Wodka, Wein und «ein netter Brief»: Was läuft da zwischen Putin und Berlusconi?
Der ehemalige italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi soll den Berichten italienischer Medien zufolge bestätigt haben, dass er ein Geburtstagsgeschenk von Kremlchef Putin erhalten habe. Es habe sich dabei um 20 Flaschen Wodka gehandelt. Dies sei nach der «Wiederaufnahme» der Beziehungen zwischen den beiden geschehen, wird er zitiert. Putin soll früher schon einmal dem Italiener ein Bett für seine Schäferstündchen kredenzt haben.
Berlusconi wurde am 29. September 86 Jahre alt, vier Tage nachdem eine Rechtskoalition mit seiner Forza Italia die Wahl gewonnen hatte. Er soll Parteimitgliedern gesagt haben, dass den Wodka-Kisten auch «ein sehr netter Brief» von Putin beigelegt war. Die Partei hatte dies zunächst dementiert, jetzt aber sind Audioaufnahmen von einem Treffen mit Mitgliedern seiner Forza-Italia-Partei öffentlich geworden.
«Ich kannte ihn als friedlichen Menschen»
Die italienische Nachrichtenagentur La Presse schreibt, dass in dem Clip Berlusconi sagt, er habe sich bei Putin mit heimischen Lambrusco-Weinen revanchiert. In den Aufnahmen soll Berlusconi direkt über den russischen Präsidenten gesprochen haben. «Ich kann meine Meinung nicht persönlich abgeben, denn wenn es der Presse mitgeteilt wird, wird es sich als Katastrophe herausstellen. Aber ich bin sehr, sehr, sehr besorgt. Ich habe die Beziehungen zu Präsident Putin ein wenig wiederhergestellt. Ich kannte ihn als friedlichen und vernünftigen Menschen», wird er zitiert.
Die neuen Kommentare vor allem zu den jeweiligen Geschenken waren von seinen Vertrauten, darunter dem möglichen künftigen Aussenminister Antonio Tajani, zunächst als «alte Geschichten» abgetan worden. Allerdings spricht Berlusconi in der Aufnahme, in den der Westen längst eingetreten sei, «weil wir der Ukraine Waffen und Geld geben».
Berlusconi äusserte sich bislang nicht zu den Veröffentlichungen. Stattdessen schrieb er auf Twitter, dass er sich nach einem Arbeitstag im Senat mit seiner Partnerin und Forza-Italia-Politikiern Marta Fascina ein Eis gegönnt habe.
Dopo una giornata tra Camera e Senato, Marta ha optato per un buon gelato, mentre io non ho resistito ad una crêpes! Buona serata a tutti! pic.twitter.com/LttzlZ0bUs— Silvio Berlusconi (@berlusconi) October 18, 2022
Der Rechtspopulist hat in der Vergangenheit offiziell den Ukraine-Krieg verurteilt, hatte aber kurz vor der Wahl in der TV-Show «Porta a porta» gesagt, Putin sei dazu intern gedrängt worden. Dessen Minister hätten einen Wechsel in der ukrainischen Regierung im Sinn gehabt und gehofft, Kiew in einer Woche zu erreichen, und dann das Land wieder zu verlassen.
Dafür hatte es in Italien heftige Kritik von Berlusconis Gegner gegeben. «Wirklich tragisch» nannte Zentrums-Spitzenkandidat Carlo Calenda den Auftritt Berlusconis und bezeichnete den Forza-Italia-Gründer als «irgendetwas zwischen Pressesprecher Putins und Militärberater». Der frühere Ministerpräsident Enrico Letta von den Sozialdemokraten twitterte: «Es gibt keine Worte, um das zu kommentieren.»
Sticheleien in der neuen Koalition
Die Partei des charismatischen viermaligen Premiers ist in einer neuen Regierungskoalition ein Juniorpartner. Die Ultrarechte Giorgia Meloni hatte sich bei den Wahlen Ende September durchgesetzt. Ihre postfaschistische Partei Fratelli d'Italia stellt mit rund 25 Prozent die stärkste Kraft. Lega und Forza Italia waren beide unter neun Prozent geblieben.
Dass Berlusconi trotz seines Platzes in der zweiten Reihe in der Politik mitspielen will, zeigte er bei der Wahl des Senatspräsidenten. Bei der konstituierenden Sitzung in Rom hatte Italiens Parlament den Rechtspolitiker Ignazio La Russa zum Senatschef gewählt. Er ist Vertrauter von Giorgia Meloni. Berlusconi hatte seine Parteimitglieder aufgefordert, sich zu enthalten.
Es wird befürchtet, dass Italien mit der neuen Regierung näher an Russland heranrücken könnte. Der Sozialdemokrat Enrico Letta kritisierte, die Rechtsallianz sei dabei, Italien in eine immer unklarere Position gegenüber Russland zu manövrieren.
Er verwies auch auf Aussagen des neuen Vorsitzenden der Abgeordnetenkammer, Lorenzo Fontana von der rechten und seit Jahren russlandfreundlichen Lega, der am Dienstagabend in einem TV-Interview sagte: «Wir müssen bei den Sanktionen aufpassen: Sie könnten zum Bumerang werden. Die Russen waren vorbereitet, wir in Europa nicht.»
Allerdings ist mit einer Regierungsbildung erst in einigen Wochen zu rechnen. Giorgia Meloni selbst hatte nach der Wahl dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj die Unterstützung der Ukraine zugesagt. Der Chef der rechtsnationalen Lega, Matteo Salvini, pflegte bislang wie auch Berlusconi gute Beziehungen zu Putin. (t-online, wan/con/sda)

