Sag das doch deinen Freunden!
Die belgische Konsumentenschutz-Organisation Test-Achats zieht Apple vor Gericht. Die Klage, die am Handelsgericht in Brüssel eingereicht wurde, dreht sich um den Speicherplatz beim iPhone: Angeblich werden im Brüsseler Apple Store irreführende Angaben zur effektiven Speicherkapazität gemacht.
Im Visier der Konsumentenschützer sind die «Brutto»-Angaben zum Speicherplatz der iPhone-Modelle. Wenn auf der Verpackung 16 Gigabyte (GB) angegeben würden, stehe den Kunden effektiv viel weniger Platz für eigene Inhalte zur Verfügung.
Aktuelles Beispiel: das iPhone 6 Plus mit 16 GB Speicherplatz. Effektiv seien nur 10,3 GB für Fotos, Videos und andere Inhalte verfügbar, heisst es in der Medienmitteilung. Der Rest werde vom System beansprucht. Das seien fast 36 Prozent weniger Speicherplatz als angegeben.
Allerdings handelt es sich um ein gängiges Vorgehen, das von allen Smartphone-Herstellern praktiziert wird. Der Speicherplatz, den das Betriebssystem auf einem Gerät beansprucht, wird in der Produkte-Werbung und auch auf der Packung nicht genannt. Das gilt auch für die auf faire Produktionsbedingungen pochende Firma Fairphone.
Abweichungen zwischen 30 und 40 Prozent werden von den belgischen Konsumentenschützern, die sich seit Jahren mit der Problematik beschäftigen, als «normal» bezeichnet. Sehr krasse Beispiele seien:
Die Konsumentenschützer lassen verlauten, dass man Apple als Adressat der Klage ausgewählt habe, weil sich die iPhone-Modelle nur durch den Speicherplatz unterscheiden würden, alle anderen Features seien gleich (Anmerkung des Redaktors: Das ist bei den neueren iPhone-Modellen nicht korrekt, zum Beispiel unterscheiden sich das iPhone 6S und das 6S Plus bezüglich Kamera-Features).
Sobald ein Entscheid der Richter vorliegt, wollen sich die belgischen Konsumentenschützer andere Hersteller vorknöpfen.
Auf Anfrage widerspricht Monika Staubli von Microsoft Schweiz den Vorwürfen: «Wir verstecken da nichts.» Was die Lumia-Smartphones betreffe, werde offiziell kommuniziert, dass die System-Software einen Teil des internen Speichers beanspruche. Es werde auf der Microsoft-Website darauf hingewiesen.
Käufer müssen sich vor dem Smartphone-Kauf also selber über die Platzverhältnisse informieren.
Die Stellungnahme von Sony steht aus.
Update 11. Februar: Nun hat Sony Mobile reagiert und watson folgende in Englisch gehaltene Stellungnahme zukommen lassen:
Apple informiert auf der Firmen-Website, wie die angegebene Speicherkapazität unter OS X und iOS zu verstehen ist. In einem Support-Beitrag heisst es relativ vage, dass vorinstallierte Software einen Teil des Speicherplatzes belege. Genauere Angaben werden nicht gemacht.
Bleibt anzumerken, dass Apple den iPhone-Nutzern fünf Gigabyte iCloud-Speicher gratis zur Verfügung stellt. Dies sollte den von der System-Software verursachten Platzverlust ausgleichen. Auch andere Hersteller bieten den Kunden Speicherplatz auf ihren Servern an.
Wobei es natürlich einen grossen Unterschied macht, ob man jederzeit (auch ohne Internetverbindung) auf den internen Geräte-Speicher zugreifen kann, oder ob die Daten in einem Rechenzentren liegen.
Der effektive Speicherplatz von Smartphones lässt sich auf dieser Website (http://desmarquesvousmentent.be/) der belgischen Konsumentenschutzorganisation herausfinden. Der Name heisst auf Deutsch übersetzt «Die Marken, die Sie anlügen»...
Abrufbar sind alle Smartphone-Hersteller, von A wie Acer, bis X wie Xiaomi und Z wie ZTE. Natürlich sind auch alle grossen Player mit ihren Flaggschiffen präsent, von Apple über Microsoft bis Samsung.
Von den irreführenden Angaben dürften vor allem Smartphone-Käufer betroffen sein, die sich nicht mit technischen Details auskennen und sich auch gar nicht damit beschäftigen wollen – also die grosse Mehrheit. Das Problem akzentuiert sich bei Modellen mit 8 und 16 GB, weil da der Speicherplatz für User-Inhalte am schnellsten knapp wird.
Nachfolgend die Angaben zu den aktuelle(re)n iPhone-Modellen:
Was auffällt: Die Website ist grafisch ansprechend gemacht, so werden die Resultate mit munteren Animationen präsentiert. Hingegen fehlen Angaben zur getesteten System-Software. Das ist störend, denn es gibt beispielsweise bei den iOS-Versionen (iOS 7, 8, 9) beträchtliche Unterschiede, was den beanspruchten Platz betrifft.