Mit der Switch, ein Mix aus Handheld, Tablet und Heimkonsole, hat Nintendo vor zweieinhalb Jahren ins Schwarze getroffen. Die Hybrid-Konsole verkaufte sich bislang rund 42 Millionen Mal. Zum Start schrieb ich damals, dass die Switch «die innovativste Spielkonsole ist, die ich je getestet habe». Das würde ich auch heute noch unterschreiben, mehr Spass hatte ich seit vielen Jahren nicht mit einer Spielkonsole. Das liegt nicht primär an der Hardware, sondern an der vielfältigen und qualitativ überzeugenden Spielauswahl.
Ende September hat Nintendo mit der Switch Lite nachgelegt. Dabei handelt es sich um ein kompakteres Modell der Hit-Konsole, das ausschliesslich den Handheld-Modus unterstützt. Auf der Switch Lite laufen alle Switch-Spiele, die den Handheld-Modus unterstützen. Umgekehrt heisst dies: Wer zusätzlich auf dem Fernseher zocken möchte, braucht zwingend die «normale» Switch.
Ich konnte die Switch Lite in den letzten Wochen ausführlich testen. Hier kommen die wichtigsten Erkenntnisse.
Zum Start von «Pokémon Schwert und Schild» am 15. November gibt es zudem eine limitierte Version im Design der Pokémon Zacian und Zamazenta (hellgrau). Im Handel bewegen sich die Preise zwischen 220 und 270 Franken. Die bisherige, grössere Switch mit zusätzlichem TV-Modus gibt es ab 300 Franken.
Anders als die Original-Switch ist das Lite-Modell quasi der Game Boy des Jahres 2019. Natürlich könnte man dies auch von der normalen Switch sagen, aber die Lite-Version ist deutlich leichter und kompakter, sprich mobiler.
Bei der neuen Switch Lite lassen sich die kleinen Controller (Joy Cons) nicht mehr vom Tablet lösen und das Lite-Modell lässt sich auch nicht ins TV-Dock der Original-Switch stecken. Auch auf die IR-Bewegungskamera und HD-Vibration muss man verzichten. Damit ist auch schon gesagt, dass die rein mobil nutzbare Switch keine vollwertige Alternative zur bisherigen Switch ist.
Die Abmessungen:
Bereits die Original-Switch ist – zumindest für Erwachsene – leicht genug, um länger damit zu spielen. Als Konsole für unterwegs ist sie aber für viele schlicht zu gross und klobig. Ich habe sie in den letzten zweieinhalb Jahren nicht zuletzt deswegen zu 99 Prozent als stationäre Heimkonsole am TV benutzt. Dieses Manko hat Nintendo mit der Switch Lite ausgemerzt. Die kleinere Lite-Version ist zu 100 Prozent ein Handheld, der auch von Kindern über längere Zeit gehalten werden kann.
Für Kinderhände – und Kinder sind zweifellos die angepeilte Zielgruppe – ist die geschrumpfte Switch also ideal. Für grössere Hände könnte der Handheld aber fast zu klein sein. Mir zumindest verkrampfen regelmässig die Hände, auch weil der rechte Analogstick genauso ungünstig platziert ist wie bei der grossen Switch.
So kann man Blockbuster-Games à la «The Witcher 3», «Super Mario Odyssey» oder «Zelda: Breath of the Wild» mit der gewohnten Switch-Grafik auf einem reinrassigen Handheld zocken. Auch wenn ich persönlich überhaupt kein Handheld-Fan bin muss ich sagen: Das hat schon was!
Klar, die Spiele sind teils massiv teurer als typische Mobile-Games, dafür ist die Qualität und das Spielgefühl auf der Lite auch um Welten besser. Bestes Beispiel dafür ist «Mario Kart 8» auf der Switch Lite vs. «Mario Kart Tour» für Smartphones. Während man auf der Nintendo-Konsole einmalig rund 60 Franken für «Mario Kart» bezahlt, es es für Handys «gratis». Die Smartphone-Version ist aber um Welten schlechter und der Spieler wird ständig zu In-App-Käufen verlockt. Die Switch-Version ist in jeder Hinsicht das bessere Spiel.
