International
Frankreich

Klarer Sieger im TV-Duell – so demontierte Emmanuel Macron Marine Le Pen

epa05942515 French presidential election candidate for the far-right Front National (FN) party, Marine Le Pen (L) and French presidential election candidate for the En Marche ! movement, Emmanuel Macr ...
Marine Le Pen und Emmanuel Macron: Der 39-Jährige machte im gestrigen TV-Duell die bessere Figur.Bild: EPA/AFP POOL

Klarer Sieg im TV-Duell – so demontierte Emmanuel Macron Marine Le Pen 

Am Sonntag wird in Frankreich gewählt. Gestern duellierten sich die beiden Kandidaten im TV. Marine Le Pen zeichnete ein düsteres Bild von Frankreich, Emmanuel Macron blickte mit Optimismus in die Zukunft. 
04.05.2017, 05:0004.05.2017, 14:22
Corsin Manser
Mehr «International»

Die Taktik war von Anfang an klar. Marine Le Pen hatte auch nicht im Entferntesten vor, etwas Konstruktives an der Diskussion beizutragen, sondern nur ihren Gegner zu zerstören. Macron sei schuld an allem, wollte die Kandidatin des ultrakonservativen Front National dem Fernsehzuschauer klar machen.

Sie eröffnete die TV-Debatte mit: «Herr Macron ist der Kandidat der wilden Globalisierung, der Uberisierung, der Prekarität, der sozialen Brutalität, des Krieges aller gegen alle, der wirtschaftlichen Plünderung.»

Totaler Angriff: Marine Le Pen macht Emmanuel Macron Verantwortlich für alles, was schlecht läuft. Video: streamable

«Liebling der Eliten»

Le Pens Plan: Macron in dieselbe Ecke wie den äusserst unpopulären Präsidenten François Hollande stellen, dessen Partei in den Vorwahlen gerade grandios scheiterte. Denn der 39-jährige Präsidentschaftskandidat arbeitete bis im August 2016 für die aktuelle Regierung als Wirtschaftsminister, ehe er seine eigene Partei «En Marche !» gründete und in den Wahlkampf zog.

«So oder so wird Frankreich künftig von einer Frau regiert – entweder von mir oder von Frau Merkel.»
Marine Le Pen

Macron sei der Liebling des «Systems und der Eliten», schimpfte Le Pen. Sie flirtete gar mit einer Verschwörungstheorie und behauptete, der Präsident würde Macron «fernsteuern». 

Le Pen bezichtigte Macron des «europäischen Extremismus». Er unterwerfe sich Deutschland und Angela Merkel. Sie scherzte: «So oder so wird Frankreich künftig von einer Frau regiert – entweder von mir oder von Frau Merkel.»

Die 48-Jährige wurde nicht müde zu betonen, Macrons Philosophie sei es, alles zu verkaufen. Nicht zuletzt ans Ausland. Es gehe ihm nur um den Profit. «Alles steht zum Verkauf: Die Leute, die Geschäfte!» Und der Euro sei sowieso nur «die Währung der Bankiers», sagte die Rechtspopulistin die eine Rückkehr zum Franc möchte.

Und weil momentan keine politische Angstmacherei ohne das Thema Terrorismus komplett ist, griff Le Pen ihren Kontrahenten auch auf diesem Gebiet an. Sie unterstellte ihm «Gefälligkeit mit dem islamistischen Fundamentalismus».

Und wie reagierte Macron auf die pausenlosen Attacken? 

Meistens mit diesem Gesicht hier, ...

... einem durchaus entnervtem «Madame Le Pen» und einem komplett anderen Narrativ. Während Le Pen alles schlecht redete, setzte Macron auf die Karte Optimismus. Le Pen verbreite den «Geist der Niederlage», er trage den «Geist der Eroberung», verkündete Macron selbstbewusst. 

Macron will ein starkes Europa

Frankreich sei schon immer erfolgreich gewesen, meinte der Ex-Banker, weil es in der Welt immer präsent gewesen sei. Die französische Sprache werde auf jedem Kontinent gesprochen, Frankreich sei heute die fünftstärkste Wirtschaftskraft weltweit.

«Sie haben kein Projekt für unser Land.»
Emmanuel Macron

Sie aber wolle die Grenzen wieder schliessen, Europa verlassen, weil für sie alles zu schwierig sei, so Macron. Sie bewirtschafte nur Probleme, präsentiere keine Lösungen. «Sie haben kein Projekt für unser Land», sagte der 39-Jährige. «Das Land verdient etwas Besseres.»

