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EU geht hart gegen Tech-Giganten wie Amazon, Meta und Google vor

Tech-Bosse von Meta, Amazon, Google, Tesla und Apple an Trumps Amtseinführung.
Tech-Bosse von Meta, Amazon, Google, Tesla und Apple an Trumps Amtseinführung. Bild: keystone
Analyse

Knickt die EU vor Trump und den Tech-Milliardären ein?

Grosse US-Techkonzerne drängen Trump, sie vor laufenden EU-Ermittlungen zu schützen. Gibt die Europäische Union nun ihre harte Linie gegen Elon Musk und die anderen Tech-Oligarchen auf?
21.01.2025, 19:5622.01.2025, 01:24
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Die EU geht mit harten Bandagen gegen Tech-Giganten vor, die sich nicht an die Spielregeln in Europa halten. Sie brummte in den vergangenen Jahren Apple, Google und dem Facebook-Konzern Meta Milliardenstrafen auf, da diese ihre Marktmacht missbrauchten und mutmasslich weiterhin gegen EU-Gesetze verstossen. Im März 2024 leitete Brüssel – gestützt auf das neue Digitalmarktgesetz – erneut ein Verfahren gegen Apple, Google, Meta und den TikTok-Konzern Bytedance ein. Zudem wurden Ermittlungsschritte gegen Amazon und Microsoft angekündigt.

Doch mit Donald Trumps Rückkehr ins Weisse Haus könnte die EU vor ihrer harten Linie gegen US-Tech-Konzerne abkommen, denn diese haben nun mit Trump einen mächtigen Verbündeten an ihrer Seite.

Die Techkonzerne drängen Trump, gegen die aus ihrer Sicht «übereifrigen» Europäer einzuschreiten. Apple, Google und Meta hoffen, dass die neue US-Regierung Druck auf die EU ausübt, um die seit 2024 massiv verstärkte Regulierung der grossen Techkonzerne in der Europäischen Union zu lockern.

Die Tech-Bosse haben eine Rechnung mit der EU offen: Apple etwa musste im vergangenen Jahr 13 Milliarden Euro Steuern in Irland nachzahlen und auf Druck der EU sein iPhone-Betriebssystem für Konkurrenten öffnen. Die EU-Wettbewerbshüter verhängten zudem eine Milliardenstrafe gegen Apple, da der Konzern seine marktbeherrschende Stellung mit dem App Store missbraucht habe.

Kommen Apple, Google und Meta mit einem blauen Auge davon?

Ab sofort haben sich ihre Chancen markant verbessert. Während unter Biden auch das US-Justizministerium verstärkt gegen illegale Monopole von US-Techkonzernen einschritt und gar die Zerschlagung von Google aufs Tapet brachte, gilt unter Trump wieder «America First». Bereits im Oktober 2024 versprach er, US-Unternehmen vor einer seiner Meinung nach unfairen Behandlung durch ausländische Regulierungsbehörden zu schützen.

«Es wird ein ganz neues Spiel werden, wenn diese Tech-Oligarchen Trump so nahestehen und uns damit unter Druck setzen.»
EU-Diplomat financial times

In Brüssel geht laut einem Bericht der «Financial Times» (FT) bereits die Angst um, die EU-Kommission könnte vor Trump und den Tech-Oligarchen einknicken und die laufenden Verfahren gegen Apple, Google und Meta sistieren. Laut Insidern will die EU-Kommission die Ermittlungen zumindest neu überprüfen. Dies könnte dazu führen, dass der Umfang der Ermittlungen reduziert wird. Zudem würden alle Entscheidungen und mögliche Bussgelder während der Überprüfung ausgesetzt.

«Es wird ein ganz neues Spiel werden, wenn diese Tech-Oligarchen Trump so nahestehen und uns damit unter Druck setzen», zitiert die FT einen EU-Diplomaten. Alles sei «im Moment in der Schwebe». Andere Quellen in der EU sagten, die Regierungsbehörden warteten auf politische Anweisungen, um in den Verfahren gegen Apple, Google und Meta zu entscheiden.

Die EU-Kommission betont, sie sei «weiterhin voll und ganz der wirksamen Durchsetzung» ihrer Gesetze verpflichtet. Es finde keine Überprüfung der Verfahren «aufgrund politischer Erwägungen» statt und der Abschluss der Ermittlungen benötige aufgrund der hohen Komplexität Zeit.

Trump droht

Kaum im Amt legt Trump los wie die Feuerwehr. Am ersten Tag richtete er per Erlass ein Effizienz-Gremium für Elon Musk ein, dessen Unternehmen X ebenfalls ein Verfahren der EU am Hals hat.

Nun wird sich zeigen, ob die EU dem Druck aus den USA standhalten kann. Der 47. Präsident der USA ging schon während seiner ersten Amtszeit auf Frontaktionskurs mit der EU und droht nun bereits wieder mit einem Handelskrieg und Strafzöllen auf Produkte aus Europa.

Knickt die EU ein?

Um Trump zu besänftigen, könnte die EU Zugeständnisse bei der Umsetzung des neuen Digitalmarktgesetzes machen. Ein Kompromiss wäre, den Digital Markets Act (DMA) weniger streng umzusetzen. Der DMA ermöglicht der EU, den Einfluss einer Handvoll übermächtiger Tech-Konzerne zu beschränken und bei Verstössen drakonische Bussen zu verhängen.

Tech-Milliardäre wie Apple-Chef Tim Cook oder Facebook-Gründer Mark Zuckerberg laufen dagegen Sturm, da sie mehr Wettbewerb und Datenschutzauflagen wie der Teufel das Weihwasser fürchten.

