Lufthansa-Chef: «E-Fuels sind das Schlimmste»
Lufthansa-Chef Carsten Spohr spricht sich deutlich gegen Pläne der Automobilindustrie aus, klimaneutrale Kraftstoffe künftig vermehrt im Strassenverkehr einzusetzen. «E-Fuels sind das Schlimmste», sagte er bei einer Pressekonferenz des europäischen Airlineverbands A4E. Bei einem E-Fuel in einem Auto verliere man 84 Prozent an Effizienz im Vergleich zu einem Elektrofahrzeug. «Und trotzdem wollen manche E-Fuels in Autos füllen», so Spohr.
Letztendlich sei es viel sinnvoller, nachhaltige Kraftstoffe in der Luftfahrt einzusetzen. Damit diene man dem Klimaschutz mehr. Im Strassenverkehr gebe es mehr alternative Antriebsarten als in der Luftfahrt. Die Debatte, in welchen Bereichen klimafreundliche Kraftstoffe genutzt werden sollten, sollte gross in der Öffentlichkeit diskutiert werden.
Der Lufthansa-Chef spricht aus, was Wissenschaftler seit Jahren predigen: Sie plädieren mehrheitlich dafür, knappe und teure E-Fuels auf diejenigen Anwendungen zu beschränken, die kaum elektrifizierbar sind: Langstreckenflüge, die Schifffahrt sowie energieintensive Industrien wie Stahl und Chemie.
Neue Benziner von BMW mit E-Fuel?
Anfang Woche wurde bekannt, dass BMW den Hochlauf der E-Fuel-Produktion in Deutschland forcieren will. Der Pressemitteilung zufolge will der Münchner Autohersteller ab 2028 «in ausgewählten Produktionsstandorten in Deutschland» neue Benzinfahrzeuge mit weitgehend klimaneutral hergestelltem, synthetischem Kraftstoff betanken.
BMW will demnach mit der German eFuel One GmbH kooperieren. Diese plant von 2028 an in Niedersachsen klimaneutralen Treibstoff zu produzieren. Der Kraftstoff wird in Deutschland bereits an einer Tankstelle bei Bremen unter der Bezeichnung Klimabenzin95 angeboten. Ein Liter kostet derzeit 2.29 Euro (2.13 Franken). Der E-Fuel-Hersteller spricht von einer «Reduktion der CO2-Neuemissionen bis zu 90 Prozent».
Auch Hersteller wie Porsche und Ferrari sehen E-Kraftstoffe als Möglichkeit, ihre Verbrennungsmotoren weiterhin zu verkaufen.
E-Fuel hat schlechte Energiebilanz
E-Fuels sind synthetische Kraftstoffe, mit denen Verbrennungsmotoren theoretisch klimaneutral betrieben werden können. Voraussetzung ist, dass sie mit Strom aus erneuerbaren Energien hergestellt werden. E-Fuels haben aber eine schlechte Energiebilanz und sind bislang sehr teuer. Wissenschaftliche Studien haben in den letzten Jahren wiederholt gezeigt, dass E-Autos die weit bessere Klimabilanz als Benzinautos mit E-Fuels haben. Dies ist vorwiegend auf Verluste in der E-Fuel-Herstellung und den ineffizienten Verbrennungsmotor zurückzuführen. Die folgende Grafik verdeutlicht die Ineffizienz der E-Fuels.
Effizienzvergleich von E-Auto (BEV), Wasserstoffantrieb und Verbrennungsmotor mit E-Fuel
Die schlechte Energiebilanz von E-Fules liegt daran, dass die synthetischen Treibstoffe das Ergebnis eines mehrfachen Umwandlungsprozesses sind: Zunächst wird dabei mithilfe von Elektrizität Wasserstoff erzeugt. Dieser Wasserstoff wird dann in einem weiteren Arbeitsgang in synthetisches Benzin oder synthetischen Diesel verwandelt – und diese Treibstoffe werden dann am Ende in einem klassischen Verbrennungsmotor in Vortrieb umgewandelt.
Bei jedem dieser Schritte entstehen Verluste, sodass bei der Verwendung von E-Fuels nur noch 10 bis 15 Prozent der aufgewendeten Energie für die Fortbewegung genutzt werden können. Der Rest verschwindet im Prozess. Würde man den Strom direkt in einem E-Auto verfahren, statt ihn in die Produktion von E-Fuels zu stecken, so würde man etwa fünfmal so viele Kilometer schaffen.
Daher ist die Nutzung synthetischer Treibstoffe für Personenwagen umstritten, zumal neue Elektroautos mit immer leistungsfähigeren Akkus über immer grössere Reichweiten und höhere Ladeleistungen verfügen. Dies führt dazu, dass die Vorteile von E-Fuels laufend geringer werden. Beispielsweise liesse sich mit E-Fuels das bestehende Tankstellennetz weiter nutzen. Mit dem raschen Ausbau des öffentlichen E-Ladenetzes in Europa schwindet dieser Vorteil von Jahr zu Jahr.
Autoindustrie ist bei E-Fuels uneins
Für den Einsatz von E-Fuels in Personenwagen werben vor allem Mineralölkonzerne und Interessenverbände der Tankstellen, die ein grosses Interesse an der Erhaltung des Verbrennungsmotors und der bestehenden Infrastruktur haben.
Einige, aber längst nicht alle Vertreter der Autoindustrie pochen ebenfalls darauf, dass klimafreundliche Kraftstoffe künftig eine stärkere Rolle im Strassenverkehr spielen als bisher geplant. Sie wollen damit Neuwagen mit Verbrennungsmotor auch nach 2035 in der EU verkaufen dürfen. Diese Haltung vertreten Autohersteller, die nebst E-Autos auch in die Entwicklung von E-Fuels investiert haben. Andere Hersteller wollen einen möglichst schnellen Übergang zu batterieelektrischen Autos, da sie ganz auf diese Karte gesetzt haben.
(oli/sda/awp/dpa/t-online)