Digital
Schweiz

Politik: Downloaden bleibt in der Schweiz weiterhin legal – beim Upload ist Vorsicht geboten

Bundesrat will Internet-Piraten bekämpfen – Downloaden bleibt straffrei

Die Schweizer Justizministerin hat über die geplante Revision des Urheberrechtsgesetzes informiert.
22.11.2017, 14:4322.11.2017, 17:03
Mehr «Digital»

Das Wichtigste in Kürze: Der Bundesrat will konsequenter gegen illegale Gratisangebote im Internet vorgehen. Nach Kritik in der Vernehmlassung schwächt er das neue Urheberrecht jedoch ab. Eine Netzsperre für ausländische Plattformen soll es nicht geben.

Nach jahrelangen Vorarbeiten nimmt der Bundesrat einen neuen Anlauf zur Modernisierung des Urheberrechts. Am Mittwoch hat er einen Gesetzesentwurf verabschiedet. Dieser basiert auf einem Kompromiss, auf den sich eine Arbeitsgruppe letzten März geeinigt hatte. Darin waren Kulturschaffende, Produzenten, Nutzer und Konsumenten vertreten.

Ziel der Revision sei es, die Interessen von Kulturschaffenden besser zu schützen, ohne die Internetnutzer zu kriminalisieren. Die Kulturschaffenden hätten Anspruch darauf, dass sie für ihre Leistung entschädigt würden, argumentiert der Bundesrat.

«Auf zahlreichen Internetseiten werden heute Filme, Musikstücke, Videogames und Bücher illegal angeboten. Illegale Angebote stellen für die Kulturschaffenden und Produzenten nicht nur ein ökonomisches Problem dar. Eine unerlaubte Verwendung von Inhalten verletzt auch die Rechte verschiedener Beteiligter. Wird dieser Missbrauch verringert, profitieren alle. Die Pirateriebekämpfung ist daher ein zentrales Anliegen der Revision des Urheberrechtsgesetzes.»
Aus der Medienmitteilung des Bundesrates zur Revision des Urheberrechtsquelle: admin.ch

Obwohl dieses Ziel unbestritten ist, gingen die Vorstellungen über den einzuschlagenden Weg stark auseinander. Das belegen auch die 1224 Vernehmlassungsantworten. Die Arbeitsgruppe ging deshalb nochmals über die Bücher, um einen Kompromiss zu finden.

Stay-down-Pflicht für schwarze Schafe

Herzstück der Vorlage ist die Pirateriebekämpfung. Diese soll bei den Schweizer Hosting Providern – also den Anbietern von Inhalten – erfolgen. Wer illegale Angebote zum persönlichen Gebrauch konsumiert, soll auch weiterhin nicht belangt werden.

Zwar hält der Bundesrat im Grundsatz an der Selbstregulierung der Branche fest. Heute entfernen Provider auf Meldung hin in der Regel Inhalte von ihren Servern, wenn diese Urheberrechte verletzen. Einen Riegel schieben will der Bundesrat aber denjenigen Anbietern, die es zulassen, dass illegale Angebote umgehend wieder hochgeladen werden.

«Sie spielen ein Katz-und-Maus-Spiel mit uns», sagte Sommaruga. Ihr Geschäftsmodell beruhe auf der Verletzung der Urheberrechte. Um wie viele Anbieter es geht, wollte Sommaruga nicht sagen. In diesen Fällen sieht der Bundesrat eine so genannte «Stay-down»-Pflicht vor.

Konkret müssen diese Provider dafür sorgen, dass einmal beseitige Urheberrechtsverletzungen auch beseitigt bleiben. Andernfalls können sie strafrechtlich verfolgt werden.

Im Gesetz ist ausdrücklich festgehalten, dass die Datenbearbeitung dabei zulässig ist. Ein Musiker kann etwa die IP-Adresse speichern, über die sein Lied angeboten wird. Wenn er einen Strafantrag stellt, darf er diese Daten dann der Staatsanwaltschaft übergeben.

Nach Ansicht des Bundesrates schafft dies Rechtssicherheit. Bislang war die Zulässigkeit solcher Aufzeichnungen umstritten.

Ausländische Anbieter nicht betroffen

Keine Handhabe bietet das Gesetz gegen ausländische Provider. Sommaruga erklärte dazu, die Schweiz könne anderen Staaten nicht ihre Gesetzgebung aufs Auge drücken. Weil die Problematik sich in allen Staaten gleichermassen stelle, gehe der Bundesrat davon aus, dass auch andere Länder aktiv würden.

Eine Möglichkeit, ausländische Betreiber ins Visier zu nehmen, wären Netzsperren gewesen. Nach Kritik in der Vernehmlassung sieht der Bundesrat aber davon ab. Eine Mehrheit sieht darin eine Gefahr für die Informationsfreiheit, wenn auf Anweisung von Behörden der Zugang zu bestimmten Seiten gesperrt wird.

