Tief verunsichert durch die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten sucht die EU nach eigener Stärke. Nach einem EU-Aussenministertreffen in Brüssel sagte die Aussenbeauftragte Federica Mogherini am Sonntagabend, man setze weiter auf enge Beziehungen zu Washington.
Doch müssten die Europäer bei wichtigen Themen Einigkeit demonstrieren, so etwa beim Klimaschutz und bei der Umsetzung des Atomabkommens mit dem Iran. Beides hatte Trump vor seiner Wahl vergangene Woche in Frage gestellt.
Zudem hatte er die europäischen Verbündeten in den vergangenen Monaten mit positiven Äusserungen über Russland und abfälligen Bemerkungen über die NATO vor den Kopf gestossen.
Der österreichische Ressortchef Sebastian Kurz sagte, es werde in den USA sicher einige Veränderungen geben, doch habe auch schon vor der Wahl gegolten: «Wir als EU sollten stark aufgestellt sein.»
Der deutsche Aussenminister Frank-Walter Steinmeier traf am späten Abend mit grosser Verspätung bei dem Brüsseler Treffen mit seinen EU-Kollegen ein und äusserte sich nicht. Er hatte auf die Beratungen über Trumps Wahl gedrungen, war dann aber unerwartet lange in Berlin geblieben. In den vergangenen Tagen hatte Steinmeier beklagt, Europa wisse nicht, was es von dem Republikaner zu erwarten habe.
Ähnlich äusserte sich sein belgischer Kollege Didier Reynders nach dem Brüsseler Treffen. Doch auch er betonte: «Unabhängig davon, wie die amerikanische Regierung aussieht, wissen wir seit langem, dass Europa mehr auf dem Gebiet der Sicherheit und der Verteidigung tun muss.»
Geschlossen sind Europas Reihen aber nicht. Kurz sagte, aus seiner Sicht sei das Treffen zu früh gekommen, denn man könne über Trumps Politik nur spekulieren. Zwei wichtige EU-Länder nahmen nicht an dem Treffen teil: Grossbritannien und Frankreich.
Der britische Aussenminister Boris Johnson sagte seine Teilnahme an dem Brüsseler Treffen nach Angaben seines Ministeriums ab, weil er keine Notwendigkeit dafür sehe. Dem Brexit-Wortführer ist Europas Reaktion auf Trump zu negativ. Der 70-jährige US-Milliardär wiederum unterstützt Grossbritanniens Austritt aus der EU.
Der französische Aussenminister Jean-Marc Ayrault machte dagegen Terminprobleme für sein Fehlen bei dem Treffen geltend. «Wir sollten aufhören von Ratlosigkeit zu reden», sagte er mit Blick auf die Wahl Trumps am Sonntag im Rundfunksender Europe 1. «Ist das nicht die Möglichkeit für Europa, sich zusammenzureissen?»
Er verwies dabei unter anderem auf Pläne für eine Stärkung der europäischen Verteidigungspolitik, über deren Umsetzung die Aussen- und Verteidigungsminister am Montag beraten. (sda/afp/dpa)