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Warum Donald Trump jetzt die «gelbe Gefahr» entdeckt

FILE - Trump supporters participate in a rally in Washington, Jan. 6, 2021, that some blame for fueling the attack on the U.S. Capitol. On Thursday, Feb. 8, the nation's highest court is schedule ...
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Analyse

Warum Donald Trump jetzt die «gelbe Gefahr» entdeckt

Die MAGA-Verschwörungstheorien werden immer bizarrer.
05.02.2024, 15:1805.02.2024, 16:12
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Während des Zweiten Weltkrieges haben die Amerikaner die in den USA lebenden Japaner in Konzentrationslager gesteckt. Unter dem Vorwand, sie würden eine «gelbe Gefahr» darstellen, wurden selbst diejenigen, die einen amerikanischen Pass besassen, nicht verschont, auch Frauen und Kinder nicht. Diese harsche Behandlung unschuldiger Menschen gilt als Schandfleck in der amerikanischen Geschichte.

Heute feiert die «gelbe Gefahr» ein Comeback, allerdings stammt sie nicht mehr aus Japan, sondern aus China. Donald Trump nützt die Angst der Amerikaner vor der aufstrebenden asiatischen Supermacht weidlich aus. Als ihm Maria Bartiromo, Moderatorin der Fox-News-Sendung «Sunday Morning Futures», gestern die Softball-Frage zuwarf, ob er auch der Meinung sei, dass die kommunistische Partei China (KPC) bewusst junge Männer als Asylbewerber in die USA einschleusen lasse, griff er freudig zu. «Ja, das glaube ich», antwortete er, ohne natürlich einen Beweis für diese Behauptung vorzulegen.

Schleusen die Chinesen junge Männer in die USA?

Gleichzeitig beschuldigte Trump die KPC, die illegale Zuwanderung in die USA zu koordinieren, und gab sich auch überzeugt, sie würde versuchen, die kommenden Wahlen zu beeinflussen. Die «Caravans», die Ansammlung von Immigranten, die gemeinsam durch Mittelamerika Richtung US-Grenze marschieren, würden keineswegs spontan entstehen, so Trump. «Das sind Menschen, welche die Herkunftsländer loswerden wollen und die sie in den Caravans zusammenfassen», behauptete der Ex-Präsident.

Als Trump 2015 seine Präsidentschaftskandidatur ankündigte, konzentrierte er sich noch auf den unmittelbaren Nachbarn. «Wenn Mexiko seine Leute schickt, dann schicken sie nicht die besten», erklärte er damals. «Sie bringen Drogen. Sie bringen Kriminalität. Sie sind Vergewaltiger. Und einige sind, so vermute ich, anständige Leute.»

Jetzt nutzt Trump die Tatsache aus, dass an der südlichen Grenze nicht nur Zuwanderer in Rekordzahl auftauchen – im vergangenen Jahr waren es rund 2,5 Millionen Menschen –, sie stammen aus allen Teilen der Welt, auch aus China. Die Regierung von Joe Biden hat es zudem versäumt, rechtzeitig Massnahmen gegen diesen Ansturm zu ergreifen. Deshalb will Trump die Angst vor illegalen Immigranten zum zentralen Thema seiner Kampagne machen.

FILE - Rioters are seen at the U.S. Capitol on Jan. 6, 2021, in Washington. Judges overseeing the cases against the rioters are using their platform to try to combat distortions about the attack that  ...
Die MAGA-Meute bei einem Trump-Rally in Washington D.C.Bild: keystone

Dabei böte sich gerade jetzt die Gelegenheit, das dysfunktionale Zuwanderungsgesetz der USA fundamental zu überholen. Ein überparteiliches Komitee hat im Senat ein 370 Seiten umfassendes Gesetz ausgearbeitet und es am Sonntag vorgestellt. Es handelt sich dabei um den ersten ernsthaften Versuch, die Lücken der bestehenden Gesetze zu schliessen. Das Asylverfahren würde beschleunigt, Zuwanderer dürften nicht mehr in den USA den Bescheid abwarten, ob ihr Gesuch bewilligt wird oder nicht. Abgewiesene würden sofort ausgeschafft und das Grenzpersonal deutlich aufgestockt.

