Beim Thema Stillen in der Öffentlichkeit gehen die Wogen hoch und die Kommentarfunktion in Onlineforen läuft heiss. So auch auf watson, als ein Zwischenfall nach dem Besuch einer Mutter im Zürcher Café Z am Park auf Facebook zur Schlammschlacht eskalierte. In den Kommentarspalten lassen sich sieben verschiedene Typen identifizieren, die in die Diskussion eingreifen:
Unter diesen Typus fallen ganz einfach die, die kein Problem darin sehen, dass Mütter ihren Kindern in der Öffentlichkeit die Brust geben. Stillen sei etwas ganz Natürliches und gut für das Kind.
Und sowieso werde in der heutigen Werbebranche überall mit den Rundungen der Frau geworben, da habe man ja auf männlicher auch Seite kein Problem damit.
Der Anblick einer stillenden Mutter stört Menschen von diesem Typus grundsätzlich nicht. Schliesslich werde die Brust vom Kopf des Kindes grösstenteils verdeckt. Sie können aber verstehen, dass sich einige daran stossen. Die einfache Lösung bestehe darin, das Stillen an einen abgeschiedeneren Ort zu verschieben. Zum Beispiel in den Nebenraum oder auf die Toilette.
Im Notfall könne man auch ein Seidentuch über das nuckelnde Baby legen, um die Brust komplett abzudecken. Oder man pumpt die Milch gleich zu Hause ab und füllt sie in handelsübliche «Schoppen». Diese können ganz einfach in der Handtasche mitgenommen werden und sogar Papa kann dann dem Baby «die Brust geben».
Stillen? Mit Brüsten? Sowas will der Stockkonservative nicht sehen, er will nicht einmal daran denken müssen! Einfach ein Tuch darüber hängen? Das reicht nicht. Er weiss ja, was sich unter diesem Tuch abspielt und das verdirbt ihm oder ihr das Mittagessen.
Stillen ist etwas, das in die eigenen vier Wände gehört und nirgendwohin sonst. Furzen und Rülpsen werde in der Öffentlichkeit ja schliesslich auch mit schiefen Blicken quittiert. Und wohin soll das Ganze führen? Irgendwann wollen Jungeltern ihre Babys auf dem Tisch im Restaurant wickeln, so die Befürchtung.
Schlagworte wie «Kampf-Stillerinnen» und «moderne Exhibitionistinnen» hat der Kommentator dieses Typus auf der Kurzwahltaste. Er ist überzeugt, dass die stillenden Mütter ihn mit ihren Brüsten absichtlich irritieren wollen, damit er sich aufregt und beschwert.
Für diesen Fall sind die «Kampf-Stillerinnen» vorbereitet, darauf haben sie es laut dem «Verschwörungstheoretiker» sogar abgesehen. Sie wollen, dass er sich beschwert, damit sie ihn öffentlich als Lüstling oder Sexisten beschimpfen können. Darauf ist dieser perfide Plan des «aggressiven Stillens» schliesslich ausgelegt.
Diese ganze Diskussion ist für diese Kommentatoren so irrelevant, dass sie sich trotzdem einschalten müssen. Kommentare dieser Art fallen äusserst knapp aus und beinhalten oft einen Vergleich mit einem umgefallenen Sack Reis in den fernöstlichen Regionen der Landkarte.
Zum Thema selbst haben diese Kommentatoren grundsätzlich keine Meinung. Schliesslich gibt es sehr viel wichtigere Themen, denen sie ihre Aufmerksamkeit schenken müssen. Gleich nachdem sie den Kommentar zur irrelevanten Diskussion verfasst haben.
Er lauert in den Tiefen der Kommentarspalten. Wie ein Raubtier beobachtet er und wartet auf den geeigneten Augenblick. Ein Nebensatz, manchmal sogar nur ein Wort, zum Beispiel «Burka», reicht ihm und er haut in die Tasten. Die Diskussion dreht sich danach nicht mehr um das Thema des Artikels, sondern um etwas ganz anderes. Zum Beispiel um den Islam. Oder Vulkanismus.
Angespornt wird diese Kommentatoren von anderen des gleichen Typus, die auf den Zug aufspringen. Gemeinsam driften sie weiter von der Grunddiskussion ab.
Wenn eine Frau ihrem Kind öffentlich die Brust gibt, sei das etwa so, wie wenn man in einem Park Sex hat. Die weibliche Brust hat die Evolution schliesslich nur deshalb überlebt, weil sie der Erregung des Gegenübers dient.
Wird in einem Restaurant oder in einem öffentlichen Park die Brust ausgepackt, fühlt sich dieser Typus schlagartig an den Drehort eines Pornos versetzt. Da könne man schlicht nicht wegschauen.