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Geheimgespräche: Wie Apple angeblich bei Facebook mitverdienen wollte

FILE - This combo of file photos shows the Apple and Facebook logos. Facebook is again pushing back on new Apple privacy rules for its mobile devices, this time saying the social media giant is standi ...
«Wall Street Journal»-Bericht: Apple wollte einen Anteil an Facebooks Einnahmen.
Bild: keystone

Apple wollte wohl bei Facebook mitverdienen – Zuckerberg lehnte ab und nun tobt der Krieg

Jahre bevor Apple Facebooks Werbegeschäft torpedierte, forderte es offenbar eine Beteiligung an den Werbeumsätzen. Die Techgiganten sollen auch über ein Facebook-Abo verhandelt haben, an dem Apple mitverdient hätte.
15.08.2022, 15:5215.08.2022, 19:15
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Ein Bericht des «Wall Street Journal» wirft ein neues Licht auf das mehr als angespannte Verhältnis zwischen Apple und Facebook, das sich inzwischen in Meta umbenannt hat. Demnach soll Apple schon vor Jahren versucht haben, von Facebooks Werbegeschäft auf iOS zu profitieren.

«Die beiden Tech-Giganten besprachen Arrangements zur Aufteilung der Einnahmen, einschliesslich einer möglichen werbefreien Abonnement-Version von Facebook.»
«Wall Street Journal»

Konkret wollte Apple laut WSJ einen Anspruch auf einen Teil der Facebook-Umsätze aus beworbenen Beiträgen durchsetzen. Gemeint sind Beiträge, für die Unternehmen zahlen, damit ihre Postings und Videos auf Facebook mehr Reichweite erhalten, sprich von mehr Menschen gesehen werden.

Laut WSJ gab es deswegen zwischen 2016 und 2018 Gespräche zwischen den beiden Techkonzernen. Während Facebook die Auffassung vertrat, dass bezahlte Beiträge als Werbung einzustufen sind, wollte Apple beworbene Postings als In-App-Käufe betrachtet wissen. Dies hätte es Apple ermöglicht – wie bei In-App-Käufen –, einen Anteil von bis zu 30 Prozent des Umsatzes für sich zu behalten.

Allem Anschein nach biss Apple bei Facebook mit dieser Argumentation auf Granit und ging leer aus. Denn anders als bei Bezahl-Apps und Abo-Modellen kann Apple bei Facebooks Werbegeschäft nicht mitverdienen.

Apple wollte angeblich bei Facebook-Abo mitverdienen

Apple soll Facebook auch ein Abo-Modell für Facebook vorgeschlagen haben. Das Ziel: «Gemeinsame Geschäftsmodelle aufbauen.» So sei eine werbefreie Aboversion von Facebook diskutiert worden. Da Apple einen beträchtlichen Teil der Abo-Einnahmen für Apps in seinem App-Store für sich behält, hätte dies laut WSJ «erhebliche Einnahmen» generieren können. Die beiden Unternehmen konnten sich aber nicht auf das Abo-Modell verständigen – mutmasslich gab es keine Einigung, wer welchen Anteil erhält.

Beide Unternehmen äusserten sich auf Anfrage des WSJ nicht konkret zu den angeblichen Verhandlungen.

Zuckerbergs fataler Fehler

2018 soll die Facebook-Führung zudem erwogen haben, das Sammeln von Daten Dritter zu stoppen, aber CEO Mark Zuckerberg «entschied sich stattdessen dafür, den Grossteil seiner Datenerhebungspraktiken beizubehalten», berichtet das WSJ. Zuckerberg wollte sein Werbegeschäft nicht beeinträchtigen.

Im Nachhinein eine vielleicht fatale Entscheidung. Apple hat seine Strategie in den letzten Jahren umgekrempelt und greift Facebooks Geschäftsmodell frontal an. App-Anbieter wie Facebook müssen iOS-User seit vergangenem Jahr fragen, ob sie zu Werbezwecken ihr Verhalten quer über verschiedene Apps tracken dürfen. Dem «Wall Street Journal» zufolge stimmen nur 37 Prozent der User zu. Parallel baut Apple sein eigenes Werbenetzwerk für seinen App Store aus. App- und Spiele-Anbieter schalten dort Werbung, um Downloads zu generieren.

Da Facebook weniger Daten erhält, kann es seine Werbekunden weniger genau über die Erfolgsquote der geschalteten Anzeigen informieren. Diese wandern zu Apple ab, das angeblich bessere Daten liefert. Facebook sollen daher allein in diesem Jahr rund zehn Milliarden Dollar entgehen.

Apple will bei allen mitverdienen

Apple versucht auch bei anderen App-Entwicklern mitzuverdienen: Matt Mullenweg, CEO der Tumblr-Eigentümerin Automattic, schreibt auf Twitter, Apple habe die kürzlich eingeführte Funktion der beworbenen Beiträge («boosted post») von Tumblr abgelehnt, bis man sie als In-App-Käufe angeboten habe. Apple verdient also nun bei Tumblr mit, wenn Unternehmen bezahlte Postings schalten.

Während Facebook sich weigerte, Werbeeinnahmen abzutreten, lenken kleinere App-Anbieter notgedrungen ein. Dass App-Entwickler Konflikte mit Apple öffentlich machen, war aber jahrelang kaum zu sehen. Zu gross war die Furcht vor Repressalien, da Apple den einzigen App-Store auf iOS kontrolliert. Auch Mullenweg ist sich bewusst, dass Apple auf die öffentliche Kritik mit Liebesentzug reagieren könnte, also beispielsweise künftige App-Updates nur verzögert im App Store freischalten könnte.

«Einlenken oder zugrunde gehen»

Zuletzt gab es immer wieder Klagen von kleineren App-Entwicklern, die sagen, sie seien von Apple gezwungen worden, ein Abo-Modell als In-App-Kauf einzuführen, damit Apple an ihrem Umsatz mitverdienen kann. Betroffen sind auch Schweizer Unternehmen. Vor genau einem Jahr schrieb die NZZ: «Apple stellt den E-Mail-Anbieter Protonmail vor die Wahl: Entweder er führt eine Bezahlversion seiner iOS-App ein, oder er wird aus dem App-Store ausgeschlossen. Für Proton bedeutet das: einlenken oder zugrunde gehen.»

Apple lehnte die Darstellung der Schweizer Firma Proton ab, wonach kleine Firmen sich den Regeln von Apple anpassen müssen, um nicht zugrunde zu gehen. Die App-Store-Nutzung sei freiwillig. Proton entgegnete: «Es gibt heute keine Digitalfirma, die ohne iOS-App überlebt.»

Erst seit rund zwei Jahren werden einige App-Entwickler mutiger und begehren öffentlich gegen Apple auf. Dies insbesondere, seit Epic Games Apple und Google wegen mutmasslich monopolistischen App-Store-Praktiken verklagt hat und die Wettbewerbshüter in Europa, den USA und Asien die Techkonzerne unter die Lupe nehmen.

(oli)

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9 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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ingmarbergman
15.08.2022 19:06registriert August 2017
Wieder einmal dürfen wir in der Schweiz froh sein, dass die EU gegen die Tech-Konzerne vorgeht.
In der Schweiz haben die Politiker ja keine Eier. Lieber für ein paar Superreiche Politik machen, statt für kleine Firmen und normale Konsumenten.
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