Auch der Versand von Warnhinweisen bei schwerwiegenden Urheberrechtsverletzungen über Peer-to-Peer-Netzwerke, etwa Tauschbörsen, ist nicht Teil des Gesetzesentwurfes.

Keine Bibliothek-Gebühr

Mit einer Reihe von Massnahmen passt der Bundesrat das Urheberrecht an die heutige Zeit an. Schweizer Kulturschaffende sollen bei Video-on-Demand einen gesetzlichen Vergütungsanspruch erhalten. Auch sieht der Gesetzesentwurf eine Verlängerung der Schutzdauer für die Rechte ausübender Künstler von 50 auf 70 Jahre vor.

Zurückgekrebst ist der Bundesrat dagegen bei der Idee von Lizenzgebühren auf kostenlosen Ausleihen, die Autoren zugekommen wären. Bibliotheken fürchteten einen grossen finanziellen und administrativen Mehraufwand. Dieser wäre unter Umständen an die Konsumenten weitergegeben worden.

Geht es nach dem Bundesrat sollen Bibliotheken, Museen und Archive ihre öffentlichen Bestände erleichtert nutzen und der Öffentlichkeit präsentieren können. Die Nutzung verwaister Werke soll zudem unter Umständen erlaubt werden.

Erleichterungen sieht der Bundesrat schliesslich für die Forschung vor. Um den Forschungsstandort Schweiz zu stärken, sollen Urheber automatisch erstellte Kopien von Texten und Bildern nicht mehr verbieten können, wenn diese für wissenschaftliche Forschung benutzt werden.

Alle Fotografien geschützt

Eine weitere Neuerung betrifft den Schutz für Fotografien, der umfassend erweitert wird. Das Urheberrecht schützt heute Fotografien nur dann, wenn es sich um Kunstwerke handelt. Viele Hobbyfotografen können sich daher nur schwer gegen eine ungefragte Übernahme ihrer Bilder wehren.

Das neue Gesetz sieht vor, dass alle Fotos geschützt werden, also auch Familien- und Urlaubsfotos. Für Internetnutzer bedeute dies, dass sie ihre Fotos auf sozialen Netzwerken wie Facebook weiterhin teilen könnten, heisst es in der Botschaft. Es werde aber nicht mehr möglich sein, fremde Bilder ohne Einwilligung Dritter hochzuladen.

(dsc/sda)

Beifang: Auch Väter kennen das Internet – und rächen sich für den Prank der Tochter

Video: watson
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
18 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
offspring
22.11.2017 15:13registriert Oktober 2015
Hier wird auf Netzsperren verzichtet, aber bei den Onlinepokeranbietern werden selbige angewandt. Spannende Differenzierung, kommt dies ev. von unterschiedlich gutem Lobbying?
1139
Melden
Zum Kommentar
avatar
azoui
22.11.2017 16:23registriert Oktober 2015
Ich bin auch dafür, dass Kulturschafende besser entlöhnt werden. Wenn ich aber die Preise von Taschenbüchern, in Relation zu eBook und Hörbüchern stelle, so lässt das nur einen Schluss zu, beim Kauf eines eBooks quersubventioniere ich die Print und Audio Medien.
Bei Musik Download sollen die Anbieter entlich mal eine Zusatzleistung erbringen, Möglichkeit von FLAC als Audio Format, Bookets, Inlays, Texte, etc. Diese Daten sind nähmlich bereits da und kosten lediglich etwas Datenspeicher.
522
Melden
Zum Kommentar
avatar
Madison Pierce
22.11.2017 15:14registriert September 2015
Was in diesem Zusammenhang interessant wäre: Wie sieht es mit der Beweisführung aus bei P2P-Uploads? Macht da jemand einen Screenshot der IPs, die der Tracker zurückliefert und geht damit zur Staatsanwaltschaft? Die holen dann die Benutzerdaten vom Provider. Und dann? Hausdurchsuchung?

Gab es da jemals Verurteilungen oder läuft die Abschreckung über böse Briefe vom Provider?
434
Melden
Zum Kommentar
18
Nur 9 Monate im Amt: UBS-Boss Ermotti streicht Monster-Bonus für 2023 ein
UBS-Chef Sergio Ermotti hat mit seiner Rückkehr zur Grossbank ordentlich mehr Lohn kassiert. Für neun Monate 2023 verdiente er 14,4 Millionen Franken.

Für UBS-Chef Sergio Ermotti hat sich die Rückkehr zur Grossbank auch mit Blick auf den Gehaltscheck gelohnt. Überhaupt verdienten die Top-Kader und Verwaltungsräte der UBS deutlich mehr.

Zur Story