Die Unterschiede sind nicht gross und fallen eigentlich nur im direkten Vergleich auf. Ob man kühlere oder wärme Farben mag, ist Geschmacksache. Was für die Switch gilt, gilt für das kleinere Lite-Display umso mehr: Das Bild wirkt trotz bescheidener 720p-Auflösung scharf.
Das LCD-Display ist eigentlich ausreichend hell, bei direkter Sonneneinstrahlung spiegelt es aber stark.
Die allermeisten Switch-Games haben einen TV- und Handheld-Modus. Es gibt allerdings ein paar prominente Ausnahmen wie beispielsweise das Tanz-Spiel «Just Dance» oder Nintendos Party-Kracher «Super Mario Party». Solche Bewegungs-Spiele gehören auf den grossen TV-Bildschirm und benötigen die Joy-Cons, sprich die abnehmbaren Controller, welche herumgeschwungen werden müssen. Das ist mit der Switch Lite nicht möglich.
Ob ein Spiel den Handheld-Modus anbietet, sieht man auf der Verpackung und im eShop. Versucht man etwa, auf der Switch Lite «Super Mario Party» zu kaufen, erscheint eine Warnung.
Verbindet man die separat erhältlichen Joy-Con-Controller der normalen Switch mit der Switch Lite, kann man theoretisch jedes Game spielen. Die Switch Lite wird so quasi zum Mini-TV auf dem Tisch. Mit dem geschrumpften Display und ohne den Stützständer der normalen Switch macht das aber wenig Sinn.
Nintendo hat nicht nur die Konsole und das Display geschrumpft, sondern auch den Akku (was Gewicht spart). Da der neue Prozessor offenbar etwas stromsparender arbeitet, hält der Akku trotzdem mindestens so lange, eher länger, als bei der Original-Switch. Nintendo gibt die Akkulaufzeit bei der Switch Lite mit mit drei bis sieben Stunden an, realistisch sind vier. Im Alltag hängt es stark vom Spiel und der gewählten Displayhelligkeit ab. Zum Vergleich: Bei der Original-Switch hält der Akku etwa 2,5 bis maximal fünf Stunden. Nintendo verkauft nun aber seit August 2019 eine überarbeitete Version der normalen Switch mit deutlich besserer Akkulaufzeit (4,5 bis 9 Stunden). Die revidierte Switch hat also mehr Ausdauer als die neue Switch Lite.
Für die portable Switch Lite machen Speicherkarten natürlich Sinn. Alternativ kann man Spiele wie gewohnt aus dem Nintendo eShop herunterladen. Games, die man für die normale Switch gekauft/heruntergeladen hat, laufen auch auf der Switch Lite, allerdings kann man sie immer nur auf einer Konsole gleichzeitig spielen (dazu später noch mehr).
Die Switch Lite hat lediglich 32 GB internen Speicherplatz. Das reicht (wie bei der Switch) natürlich nirgends hin, wenn man häufig Spiele herunterlädt. Am besten kauft man sich also gleich eine grosse MicroSD-Karte dazu, zumal die Preise in den letzten Jahren stark gesunken sind.
Benutzt man zwei Switch-Konsolen mit dem gleichen Nintendo-Account, lassen sich Games in der Regel nur auf einem Gerät gleichzeitig spielen. Deshalb die Online-Prüfung, ob die Software verwendet werden darf (allerdings gibt oder gab es einen Trick, wie man das gleiche eShop-Spiel auf beiden Konsolen starten kann).
Da sich die Zweitkonsole beim Spielstart kurz mit dem Internet verbinden muss, ist es sinnvoll, jene Konsole zum Hauptgerät zu machen, die man öfter unterwegs nutzt. Die Hauptkonsole kann heruntergeladene Spiele auch ohne Internet starten. Nutzt man also die Switch ohnehin nur zuhause und die Switch Lite unterwegs, bietet es sich an, die Lite als Hauptkonsole festzulegen. Ist die Switch Lite die neue Hauptkonsole, kann man überall und jederzeit ohne Internetverbindung spielen. Allerdings wird die normale Switch so zur Zweitkonsole, die nun bei jedem Spielstart prüft, ob die Spiele ausgeführt werden können. So lange die Switch zuhause ständig mit dem WLAN verbunden ist, ergeben sich dadurch keine Probleme.
Bei Spielen auf Speicherkarten hat man dieses Problem mit Haupt- und Zweitkonsole natürlich nicht.
