Der slowenische Ministerpräsident Miro Cerar hat am Mittwochabend völlig überraschend seinen Rücktritt angekündigt. Er werde seine Demission am Donnerstag bei Präsident Borut Pahor einreichen, berichtete die Nachrichtenagentur STA.
Hintergrund des Schrittes ist eine Entscheidung des Obersten Gerichts Sloweniens, ein im vergangenen Jahr abgehaltenes Referendum über ein rund eine Milliarde Euro teures Eisenbahnprojekt zu annullieren. Das Gerichtsurteil sei für seine Drei-Parteien-Koalition der Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen gebracht habe, sagte Cerar bei einer Pressekonferenz in der Hauptstadt Ljubljana.
«Die Kräfte der Vergangenheit erlauben uns nicht, für die zukünftigen Generationen zu arbeiten», sagte Cerar. «Liebe Mitbürger, (...) ich gebe die Macht zurück in Eure Hände.»
Der scheidende Regierungschef will bis zur Bildung eines neuen Kabinetts kommissarisch im Amt bleiben, wie der 54 Jahre alte Mitte-Links-Politiker erklärte. Nun müsse Präsident Borut Pahor entscheiden, ob er die ohnehin für Juni geplanten Parlamentswahlen vorziehen wolle.
Der ehemalige Politikprofessor und Verfassungsjurist Cerar hatte im Sommer 2014 die vorgezogenen Wahlen gewonnen, obwohl er seine Mitte-links-Partei SMC erst einen Monat zuvor gegründet hatte. Er ging damals mit der konservativen Rentnerpartei und den Sozialdemokraten eine Koalition ein und hatte versprochen, sein Land aus einer schweren Wirtschaftskrise zu führen. Slowenien war von der Finanzkrise 2008 und der anschliessenden Schuldenkrise besonders schwer getroffen worden.
Ziel des Eisenbahnprojektes war es, den Frachtverkehr vom einzigen Hafen Sloweniens an der Adriaküste in Koper ins 30 Kilometer entfernte Divaca zu beschleunigen. Cerar hatte das Projekt als wichtig für die Entwicklung des Hafens und der Wirtschaft des Landes bezeichnet. Beim Referendum hatte die Bevölkerung im September 2017 für den Bau einer neuen Eisenbahnstrecke gestimmt.
Das Verfassungsgericht begründete die Annullierung am Mittwoch damit, dass die Regierung die Kampagne für das Projekt mit öffentlichen Geldern finanziert habe und damit nicht die nötige Neutralität gewahrt habe.
Slowenien grenzt an Italien, Österreich, Ungarn und Kroatien und ist seit 2004 EU-Mitglied. (sda/dpa/afp)
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