EU geht härter gegen Apple, Google und Co. vor – das ändert sich für die User
Wer mit einer Freundin chatten will, die kein WhatsApp hat, muss auf eine alternative Plattform ausweichen. Und wer ein iPhone besitzt, muss Apps immer über den Apple Store herunterladen. Doch das ist nun vorbei. Beides ändert sich mit dem Digital Markets Act (DMA). Ab diesem Donnerstag müssen die Regeln in der Europäischen Union (EU) vollständig umgesetzt werden.
Warum ist das wichtig?
Damit verschärft die EU die Gangart gegenüber den Techkonzernen. Microsoft, Apple und Co., die zu den wertvollsten börsenkotierten Firmen weltweit gehören, haben aufgrund ihrer Grösse, Wirtschaftsmacht und der Menge an gesammelten Daten einen enormen Einfluss gewonnen. Darunter leiden kleinere Konkurrenzfirmen, aber auch die Konsumenten: Sie haben weniger Auswahl und müssen tendenziell höhere Preise zahlen.
Wer ist betroffen?
Die neuen Spielregeln gelten für Onlineplattformen mit «Gatekeeper»-Funktion, also für solche, an denen man nicht vorbeikommt. Derzeit sind es insgesamt 22 Dienste, die zu sechs Unternehmen gehören: Amazon, Apple und Microsoft sowie der Google-Konzern Alphabet, der Facebook-Konzern Meta und der Tiktok-Konzern Bytedance.
Was ändert sich?
Die EU will verhindern, dass sie ihre Marktmacht missbrauchen. Die Konsumentinnen und Konsumenten dürften vor allem die folgenden Änderungen bemerken:
- Das Google-Monopol bei den Suchmaschinen soll durchbrochen werden. Bei vielen Browsern ist die Google-Suchmaschine als Standard voreingestellt. Künftig muss der Techkonzern auch Nutzern seines eigenen Browers Chrome einen Auswahlbildschirm mit alternativen Suchmaschinen anzeigen. Zudem darf Google eigene Angebote nicht mehr bevorzugt in den Suchergebnissen anzeigen.
- Apple muss neu zulassen, dass auf iPhones auch App-Stores von anderen Anbietern installiert werden können. Zudem muss es möglich sein, vorinstallierte Apps zu löschen. Dies war zuvor sowohl bei Apple als auch beim Google-System Android nicht immer gegeben.
- Die Nachrichtendienste WhatsApp und der Facebook-Messenger müssen neu «interoperabel» sein. Das heisst, es soll möglich sein, Nachrichten zwischen unterschiedlichen Diensten zu verschicken. Doch dies gilt nur, wenn es die kleineren Anbieter überhaupt wünschen. Und das ist fraglich: Die Betreiber der Messengerdienste Signal, Telegram und Threema kündigten bereits an, sie wollten sich nicht für WhatsApp öffnen, da ihre eigenen Datenschutzstandards höher seien und diese so nicht mehr eingehalten werden könnten.
Dies sind nur einige Beispiele. Auch in den Bereichen Werbung und Datensammlung gibt es neue Einschränkungen für die Techgiganten.
Die EU erlaubt bereits Ausnahmen
Kritische Stimmen monieren, die Konzerne hätten teils schon Wege gefunden, die neuen Regeln zu umgehen – etwa mit Gebühren oder technischen Hürden. Zudem fallen wichtige Dienste wie etwa die Suchmaschine Bing von Microsoft oder iMessage von Apple nicht unter das Gesetz. Die EU genehmigte hier bereits Ausnahmen.
Bei Verstössen will die EU aber hart durchgreifen. Den Firmen drohen Bussen von bis zu 10 Prozent des jährlichen Umsatzes – und bis zu 20 Prozent im Wiederholungsfall. Als letzte Option ist sogar eine Zerschlagung möglich.
Wie betrifft der Digital Markets Act die Schweiz?
Der Bund geht davon aus, dass die Plattformen die neuen Regeln auch hierzulande anwenden. Es lohne sich wohl nur in Ausnahmefällen, den relativ kleinen hiesigen Markt anders zu behandeln als den EU-Markt, schreibt der Bund in einem Bericht zur EU-Digitalstrategie. So dürften die Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten ebenfalls profitieren.
Der Bundesrat sieht keinen «unmittelbaren Bedarf» für ein ähnliches Gesetz in der Schweiz, wie er vor einem Jahr in der Antwort auf eine Motion der SP-Fraktion schrieb. Die wesentlichen Ziele des DMA würden bereits durch das Wettbewerbsrecht abgedeckt. Man werde aber die «Entwicklungen in der EU eng verfolgen» und allfälligen Handlungsbedarf nach der vollständigen Inkraftsetzung erneut prüfen.
Quellen
(aargauerzeitung.ch)