Was eigentlich ganz praktisch klingt, ist in der Praxis alles andere als benutzerfreundlich. Eigentlich würde man erwarten, dass die Spielstände automatisch zwischen zwei Konsolen synchronisiert werden. Aber warum einfach, wenn's auch kompliziert geht. Online-Spielstände werden keineswegs automatisch synchronisiert. Sie werden zwar automatisch in der Cloud gespeichert, müssen aber auf der anderen Konsole für jedes Spiel manuell heruntergeladen werden.
Man zahlt also für die Online-Synchronisation und muss Speicherstände trotzdem quasi von Hand zwischen den Switch-Konsolen hin- und herschieben.
Für die Offline-Synchronisation von Speicherständen muss man die beiden Geräte nahe nebeneinander legen und in den Systemeinstellungen beider Geräte die Option «Nutzerdaten übertragen» auswählen. Dabei werden die Speicherstände nicht kopiert, sondern verschoben. Man muss sie also immer erst auf die Konsole verschieben, mit der man gerade spielen möchte.
Switch und Switch Lite können mit dem gleichen Ladegerät geladen werden. Die Lite kann man allerdings nicht im TV-Dock der Switch laden. Alternativ lassen sich beide Konsolen mit einem beliebigen USB-C-Kabel aufladen. Wer also zum Beispiel ein neueres Android-Smartphone hat, kann die Switch Lite auch darüber laden.
Switch oder Switch Lite? Die Entscheidung fällt leicht: Wer ausschliesslich unterwegs spielen möchte, greift zur Lite, alle anderen zur Switch. Die kleine Switch ist durch und durch als Handheld konzipiert und bietet konsequenterweise auch keinen TV-Modus. Dafür gibt es die Switch.
Positiv lässt sich sagen: Nintendo hat die Zeit genutzt und der Switch Lite den Feinschliff verpasst, den die Swich noch vermissen liess: Klar, das Gerät ist noch immer aus Plastik, aber die Haptik ist besser, die Lite fühlt sich wertiger an und insbesondere die Schultertasten sind spürbar besser. Grösse und Gewicht sind nun ideal, um sie unterwegs zu nutzen. Das etwas kleinere Display fällt (zumindest mir) kaum auf, das geringe Gewicht sehr wohl. Eine längere Akkulaufzeit wäre bei einem Handheld wünschenswert, aber Nintendo hat sich entschieden, das Gewicht möglichst stark zu reduzieren (und ein grösser Akku wäre nun mal schwerer).
Fakt ist auch: Man merkt es der Konsole teils an, dass Nintendo versucht hat, die Kosten und somit den Verkaufspreis möglichst tief zu halten. Das LCD-Display und der Prozessor sind nicht auf dem letzten Stand der Technik. Bei einem Handheld, der sich primär an die ganz junge Zielgruppe richtet, ist dies eine logische Entscheidung. Eltern würden einen teuren Handheld kaum kaufen, insbesondere im Ausland nicht. In den USA etwa hat Nintendo den Preis auf 199 Dollar angesetzt, um die Switch als Weihnachtsgeschenk zu positionieren. Entscheidend für den Erfolg der Lite wird nicht die Technik sein, sondern der Preis und die Spielauswahl.
Zumindest bei den Spielen muss man sich keine Sorgen machen. Startete die Switch mit gerade mal 18 Games, ist der eShop heute prall gefüllt. Die Auswahl an qualitativ hochwertigen Exklusiv-Games, die man auf der Switch Lite ähnlich wie auf einer Heimkonsole spielen kann, machen den Reiz des Handhelds aus. Abgerundet wird das Angebot durch Hunderte oder Tausende Indiegames sowie Portierungen bekannter PC- und Konsolengames, die den Weg auf die Switch bzw. Switch Lite finden.
Abzüge in der B-Note gibt es für den unnötig komplizierten Murks mit der Synchronisation der Spielstände, wenn man Switch und Switch Lite parallel nutzen möchte. Hat man eh nur eine Switch (Lite), kann man dieses Manko natürlich ignorieren.
Für die ca. 80 Fr. mehr bekommt man auch gleich 2 Joycons, mit denen man auch rudimentär zu zweit loslegen oder Spiele mit Bewegungssteuerung spielen kann. Wer die anfälligen Sticks nicht zerstören will, sollte es sowieso nicht ohne Hülle in der Hosentasche rumtragen.