Dieses Gesetz wird auch von Teilen der Republikanischen Partei unterstützt. James Lankford, ein konservativer Senator aus dem Bundesstaat Oklahoma, war federführend für die Grand Old Party bei den Verhandlungen. Er gibt an, das vorliegende Gesetz werde die Situation an der Grenze «dramatisch» verändern und Immigranten davon abhalten, sich auf den Marsch in Richtung USA zu begeben.

Auch Mitch McConnell, der Minderheitsführer der Republikaner im Senat, begrüsst das Gesetz. Präsident Biden seinerseits hat bereits erklärt, er würde es sofort unterschreiben. Trotzdem ist es wenig wahrscheinlich, dass er die Gelegenheit dazu erhalten wird. Mit etwas Glück kann das Gesetz die «Filibuster»-Grenze im Senat noch überspringen – dazu sind 60 Stimmen nötig –, doch im Abgeordnetenhaus sieht es zappenduster aus. Dort haben die Republikaner eine hauchdünne Mehrheit, und Mike Johnson, ihr Speaker, hat angekündigt, es sei «tot, bevor es auf seinem Pult lande».

House Speaker Mike Johnson of La., speaks during a press conference on Capitol Hill, Tuesday, Jan. 30, 2024 in Washington. House Republicans are taking a key vote Tuesday toward impeaching Homeland Se ...
Will das Gesetz verhindern: Speaker Mike Johnson.Bild: keystone

Als Speaker hat Johnson die Möglichkeit, darüber zu entscheiden, ob ein Gesetz überhaupt zur Abstimmung gelangt. Trump hat bereits lauthals verkündet, die Republikaner dürften keinesfalls ihre Zustimmung zu diesem Gesetz geben, und der ihm hörige Speaker wird diesem Befehl folgen. Anstatt die historische Gelegenheit zur dringend notwendigen Revision der Asyl-Gesetzgebung beim Schopf zu packen, werden die Republikaner ein ebenso sinnloses wie absurdes Impeachmentverfahren gegen Alejandro Mayorkas, den Minister für innere Sicherheit, anzetteln.

Trump will nicht nur, dass das Chaos an der Grenze bis zu den Wahlen andauert, er will auch seinem Kumpel Wladimir Putin einen Freundschaftsdienst erweisen. Im gleichen Gesetz sind nämlich auch die Hilfskredite für die Ukraine, Israel und Taiwan verpackt. Auch diese will Trump verhindern und vor allem die Ukraine an Russland ausliefern. Was Israel betrifft, will Speaker Johnson dazu im Abgeordnetenhaus ein eigenes Gesetz zur Abstimmung bringen, auch dies ein reines Ablenkungsmanöver.

Die Verschwörungstheorien der MAGA-Meute werden immer absurder. Der Pop-Superstar Taylor Swift wird angeblich vom Pentagon als geheimer Agent gegen Trump eingesetzt, die Spiele der Football-Liga sind manipuliert, und jetzt schleust die KPC junge Männer als Asylsucher getarnt in die USA. Wie lange werden die Amerikaner dieses üble Spiel noch mitmachen?

«Wenn es einen Silberstreifen an diesem düsteren Horizont geben sollte, dann die Tatsache, dass die MAGA-Meute übertreibt», stellt David French in der «New York Times» fest. «(…) MAGA ist nicht nur zutiefst wütend, es ist auch sehr seltsam.»

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73 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Der Micha
05.02.2024 15:29registriert Februar 2021
Den Republikanern interessiert nur deren eigene Macht und ihre eigene Karriere. Es war leider abzusehen, dass sie jetzt Chaos verursachen um ihre Position zu festigen.

Ich hoffe, dass es die meisten Wähler es auch so sehen und dieses Verhalten abstrafen.
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Hans Jürg
05.02.2024 15:32registriert Januar 2015
Man muss Lügen nur oft genug wiederholen, dann krallen sie sich im Unterbewusstsein der Leute fest und werden mit der Zeit zu bewiesenen Tatsachen. Egal ob wahr oder falsch. "Gefühlt" sind sie dann wahr.
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flausch
05.02.2024 16:31registriert Februar 2017
"«Wenn Mexiko seine Leute schickt, dann schicken sie nicht die besten», erklärte er damals."
Das ist ja die amerikanische Geschichte der letzten 500 Jahre.
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