Respekt und freie Meinungsäusserung schliessen sich nicht aus.
Dieser Küblböck-Fall ist halt ein perfektes Exempel dafür, dass sich jemand (wahrscheinlich) wegen Mobbing das Leben genommen hat und es noch immer Leute gibt, denen ihr eigenes Gutdünken darüber zu äussern, wie sie ihn gefunden haben, wichtiger ist als ein Funken Respekt einem Menschenleben gegenüber. Mich macht das wütend.
Macht es einen wirklich zivilisierten Menschen nicht aus, dass er zwar alles sagen könnte, jedoch zum Wohle eben der Zivilisation, zu welcher er gehört, entscheidet, es nicht zu tun?
Und die Modal von der Geschicht’?
Dürfen tut man, müssen nicht.
Yonni Out.