Bereits seit März leiden Indien und Pakistan unter extremer Hitze. In Nordwest- und Zentralindien wurde im März der Rekord der durchschnittlichen Maximaltemperatur geknackt – mit 35,9 und 37,79 Grad war es seit Beginn der Aufzeichnungen vor 122 Jahren noch nie so heiss. Dies gab das indische meteorologische Department (IMD) bekannt.
Ende April erreichten die Temperaturen auf der Erdoberfläche sogar bis zu 60 Grad, so Wissenschaftler Ashim Mitra des IMD. Wie er auf Twitter mitteilte, seien diese Temperaturen von verschiedenen Satelliten registriert worden.
Doch niemand Geringeres als der Generaldirektor des IMD bezweifelt diese Daten. Solange diese Daten nicht vor Ort verifiziert worden seien, sei ihnen nicht zu trauen. «Satellitenbeobachtungen werden aus 36'000 km Entfernung von der Erdoberfläche gemacht. Sie können irreführend sein, wenn sie nicht überprüft werden», gibt er laut der «Hindustan Times» zu bedenken. Die bisher höchste Landtemperatur sei in Rajasthan gemessen worden, wo sie 52,6 Grad betragen habe. Er erinnert daran, dass man vorsichtig mit solchen Daten umgehen müsse, da sie Angst und Panik auslösen könnten.
Doch auch die europäische Weltraumorganisation hat mit ihrem Satelliten Sentinel-3 um Ahmedabad eine Bodentemperatur von über 65 Grad gemessen. Da der Himmel am 29. April wolkenlos gewesen sei, sei eine genaue Messung der Bodentemperatur möglich gewesen, schreibt die ESA auf ihrer Website.
South Asian #heatwave. @ESA Copernicus satellite measures *land surface* temperatures reaching 65C/150F near Ahmedabad India on 23Apr2022 following hottest month of March on record #ClimateActionNow #ClimateCrisis https://t.co/qNUz2HnOn6 pic.twitter.com/qKu2xt0h2G
— TeachClimateScience (@TeachClimate) May 4, 2022
In Indien sind Hitzewellen nicht unüblich, aussergewöhnlich ist allerdings, dass diese in diesem Jahr bereits im März und April statt im Mai und Juni begannen.
Surface temperature tops 60°C in parts of north India, satellite images show https://t.co/Uc3eIx2fsv pic.twitter.com/dWmXVQrSkQ
— R.Oberoi (@OBEROI_R_US) May 4, 2022
Die frühzeitige Hitzewelle hat Folgen: Nicht nur die Menschen, sondern auch die Landwirtschaft leidet darunter. Die Weizenernte fiel in den am stärksten betroffenen Gebieten um bis zu 50 Prozent geringer aus.
Ein weiteres Problem stellt die grosse Nachfrage nach Strom dar, die zu einer Kohleknappheit geführt hat. Dies wiederum resultiert in massiven Stromausfällen, bei denen Millionen von Menschen bis zu neun Stunden am Tag keinen Strom haben. Neun Stunden, in denen weder die Klimaanlage noch der Kühlschrank funktioniert. Es handle sich dabei um die schlimmste Stromknappheit der letzten 60 Jahren, so die Behörden.
Die Kohlevorräte in drei der fünf Kraftwerke, die Delhi mit Strom versorgen, haben in den vergangenen Wochen einen kritischen Stand erreicht. Sie seien unter 25 Prozent gefallen, so das Energieministerium in Delhi.
In einem Versuch, diese Vorräte wieder aufzufüllen, sah sich Indien gezwungen bis Ende Mai 650 Personenzüge zu streichen. Damit soll für Güterzüge Platz geschaffen werden, um die Kohlevorräte wieder aufzufüllen, so ein hoher Beamter des indischen Eisenbahnministeriums gegenüber CNN.
Auch in Pakistan leidet die Bevölkerung unter der Hitze. Nazeer Ahmed wohnt in Turbat, in der Region Blochistan – in der vergangenen Wochen eine der heissesten Orte der Welt, berichtet «The Guardian». Fast täglich erlebte er Temperaturen von fast 50 Grad. «Wir leben in der Hölle», klagt Ahmed.
#Pakistan soared up to a scorching 49C (120.2F) today.
— US StormWatch (@US_Stormwatch) May 1, 2022
That's one of the hottest temperatures ever recorded on Earth in April. pic.twitter.com/AnIxNnjfwU
Mastung, ein Distrikt in Blochistan, ist bekannt für seine Äpfel und Pfirsichplantagen. Haji Ghulam Sarwar Shahwani, ein Obstfarmer, hat fast seine ganze Ernte verloren, nachdem die Bäume frühzeitig aufblühten und dann der Hitze zum Opfer fielen. Es sei das erste Mal, dass das Wetter einen solchen verheerenden Schaden angerichtet habe. Gegenüber «The Guardian» verleiht er seiner Verzweiflung Ausdruck:
Und das ist noch gar nicht alles: Auch im kühleren Norden machen sich die Konsequenzen der Hitzewelle bemerkbar. Pakistans Klimaminister Sherry Rehman warnt, dass die Hitzewelle zur Schmelzung der nördlichen Gletscher führe. Dies bedeutet, dass Tausende von Menschen von Überschwemmungen bedroht sind.
Rehman erhofft sich, dass die Hitzewelle einen Weckruf für die internationale Gemeinschaft darstelle.
Tatsächlich sei die sengende Hitze wahrscheinlich ein Vorgeschmack auf das, was noch kommen werde, sollte sich die globale Erwärmung weiterhin so beschleunigen, warnen Experten.
Abhiyant Tiwari, Assistenzprofessor und Programmmanager am Gujarat Institute of Disaster Management, findet diesbezüglich klare Worte:
(saw)
Mit Kohle Hitze Produzieren, dann Strom Produzieren und danach den Strom zum kühlen brauchen.
"Blochistan" - ich dachte, das sei eine Enklave in Herrliberg...! 😂
🙊 *tchuligom*