Wie Regierungssprecher Benjamin Griveaux am Montag dem Sender RTL sagte, forderte Präsident Macron, dass das «schockierende» und «inakzeptable» Verhalten des Mitarbeiters Alexandre Benalla Strafen nach sich ziehe. Niemand stehe über dem Gesetz. Mängel im System müssten behoben werden.
Benalla soll bei einem Polizeieinsatz in Paris am 1. Mai gegen einen Demonstranten gewalttätig vorgegangen sein und eine Frau abgeführt haben. Dabei soll er einen Polizeihelm und Polizeiarmbinde getragen haben, obwohl er nicht als Ordnungshüter im Einsatz gewesen war.
Gegen Benalla wurde mittlerweile ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Ihm werden unter anderem Gewalttätigkeit und Amtsanmassung vorgeworfen. Die Affäre um den heute 26-Jährigen gehört zu den grössten Krisen der Amtszeit von Macron.
Benallas Anwälte verteidigten in einer Mitteilung den Einsatz ihres Mandanten bei der 1.-Mai-Demonstration. Er habe die überlasteten Polizisten vor Ort dabei unterstützt, zwei besonders heftig agierende Personen unter Kontrolle zu bringen, teilten die Juristen in einem Schreiben mit, das der Sender TF1 veröffentlichte. Niemand sei dabei verletzt worden.
Die Vorfälle wurden der Öffentlichkeit erst im Juli durch Medienberichte bekannt. Die Zeitung «Le Monde» hatte vor einigen Tagen ein Video veröffentlicht, auf dem zu sehen ist, wie Benalla und der ebenfalls beschuldigte Angestellte der Regierungspartei La République en Marche (LREM), Vincent Crase, bei der Kundgebung am 1. Mai Demonstranten heftig angehen und schlagen.
Die Opposition verdächtigt nun die Regierung, die Geschehnisse absichtlich unter Verschluss gehalten zu haben, um sie zu vertuschen.
Der Generalsekretär der Sozialistischen Partei (PS), Olivier Faure, erklärte, Macron, sei «in diese Affäre verwickelt» und müsse dazu persönlich Stellung nehmen. Auch die Chefin des rechtspopulistischen «Rassemblement National» (RN), Marine Le Pen, forderte eine Erklärung des Staatspräsidenten.
Vor allem Innenminister Collomb sieht sich seit den Enthüllungen harscher Kritik ausgesetzt auch weil er keine strafrechtlichen Schritte gegen Benalla einleitete. Collomb räumte am Montag vor einem Ermittlungsausschuss in der französischen Nationalversammlung ein, früh von den Gewaltvorwürfen gewusst zu haben. Vertuschungsvorwürfe wies er aber zurück.
Am 2. Mai sei er von seinem Büroleiter über die Existenz eines Videos informiert worden, das Benalla bei der Demonstration zum 1. Mai in Gewalthandlungen verwickelt gezeigt habe. Sein Büroleiter habe ihm damals versichert, bereits das Büro des Präsidenten und den Polizeipräfekten darüber in Kenntnis gesetzt zu haben, sagte Collomb. Das sei ein «vollkommen angemessenes Vorgehen» gewesen.
Als er dann später am selben Tag erfahren habe, dass Macrons Büro Benalla bestrafen wolle, habe er sich «nicht weiter um das Thema gekümmert», sagte Collomb. Er sei zum Schluss gekommen, dass man sich der Sache auf dem angemessenen Niveau angenommen habe.
Auf die Frage, warum er die Vorfälle nicht selbst den Strafverfolgungsbehörden gemeldet habe, sagte Collomb: «Es ist nicht an mir, das zu tun.» Am Dienstag sollte der Minister erneut aussagen, dieses Mal vor einem Ausschuss des französischen Senats.
Nach dem Innenminister hörte der zuständige Ausschuss der Nationalversammlung den Polizeichef Delpuech an. Dieser sagte, ein Mitarbeiter von Benallas Vorgesetztem Patrick Strzoda, der auch Macrons Kabinettsdirektor ist, habe ihn am Vormittag des 2. Mai angerufen. Erst dadurch habe er von der Benalla-Affäre erfahren.
Delpuech nahm danach nach eigenen Angaben Kontakt zum Innenministerium auf, das ihn darüber informierte, bereits in Verbindung zum Präsidialamt zu stehen. Für ihn habe in diesem Augenblick festgestanden, dass die Präsidentschaft mit dem Fall befasst gewesen sei.
Der Fall werde allerdings auch Folgen für die Polizeipräfektur haben, sagte Delpuech. Die «Ereignisse» gingen zurück auf «unannehmbare und zu verurteilende individuelle Entgleisungen vor dem Hintergrund ungesunder Kumpaneien». (sda/dpa/afp)