Zuckerberg forderte den neuen US-Präsidenten auf, US-Unternehmen vor weiteren EU-Bussen zu bewahren und lamentierte, sein Unternehmen habe der EU in den vergangenen 20 Jahren 30 Milliarden Dollar Strafgelder abliefern müssen. Um Trump zu umgarnen, lockerte Zuckerberg in den USA die Moderationsregeln auf Facebook und fuhr bei Meta die Massnahmen für Chancengleichheit und Diversität zurück.

Auch Tim Cook soll bereits seinen direkten Draht zu Trump genutzt haben, damit dieser Druck auf die EU ausübt, das Verfahren gegen Apple einzustellen. Cook baute schon während Trumps erster Amtszeit mit gemeinsamen Abendessen und Telefonanrufen eine persönliche Beziehung zum US-Präsidenten auf. Nun spendete er eine Million Dollar aus seinem Privatvermögen für Trumps Inauguration und erschien zusammen mit den Tech-Bossen von Google, Meta, TikTok und Amazon als Ehrengast an Trumps Amtseinführung.

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Apple-CEO Tim Cook (Mitte) an der Inauguration von Donald Trump. Nebem ihm sass Google-Mitgründer Sergey Brin. Bild: keystone

Mit ihrem Wunsch nach weniger Regulierung rennen die Tech-Bosse bei Trump offene Türen ein. Der Schutz der heimischen Tech-Branche vor der «bösen» EU lässt sich den eigenen Wählern leicht verkaufen. Trump wird Apple, Google, Meta und Co. mit Samthandschuhen anfassen, solange sie nach seinen Regeln spielen – und daran besteht kein Zweifel.

Die Tech-Konzerne könnten zudem davon profitieren, dass Margrethe Vestager, die dänische EU-Kommissarin für Wettbewerb, Ende 2024 nach zehn Jahren aus der EU-Kommission ausschied. Sie vertrat eine prononciert harte Linie gegenüber den US-Techgiganten. «Die Prioritäten könnten sich verschieben», zitiert die «Financial Times» einen EU-Beamten.

EU-Juristen fordern die EU-Kommission auf, standzuhalten. Die französische Juristin und EU-Politikerin Stéphanie Yon-Courtin, die am Entwurf des Digitalmarktgesetz DMA beteiligt war, sagte, die EU dürfe ihre Ermittlungen nicht opfern, um diplomatische Konsequenzen zu vermeiden. «Der DMA darf nicht als Geisel genommen werden», schrieb sie in einem Brief an Ursula von der Leyen, Präsidentin der EU-Kommission.

Wie die EU Techkonzerne reguliert: Der Digital Markets Act erklärt
Der Digital Markets Act (DMA) wurde am 7. März 2024 im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) wirksam. Er soll die Marktmacht von Alphabet (Google), Amazon, Apple, ByteDance (TikTok), Meta (Facebook) und Microsoft beschränken. Digitale Dienste, die den Wettbewerb in einem Marktsegment dominieren, werden Torwächter genannt, da sie die Konkurrenz behindern oder ausschalten können. Die Konzerne mussten ihre Produkte anpassen, damit sie dem Digitalgesetz der EU entsprechen. Die EU erhofft sich mehr Wettbewerb und Auswahl für Konsumenten.

Bei den digitalen Marktplätzen wurden beispielsweise die App-Stores für iOS, Android sowie der Marketplace von Amazon als Torwächter benannt. Bei den sozialen Netzwerken wurden TikTok, Facebook, Instagram und LinkedIn als dominierend eingestuft, bei den Messengern WhatsApp und Facebook Messenger, bei den Betriebssystemen Android, iOS und Windows und bei den Browsern Chrome und Safari. Auch in den Bereichen Werbung und Datensammlung gibt es neue Einschränkungen für die Techgiganten.

Die EU hat von den sechs dominanten Konzernen 22 digitale Dienste als Torwächter definiert, weitere können folgen. Der DMA hat in der Schweiz keine Gültigkeit. Der Bund geht davon aus, dass die Unternehmen die neuen Regeln auch hierzulande anwenden – zumindest bei Apple ist dies nicht der Fall. (oli)
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172 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Steibocktschingg
21.01.2025 20:19registriert Januar 2018
Die EU darf nicht einknicken, denn trotz aller möglicher Fehler, die oft zum die Haare raufen sind ist die EU nun das mächtigste Bollwerk des demokratischen Rechtsstaates. Einmal nachgeben bedeutete, dass diese Typen nur noch mehr meinen, sich immer und überall durchsetzen zu können und dürfen.
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mrmikech
21.01.2025 20:16registriert Juni 2016
Ich sehe es umgekehrt: Alle US-Plattformen erstmals verbieten – dann hat die EU den Hebel in der Hand.

Und wenn es den Amerikanern nicht gefällt, können sie doch einfach abhauen. Mit TikTok machen sie schliesslich auch nichts anderes.

Das ist die Sprache, die Trump versteht. Und es eröffnet gleichzeitig neue Möglichkeiten für europäische Unternehmen.
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s'Paddiesli
21.01.2025 20:13registriert Mai 2017
Ich habe eine ganz andere Frage.
Wird Ggogle einknicken und auf Maps künftig "Golf von Amerika" anzeigen?
Die Tech-Giganten kriechen ja alle zu Kreuze.
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    Ein nordamerikanischer Handelskrieg mit ungewissen Folgen für die Weltwirtschaft ist abgewendet – zumindest vorerst. Trump schob die angekündigten Strafzölle gegen die wichtigen Handelspartner Mexiko und Kanada für 30 Tage auf. Die Entwicklungen in der Übersicht.

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