International
Deutschland

Bayern wählt, was du darüber wissen musst

epa07066272 Protesters gather during a demonstration against right-wing politics and what they say was anti-democratic tendencies under the slogan 'Now is the time! Together against the politics  ...
Im Vorfeld der Wahlen gab es in München Proteste gegen Rechtspopulisten. Und falls du nicht weisst, für was der bayerische Ausdruck «Grantl'n» steht, hier die Übersetzung: Es bedeutet so viel wie «nörgeln».Bild: EPA/EPA

Die AfD im Hoch, die CSU vor dem Debakel – was du über die Wahlen in Bayern wissen musst

Am Sonntag wird in Bayern das Parlament neu gewählt und damit voraussichtlich die AfD in den Landtag einziehen. Das Wichtigste im Überblick.
13.10.2018, 12:3314.10.2018, 05:12
Mehr «International»

In Deutschland stehen dieses Jahr zwei wichtige Wahlen an. Die Landtagswahlen in Hessen und jene in Bayern.

Während in Hessen die Wahlberechtigten Ende Oktober an die Urne gehen, gilt es in Bayern bereits diesen Sonntag ernst. Die Zeichen stehen dabei auf Umbruch. Die deutsche Presse spricht bereits jetzt von einem gespaltenen Bayern.

Die Ausgangslage

Ein richtiger Bayer wählt CSU. Das könnte man zumindest meinen. Denn in den letzten Jahrzehnten war die Partei im bayerischen Landtag eine Macht und triumphierte bei fast jeder Wahl. Auch bei der letzten vor fünf Jahren.

Damals wählte beinahe jeder zweite Bayer CSU. Die Folge: Die Partei stellt derzeit im Landtag 101 von 180 Abgeordneten und somit die absolute Mehrheit.

Zahl der Abgeordneten

Diese komfortable Situation ist sich die Partei gewohnt. Bislang war die CSU nur einmal auf einen Koalitionspartner angewiesen, um regieren zu können.

Doch jetzt droht der CSU die Wiederholung dieses Szenarios. Denn die Partei um ihren Vorsitzenden Markus Söder steuert auf ein Wahldebakel zu. Viele ihrer früheren Wähler könnten ihre Stimme der AfD geben. Die rechtspopulistische Partei tritt zum ersten Mal bei den bayerischen Landtagswahlen an. Voraussichtlich mit grossem Erfolg. Darauf deuten zumindest die letzten Umfragen vor den Wahlen.

Die Wahlumfragen

Gemäss diversen Umfragen wird die AfD gleich bei ihrem ersten Anlauf den Sprung in den Landtag schaffen. Allenfalls wird sie gar die drittstärkste Kraft in Bayern und lässt auch die SPD hinter sich. Auf dieses Ergebnis kommt eine Wahlumfrage des Instituts Insa. Die von der «Bild»-Zeitung beauftrage Umfrage wurde am 9. Oktober veröffentlicht. 

Die voraussichtlichen Gewinner:

  • AfD: Es zeichnet sich ab, dass die Partei bei ihren ersten bayerischen Landtagswahlen über 10 Prozent der Stimmen auf sich vereinen könnte.
  • Grüne: Die Partei könnte enorm zulegen. Gemäss der Insa-Umfrage 10 Prozentpunkte im Vergleich zu 2013.

Die voraussichtlichen Verlierer:

  • CSU: Absolute Mehrheit ade. So wie es derzeit aussieht, muss die CSU eine Koalition eingehen, um weiter regieren zu können.
  • SPD: Die Partei wird wohl nicht mehr die zweitstärkste Kraft in Bayern. Sie könnte gar hinter die AfD auf Platz vier rutschen.
  • FDP: Die FDP muss besonders zittern. Bei der letzten Umfrage war sie nur knapp über der 5-Prozent-Hürde. Somit droht gar der Rausschmiss aus dem Landtag.

Gemäss einer anderen Umfrage sind aber die Hälfte der Bayern noch unentschlossen, wen sie am Sonntag wählen werden.

Die Folgen für Bayern

Derzeit sieht es ganz so aus, als müsse sich die CSU nach den Wahlen einen Koalitionspartner suchen. Denn für die absolute Mehrheit an Abgeordneten im Landtag wird es dieses Mal kaum reichen.

Für eine Zweierkoalition kämen gemäss der Insa-Umfrage einzig die Grünen oder die AfD in Frage. Letzteres hat aber die Partei im Vorfeld bereits ausgeschlossen. Auch die Koalition mit den Grünen könnte sich eher schwierig gestalten.

Keine Basis für eine schwarz-grüne Koalition sieht etwa der frühere Ministerpräsident und CSU-Politiker Edmund Stoiber. Er spricht gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland von fundamentalen Unterschieden zwischen der CSU und den Grünen. Von der Umwelt- und Energiepolitik über die Wirtschaftspolitik bis zur inneren Sicherheit und Migration. Stoibers Fazit: «Ich sehe nicht, wie bei diesen Unterschieden ein stabiles Bündnis möglich sein könnte.»