Emmanuel Macron steht für ein offenes Frankreich ein.Video: streamable

Macron warb für ein starkes Europa und warnte vor einer Abkehr des Euros. Dies wäre «tödlich» für die Kaufkraft Frankreichs, meinte der sozialliberale Reformpolitiker. 

Bei der Terrorbekämpfung setzt Macron auf eine verstärkte Zusammenarbeit mit den europäischen Partnern. Es gehe darum, die Gefahren und Terroristen gemeinsam frühzeitig zu erkennen. Die Grenzen zu schliessen, sei keine Lösung.

Die Forderungen Le Pens seien «Augenwischerei», meinte Macron, sie spiele den Terroristen sogar in die Hände, in dem sie die Situation weiter anheize und einen «Bürgerkrieg» androhe. 

In die Ecke gedrängt

Immer wieder drängte Macron seine Kontrahentin mit Detailfragen in die Ecke. Le Pen wusste sich jeweils nicht mehr anders zu wehren als mit einem hämischen Lächeln und zusammenhangslosen Schlagwörtern. Sie warf dann auch schon mal ein unpassendes «Hollande Junior» in die Runde.

Die beiden Kandidaten unterbrachen sich ständig – und die zuweilen etwas überfordert wirkenden Moderatoren dürften froh gewesen sein, als die Sendezeit vorüber war.

Macron argumentiert, Le Pen provoziert und die Moderatoren verzweifeln fast. Video: streamable

Macron klarer Sieger

Die Fernsehzuschauer liessen sich von der schlechten Stimmung Le Pens nicht anstecken und sprachen sich nach der Sendung mit grosser Mehrheit für Macron aus. 63 Prozent der Zuschauer fanden, dass der Kandidat von «En Marche !» besser abgeschnitten hatte als seine Kontrahentin vom «Front National». Dies geht aus einer Umfrage des «Institut Elable» hervor, das nach der Debatte 1314 Zuschauer befragt hatte. 

Laut den letzten Umfragen vor der TV-Debatte lag Macron mit rund 60 Prozent der Stimmen vorne. Er machte nach der ersten Wahlrunde den Fehler, dass er sich etwas gar überschwänglich feiern liess. Ihm wurde Überheblichkeit vorgeworfen. Dies dürfte ihm zurecht einiges an Sympathien gekostet haben.

Der Auftritt gestern machte jedoch klar, dass es für all jene, die an eine Zukunft Frankreichs glauben, eigentlich nur eine Wahl gibt. Die Alternative ist ein Schritt in die Vergangenheit ohne jegliche Vision.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
152 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
walsi
04.05.2017 05:52registriert Februar 2016
Nach den TV-Duellen vor den Wahlen in den USA hiess es auch immer Clinton sei klare Siegerin. Am Schluss hat Trump gewonnen.
00
Melden
Zum Kommentar
avatar
Lezzelentius
04.05.2017 09:13registriert Mai 2014
Ihr seid euch der Intensität des Begriffes "demontieren" bewusst, ja? Ganz zu schweigen unter welchen Umständen die Worte "demontieren" und "auseinander nehmen" in 'Diskussionen' sonst fallen.

Könnt ihr also bitte etwas rationaler sein, als nach jeder TV-Diskussion "x demontiert y" zu titeln?
00
Melden
Zum Kommentar
avatar
inquisitio
04.05.2017 08:07registriert November 2016
Mit 31 Jahren erhielt er eine Position als Investmentbanker bei der Pariser Investmentbank Rothschild & Cie. Zwei Jahre später schon wurde er Partner bei Rothschilds selbst. Im Jahr 2012 begleitete Macron eine der größten Übernahmen, den Kauf der Säuglingsnahrungssparte des US-Pharmakonzerns Pfizer durch Nestlé für 11,9 Milliarden US-Dollar.

Bei diesem Lebenslauf sollte man sich eigentlich die Frage stellen, wie kann ein Investment-Banker, der in diesem Ausmaße Geschäfte für die Hochfinanz und Großkonzerne abwickelt, ernsthaft als Kandidat für die kleinen Leute verkauft werden?
00
Melden
Zum Kommentar
152
Russische Behörden blockieren Messenger Viber

Die russischen Behörden haben den Messenger-Dienst Viber blockiert. Der Zugang sei wegen verschiedener Gesetzesverstösse des Betreibers gesperrt worden, teilte die russische Telekom-Aufsichtsbehörde Roskomnadsor mit.

Zur Story