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Flugzeug-Crash in Kolumbien: Hatte das Flugzeug zu wenig Sprit?

epaselect epa05654539 A person holding a candle and wearing a religious amulet and a tribute t-shirt attends an event commemorating the victims of a plane crash in Medellin, Colombia, 30 November 2016 ...
Kerzen für die Opfer: Anhänger des Fussballclubs Chapecoense trauern in Brasilien.Bild: EPA/EFE

Überlebender des Flug 2933: «Passagiere standen in Panik auf und schrien»

30.11.2016, 21:2401.12.2016, 14:43
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Beim Absturz eines Flugzeugs sind 71 Menschen in Kolumbien gestorben, darunter 19 Profis des brasilianischen Fussballteams Chapecoense. Die Mannschaft sollte in Medellín das Finalhinspiel des Südamerika-Cups gegen Atlético Nacional Medellín bestreiten.

Die Maschine ist wohl wegen Treibstoffmangels abgestürzt. Das teilte die kolumbianische Luftfahrtbehörde auf Basis vorläufiger Untersuchungen am Unglücksort mit. «Wir haben Ermittlungen eingeleitet, um herauszufinden, warum es nicht genug Treibstoff gab», sagte der für Luftsicherheit zuständige Sekretär Freddy Bonilla nach Angaben der Zeitung «El Tiempo». Bei dem Absturz waren 71 Menschen ums Leben gekommen, sechs Insassen der Maschine überlebten.

«Das Flugzeug hat einen Total-Ausfall und keinen Treibstoff mehr»
Pilot der verunglückten LAMIA 2933

Zuvor war der Funkverkehr zwischen Piloten und dem Tower des Flughafens bei Medellín bekannt geworden, der dramatische Szenen unmittelbar vor dem Absturz am Montagabend offenbart. «Flug Lamia 2933 hat Totalversagen, totales elektronisches Versagen, kein Treibstoff», sagt der Sprecher, bei dem es sich um den Piloten handeln soll.

Bereits zuvor habe der Pilot den Kontrollturm darum gebeten, wegen «Treibstoffproblemen» bei der Erteilung der Landegenehmigung bevorzugt zu werden, geht aus dem Mitschnitt hervor. Der Kontrollturm am Flughafen Medellín kam dieser Bitte nach, dann brach aber der Funkkontakt ab.

Update
watson hat das Flugzeugunglück in Kolumbien von Beginn weg journalistisch begleitet und berichtet fortlaufend über die neusten Erkenntnisse. Am Tag nach dem Absturz berichteteten brasilianische und internationale Medien, der Pilot habe kurz vor dem Aufprall offenbar Treibstoff abgelassen, um eine Explosion zu verhindern. Auch watson hat diese Meldung aufgenommen. Sie erwies sich indes als unhaltbar – die Unglücksmaschine vom Typ Avro RJ 85 verfügt nämlich über keinen Treibstoffschnellablass (Fuel Dumping). U.a. haben uns mehrere User darauf aufmerksam gemacht. 

Spekulation um Zwischenlandung

Bolivianische Medien hatten zuvor unter Berufung auf den Vertreter der Fluggesellschaft Lamia, Gustavo Vargas, berichtet, das Flugzeug hätte zwischen dem Start im bolivianischen Santa Cruz und der Landung im kolumbianischen Medellín noch einmal in Bogotá zwischenlanden und tanken müssen. Der Pilot sei aber der Meinung gewesen, dass der Treibstoff reiche.

Nur sechs Menschen überlebten das Unglück, darunter drei brasilianische Fussballspieler. Der Verein will eine kollektive Beerdigungsfeier im Stadion der südbrasilianischen Stadt Chapecó abhalten, zu der zehntausende Menschen erwartet werden.

«Passagiere standen in Panik auf und schrien»

Unter den sechs Überlebenden des Unglücks befinden sich auch zwei bolivianische Besatzungsmitglieder. Sie sassen beide zum Zeitpunkt des Absturzes im hinteren Teil des Fliegers und erlitten nur leichte Verletzungen. Wie Luis Perez, Gouverneur von Antioquia, dem Portal «Infobae» erklärte, hätte eine der Überlebenden miterlebt, dass in den letzten Flugminuten die Licht er im Flugzeug immer wieder an- und ausgingen und sie gespürt habe, wie die Maschine «komplett ausschaltete und stark sank.»

Das zweite überlebende Besatzungsmitglied berichtete selbst von den letzten Augenblicken vor dem Crash. Er hätte nur überlebt, weil er sich genau an die Flugsicherheits-Richtlinien hielt. «Als die Passagiere merkten, dass etwas mit der Maschine nicht stimmt, sind viele in Panik aufgestanden und haben geschrien, so Tumirí zu «El Columbiano». Er aber hätte ein Gepäckstück zwischen seine Beine geklemmt und sich mit dem Kopf über die Knie gebeugt. 

(kad/sda/dpa)

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35 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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canoe58
30.11.2016 23:42registriert Oktober 2016
Kein Kerosen mehr - keine funktionierende Triebwerke - also auch keine Generatoren mehr. Also der totale elektrische Ausfall ist die Folge von leeren Tanks, und nicht umgekehrt.
Traurig für all diese Menschen, nicht nur die Fussballer.
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Domino
01.12.2016 01:31registriert Januar 2016
Laut Wikipedia ist die maximale Reichweite der Avro RJ85 2'600 km.
Die Luftlinie zwischen Medellín und Santa Cruz ist 3'006 km.
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amore
01.12.2016 08:42registriert Februar 2014
Ein typisches Beispiel von schludrigem Journalismus. Gestern wurde der Pilot noch in vielen Medien als Held gefeiert. Doch wenn man nur ein bisschen recheriert hätte, hätte man wissen können, dass diese Story keinen Sinn macht. Dieser Flieger kann nicht fuel dumpen und seine Reichweite ist zu kurz für diese Strecke. Fuel hätte ja knapp ausgereicht. Aber es kommt noch Holdingfuel dazu sowie fuel für die Strecke zu einem Ausweichflughafen (gesetzlich vorgeschrieben für gewerbliche Flüge). Wenn ein Pilot solch elementare Fehler macht ist er kein Held, sondern ein Verbrecher.
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