Somit könnte ein Dreierbündnis nötig werden. Am ehesten vorstellbar wäre eines zwischen der CSU, den «freien Wählern» und der FDP.

Die Bedeutung für die Bundespolitik

Die deutsche Regierung ist in der Krise. Die Beziehung zwischen den Schwesterparteien CDU und CSU kriselt und jetzt droht noch mehr Ungemach. Denn grosse Stimmenverluste der CSU in Bayern und zwei Wochen später der CDU in Hessen würde noch mehr Unruhe in die beiden Parteien bringen. Denn sowohl die Hessen wie auch die Bayern würden eine Teilschuld der Misere der Bundespolitik zuschieben.

Dabei steht für Angela Merkel im Dezember eine wichtige Wahl an: die Wiederwahl als Parteivorsitzende der CDU.

Die Protestsongs

Sobald sich abzeichnete, dass viele Bayern wohl die AfD wählen, bildete sich eine Protestbewegung. «Stoppt die AfD», lautete etwa das Motto einer Kundgebung in Würzburg, die während einer Veranstaltung der AfD stattfand. 

Auch Musiker meldeten sich öffentlich zu Wort. Bayerische Persönlichkeiten um den Liedermacher Roland Hefter schlossen sich zur Gruppe «Künstler mit Herz» zusammen und raten den Wählern mit einem Lied davon ab, die AfD zu wählen. Der Song-Titel: «Mia ned!»

Auszug aus dem Lied

«Leider ham zu wenig im Parteiprogramm gelesen, i hab des jetza gmacht und bin überrascht gewesen, des was die wirklich woin, wui koa echter Bayer ham, drum fass i des moi kurz in am kloana Liadl zam.»

Auch die Münchner Rap-Szene bezog Stellung. 18 Rapper sprechen sich in einem gemeinsamen Song gegen die AfD in Bayern aus. Sie möchten damit gemäss ihren eigenen Aussagen etwas gegen die rechte Hetze unternehmen. Musiker Jens Hellmund alias Yen aka Audijens sagte zum Online-Portal Bento: «Wir haben die aktuellen Umfragewerte gesehen und waren geschockt.»

SPD-Schulz sorgt für Eklat

Video: srf/SDA SRF

Konzerte gegen Rassismus in Chemnitz

1 / 12
Konzerte gegen Rassismus in Chemnitz
65'000 Menschen protestierten am Montag bei einem Konzert in Chemnitz gegen Rassismus, Ausländerfeindlichkeit und Gewalt.
quelle: ap/ap / jens meyer
Auf Facebook teilenAuf X teilen
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
76 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
brudi
13.10.2018 13:14registriert März 2018
Wer die unzufriedenen Menschen, welche sich nicht vertreten fühlen, gleich als Rassisten bezeichnet, bestärkt nur das Gefühl nicht ernst genommen zu werden. Wenn in einer Demokratie so viele Leute diese Partei wählen ist etwas nicht in Ordnung. Eine Lösung gibt es nur in Zusammenarbeit mit der afd. Es müssen ja nicht allzu viele Zugeständnisse gemacht werden. Aber die Ängste einfach zu ignorieren ist der falsche Weg. Und die AFD Wähler als Dumme manipulierbare Masse zu betiteln erst Recht
271141
Melden
Zum Kommentar
avatar
jogurt
13.10.2018 15:47registriert Juli 2016
Tragisch ist nicht die AFD. Tragisch ist vielmehr die Politik die im Vorfeld gemacht wurde, wodurch die AFD erst entstehen konnte. Der Scheinwerfer muss wieder auf die Herausforderungen gerichtet werden die zu bewältigen sind und nicht auf irgend eine Partei. Dann kämen "die Dinge" wieder von alleine ins Lot.
8222
Melden
Zum Kommentar
avatar
koks
13.10.2018 15:36registriert August 2015
Deutschlands Regierungsparteien kriegen langsam die Quittung dafür, dass sie jahrelang die Gesellschaftsverlierer und Unzufriedenen vom politischen Diskurs auschlossen. Man sagte Demokratie, aber meinte, dass wer nicht die gleiche Meinung der Regierung teilt, entweder dumm, uninformiert oder ein Nazi ist.
7017
Melden
Zum Kommentar
76
Diese 12 Juroren werden über Donald Trumps Zukunft entscheiden

Zwölf Menschen aus Manhattan wurden ausgewählt, in einer Jury darüber zu urteilen, ob Donald Trump schuldig ist oder nicht. Die «New York Times» hat zusammengetragen, was nach drei Tagen der Juryauswahl über die Geschworenen bekannt ist.

Zur Story