International
Israel

Israels Armee: Haben Konvoi nicht attackiert – das Nachtupdate

Israels Armee: Haben Konvoi nicht attackiert – das Nachtupdate ohne Bilder

01.03.2024, 06:47
Mehr «International»

Während die genauen Umstände der tödlichen Katastrophe bei der Ankunft eines Hilfsgüterkonvois im Gazastreifen weiter unklar sind, sieht sich Israel mit massiven Vorwürfen konfrontiert. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zeigte sich in der Nacht zum Freitag auf der Plattform X (vormals Twitter) empört über die Bilder, «die uns aus Gaza erreichen, wo Zivilisten von israelischen Soldaten ins Visier genommen wurden». Der palästinensische UN-Botschafter Riad Mansur warf Israel die vorsätzliche Tötung von Palästinensern vor. Der israelische Armeesprecher Daniel Hagari wies die Vorwürfe zurück: «Es gab keinen Angriff des israelischen Militärs auf den Hilfskonvoi.» Der Weltsicherheitsrat in New York konnte sich bei einem Treffen zunächst auf keine gemeinsame Stellungnahme verständigen.

USA: Werden auf Antworten drängen

Die US-Regierung steht mit der israelischen Regierung wegen des Vorfalls in Kontakt und verlangt Antworten. Es sei das Verständnis der USA, dass eine Untersuchung im Gange sei, sagte der Sprecher des US-Aussenministeriums, Matthew Miller, am Donnerstag (Ortszeit). «Wir werden diese Untersuchung genau verfolgen und auf Antworten drängen.» Man habe keine gesicherten Erkenntnisse über die Geschehnisse, so Miller. Die «Tragödie» könne die Verhandlungen über eine Waffenruhe und die Freilassung der Geiseln in der Gewalt der islamistischen Hamas komplizierter machen.

Der Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres, Stephane Dujarric, sagte zu dem Vorfall, man kenne nicht alle Fakten und sei sich bewusst, dass es unterschiedliche Darstellungen gebe. «Es wird eine Zeit der Verantwortung geben», sagte Dujarric.

Palästinensischer UN-Botschafter: Israels Armee hat gezielt getötet

Der von der islamistischen Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde im Gazastreifen zufolge sollen bei dem Vorfall mehr als hundert Menschen getötet und mehrere Hunderte verletzt worden sein. Laut dem palästinensischen UN-Botschafter Mansur hatten sich Tausende Menschen bei der Ankunft der Hilfsgüter im Norden Gazas versammelt. «Und dann begann die israelische Armee plötzlich, auf sie zu schiessen, und den uns vorliegenden Informationen zufolge haben Dutzende von ihnen Kugeln im Kopf. Es ist nicht so, als würde man in den Himmel schiessen, um Menschen zurückzuhalten, wenn Verwirrung und Chaos herrschten. Es wurde absichtlich gezielt und getötet», sagte Mansur am Donnerstag in New York. Seine Behauptungen liessen sich zunächst ebenso wenig unabhängig überprüfen wie die widersprüchlichen Angaben von israelischer Seite.

Israels Armee: Haben nicht auf Hilfesuchende geschossen

Das israelische Militär stellte den Vorgang nämlich völlig anders dar. Die Armee habe am Morgen einen Lastwagenkonvoi mit humanitären Hilfsgütern koordiniert, der Bewohner im Norden des abgeriegelten Küstenstreifens erreichen sollte, sagte Armeesprecher Hagari. Bei der Ankunft seien zahlreiche Menschen auf die Lastwagen gestürmt und es sei zu chaotischem Gedränge gekommen. «Einige fingen an, andere gewaltsam zu schubsen und zu Tode zu trampeln und plünderten die humanitären Hilfsgüter», sagte der Armeesprecher.

Ein anderer Sprecher des israelischen Militärs, Peter Lerner, sagte dem Fernsehsender CNN, nach ersten Erkenntnissen habe sich kurze Zeit darauf eine Gruppe von Menschen israelischen Soldaten genähert. Das Militär habe daraufhin Warnschüsse in die Luft abgegeben. Die Gruppe habe sich den Soldaten jedoch weiter genähert und eine Bedrohung dargestellt, woraufhin die Soldaten das Feuer eröffnet hätten. Laut israelischen Medienberichten sollen sie auf die Beine gezielt haben. Eine Handvoll Menschen sei bei dem Vorfall verletzt worden, sagte Lerner. Der Vorgang werde untersucht. Auch Hagari betonte:

«Wir haben weder auf Hilfesuchende noch auf den humanitären Konvoi geschossen, weder am Boden noch aus der Luft.»

Frankreichs Aussenministerium: Beschuss von Zivilisten nicht zu rechtfertigen

«Der Beschuss von Zivilisten durch das israelische Militär bei dem Versuch, an Lebensmittel zu gelangen, ist nicht zu rechtfertigen», hiess es in einer am Donnerstagabend veröffentlichten Mitteilung des französischen Aussenministeriums. Frankreich erwarte, dass das schwerwiegende Vorkommnis vollständig aufgeklärt werde. Die Regierung in Ägypten hatte Israel zuvor vorgeworfen, das Feuer auf die wartende Menge eröffnet zu haben. Auch Saudi-Arabien und Jordanien kritisierten Israel für den Vorfall.

Das Geschehen zeige, warum eine schnelle Einigung auf eine Waffenruhe und die Freilassung der Geiseln in den Händen der islamistischen Hamas notwendig sei, betonte der Sprecher des US-Aussenministeriums. Die USA würden sich «sehr dafür einsetzen, eine Einigung zu erzielen», sagte Miller.

Netanjahu: Setzen Krieg bis zum Sieg fort

Auch die israelische Regierung bemüht sich nach den Worten von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu unermüdlich, die Geiseln freizubekommen. Es sei allerdings zu früh, um zu wissen, ob eine Einigung über die Freilassung der Entführten und eine Feuerpause im Gaza-Krieg zustande kommen wird, sagte Netanjahu am Donnerstagabend. Eine seiner zentralen Forderungen sei, eine Liste mit den Namen aller Geiseln zu bekommen, die im Rahmen eines Deals freigelassen würden. Diese habe er bisher nicht erhalten. Ein Durchbruch in den Verhandlungen und ein Abkommen in den kommenden Tagen seien daher zunächst ungewiss, sagte er. Die Armee werde den Krieg gegen die Hamas bis zum Sieg fortführen.

Was am Freitag wichtig wird

Während die Untersuchung zur Katastrophe am Hilfskonvoi im Gazastreifen andauert, gehen die Kämpfe in dem Küstengebiet unerbittlich weiter. Bei den indirekten Verhandlungen um eine Waffenruhe klaffen die Positionen der Kriegsparteien weiter weit auseinander. Für die Hunderttausenden von Zivilisten ist ein Ende des Horrors und des Leidens nicht in Sicht. (saw/sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
17 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
17
Interne Bedenken: Aufregung um den Atomausstieg in Deutschland

Ein Bericht zum Atomausstieg sorgt in Deutschland derzeit für Aufregung und setzt auch Wirtschaftsminister Robert Habeck unter Druck. In Sondersitzungen haben sich daher am Freitag die Bundestagsausschüsse für Klimaschutz und Energie sowie für Umwelt mit den Entscheidungen vor dem deutschen Atomausstieg befasst.

Zur Story