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Donald Trump wegen Betrugs verurteilt – die wichtigsten Fragen dazu

US-Richter urteilt: Die Trumps haben jahrelang falsche Finanzberichte vorgelegt

27.09.2023, 01:1827.09.2023, 07:01
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Donald Trump wird wegen Betrugs verurteilt. Bild: keystone

Der frühere US-Präsident Donald Trump hat nach Einschätzung eines New Yorker Richters jahrelang den Firmenwert seiner Trump Organization manipuliert und damit Betrug begangen. Zu diesem Urteil kommt der New Yorker Richter Judge Arthur Engoron am Dienstag in einer vorläufigen Entscheidung.

Das sind die wichtigsten Punkte:

Was ist dieses Urteil genau?

Die Entscheidung von Richter Arthur Engoron wurde wenige Tage vor der geplanten Verhandlung des Zivilprozesses zwischen der New Yorker Generalstaatsanwaltschaft und Donald Trump gefällt.

Engoron gab einem Antrag der Generalstaatsanwältin Letitia James auf ein sogenanntes summarisches Urteil – auch Urteil im Schnellverfahren genannt – statt. Letitia James klagt als Staatsanwältin dem Zivilverfahren gegen Trump und seine zwei ältesten Söhne, Donald Junior und Eric Trump.

Eine Partei, die ein Urteil im Schnellverfahren beantragt, versucht, die Zeit und die Kosten eines Prozesses zu vermeiden, wenn das Ergebnis nach Ansicht der Partei offensichtlich ist. Da Richter Engoron dem Verfahren stattgegeben hat, kann man davon ausgehen, dass die Beweise, die ihm vorgelegt wurden, eindeutig sind.

Der Richterspruch vom Dienstag ist innerhalb des kommenden Zivilverfahrens also eine Art Grundsatzentscheidung, die der Richter vorweggenommen hat. Im Prozess nächste Woche wird dann unter anderem entschieden, wie hoch die Strafe gegen Trump ausfallen wird. Da es sich um ein Zivilverfahren handelt, ist eine Gefängnisstrafe ausgeschlossen.

Für Trump und sein Unternehmen kommt der Entscheid einem grossen Schlag gleich: Er ist eine vollständige Zurückweisung seiner Argumente, dass er die Werte seiner Golfplätze, Hotels, Häuser in Mar-a-Lago und Seven Springs in seinen Finanzberichten, die wiederholt im Geschäftsleben verwendet wurden, nicht aufgebläht habe.

Was wird Trump darin zur Last gelegt?

Grundsätzlich handelt es sich um Betrug: Der Ex-Präsident, seine Söhne sowie leitende Mitarbeiter hätten den Wert des Unternehmens in Geschäftsberichten systematisch zu hoch angesetzt, um zu günstigeren Konditionen an Kredite und Versicherungsverträge zu kommen.

Konkret befand Richter Engoron, dass die Finanzberichte, die die Trumps Kreditgebern und Versicherern etwa ein Jahrzehnt lang vorgelegt hatten, falsch waren und dass sie wiederholt Betrug begangen hatten.

«Eine Diskrepanz dieser Grössenordnung (...) kann nur als Betrug angesehen werden.»
Richter Engoron in seinem Urteil

Beispielsweise habe Trump die Grösse seiner Wohnung im Trump Tower jahrelang mit rund 2800 Quadratmeter angegeben, obwohl sie nur gut 1000 Quadratmeter gross war. Dadurch sei die Immobilie um bis zu 200 Millionen US-Dollar überbewertet gewesen. Der Wert seines Anwesens Mar-a-Lago in Florida soll in den Finanzdokumenten sogar um 2'300 Prozent aufgebläht worden sein.

«Eine Diskrepanz dieser Grössenordnung (...) kann nur als Betrug angesehen werden», schrieb Engoron in seinem Urteil.

Der Richter ordnete unter anderem an, dass die Gewerbescheine von Trump und seinen Söhnen zurückgezogen werden. Das dürfte es der Familie erschweren, künftig weiter Immobiliengeschäfte in New York zu machen.

Wie reagieren die Trumps?

Donald Trump reagierte auf seinem Internet-Dienst «Truth Social» mit einer ausführlichen Stellungnahme. Dort bezeichnete er das Urteil des «geistesgestörten» Richters als politisch motiviert und wittert eine weitere Verschwörung: Parteifreunde von Präsident Joe Biden in der Justiz würden alles daran setzen, ihn zu stoppen, weil er gemäss Meinungsumfragen die besseren Karten im Wahlkampf 2024 habe, so Trump.

Auch Trumps Sohn Eric meldete sich umgehend. Auf X schreibt er nach dem Urteil: «Heute habe ich jedes Vertrauen in das New Yorker Rechtssystem verloren. Noch nie habe ich einen solchen Hass eines Richters auf eine Person gesehen – eine mit der Generalstaatsanwältin koordinierte Aktion, um das Leben, das Unternehmen und die Leistungen eines Mannes zu zerstören.»

Und weiter: «Wir haben ein aussergewöhnliches Unternehmen geführt, wir haben nie eine Darlehenszahlung versäumt, den Banken Hunderte von Millionen Dollar eingebracht und einige der berühmtesten Immobilien der Welt entwickelt. Doch die Verfolgung unserer Familie geht weiter.»

Wie geht es jetzt weiter?

Am kommenden Montag soll der von der New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James angestrengte Zivilprozess gegen Trump beginnen. Sie will erreichen, dass Trump 250 Millionen Dollar als Wiedergutmachung zahlen muss und in New York keine Geschäfte mehr machen darf. Ein abschliessendes Urteil wird für Dezember erwartet.

Trump ficht seit Jahrzehnten zahlreiche Konflikte mit der US-Justiz aus. Schon als Baumogul war er in Rechtsstreitigkeiten verstrickt. Auch während seiner Präsidentschaft von 2017 bis 2021 geriet er immer wieder ins Visier der Justiz. Seit dem Ende seiner Präsidentschaft kämpft Trump an mehreren Fronten mit juristischen Problemen oder mit Untersuchungen, die rechtliche Konsequenzen für den 77-Jährigen haben könnten. Bei der Präsidentenwahl im kommenden Jahr will Trump erneut antreten.

Experten halten es zwar für unwahrscheinlich, dass eines der oft mehrjährigen Verfahren mit Möglichkeiten für Revision und Nachverhandlungen vor der Wahl im November 2024 zu einer Verurteilung führen würde. Der Zivilprozess wegen Betrugs könnte Trump aber zumindest politisch schaden: Schliesslich punktet er bei seinen Wählern auch immer damit, sich als erfolgreicher Unternehmer darzustellen. Sollte sich diese Erzählung jetzt als Lüge herausstellen, könnte zumindest in einigen Wählergruppen sein Glanz verblassen.

(lak/sda/dpa)

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51 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Doppellottotreffer
27.09.2023 05:16registriert September 2021
"Trumps Sohn Eric nach dem Urteil:
«Heute habe ich jedes Vertrauen in das New Yorker Rechtssystem verloren.»"

Logisch, denn bisher haben die Trumps sich darauf verlassen, dass die Justiz nach ihrer Pfeife tanzt und sich nicht ans geltende Recht halten müsse.
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Linus Luchs
27.09.2023 06:30registriert Juli 2014
"Der Zivilprozess wegen Betrugs könnte Trump aber zumindest politisch schaden."

Leider nein. Trump hat eine weitere Gelegenheit, sich als Opfer der "linken Justiz" darzustellen, was ihm bei seiner komplett faktenresistenten Gefolgschaft hilft.
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Auster N
27.09.2023 06:20registriert Januar 2022
Endlich, denn ab sofort dürfen wir Kommentierer alle mit Fug und Recht sagen: Trump, der Verbrecher. Ausserdem, ab hier beginnt für den orangen Donald der richtige Stress. Woher soll er die Rückzahlung nehmen. Er ist ja Pleite seit 1976. Alles auf Pump, alles gar nicht seins.
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