Das deutsche «Nido»-Magazin ist dazu da, um Hipstern von heute das Phänomen Kind schmackhaft zu machen. Aktuell mit Artikeln wie «33 Dinge, die mit Kindern erst so richtig Spass machen». Oder «Vater vs. Kater». Oder «10 Hörspiele auf Spotify». Also lauter lustige Ideen, auf die wir von watson auch kommen könnten.
Besonders lustig fand «Nido» nun die Idee, einen Mitarbeiter und Vater eine Kolumne über das gemeinsame Lästern mit dem Kind schreiben zu lassen. Das hier kam dabei heraus:
Na? Was ist daran total ungeschickt? Was hätte der Journalist, der sicher auch gerne ruhig schläft, unbedingt lassen sollen? Es beginnt mit «Bo». Und es hat weder mit DJ Bobo noch mit «Bonding mit der Tochter» zu tun, sondern ...
@nido_magazin Echt jetzt? Bodyshaming? Ihr? 2017? Mega daneben... pic.twitter.com/J5HPtFYfU2
— Okaybritta (@Okaybritta) 20. März 2017
Genau, Bodyshaming! Schon mal gehört? Sollte man als Mann einfach unterlassen, sonst gibt's sowas von aufs Dach. Zumal öffentliches Bodyshaming und Fatshaming aktuell sehr bewusst als Zermürbungsstrategie eines politischen Gegners benutzt wird. Siehe Glarner, Andreas. Oder Sargnagel, Stefanie. Wer dies – gerade als zeitgeistsensibler Journalist – nicht gecheckt hat, ist dumm.
Kein bisschen erstaunlich war deshalb, dass die kleine Kolumne in den frühen Morgenstunden zum Politikum wurde. Marina Weisband von der deutschen Piratenpartei mischte sich ein:
Kinder früh zum Arschloch erziehen, rät @nido_magazin. Das ist das schrecklichste, was ich heute gelesen habe. Und es ist 7 Uhr. https://t.co/0yVVkKTruC
— Marina Weisband (@Afelia) 21. März 2017
Und weil Marina Weisband 60'000 Twitter-Follower hat, geriet die Sache dann so richtig in Wallung. Sie nahm zwei Wege: 1. Bodyshaming von Frauen, 2. Das Verderben unschuldiger Kinder im Zeitalter zynischer Gewissenlosigkeit. Frauen und Kinder also. Was hatte sich der Autor beim Verfassen seiner Kolumne bloss gedacht? Nichts? Ich will Hass?
Und so kam das auf Twitter an:
@Afelia @nido_magazin Hass nach außen, um inneren Zusammenhalt zu stärken? Das ist im Großen Kriegshetze und Rassenhass.
— bitterlemmer (@bitterlemmer) 21. März 2017
@Afelia @nido_magazin Irgendwie traurig wenn einem mit eigenen Kind nicht mehr verbindet als über das Gewicht anderer Menschen zu reden.
— Stefan Günster (@The_Nathan_Grey) 21. März 2017
@Afelia @nido_magazin gut, dass ich heute noch nicht gegessen habe, sonst würde mir das aus dem Gesicht fallen. Wie gruselig!
— Regina Küpper (@ReginaKuepper) 21. März 2017
@Afelia @nido_magazin Liebe Mami, die gerne mit ihrer Tochter lästert: Gedanken werden Worte, werden Taten, etc.
— M.K.Kleinehellefort (@mkk030572) 21. März 2017
PS.: Lieber dick als doof.
Gegen Abend reagierte die «Nido»-Redaktion:
Mit grotesk grossem Feingefühl gestaltete sie ihre Message nach der Art konventioneller Todesanzeigen.
Liebe @Afelia, hier unsere Stellungnahme: pic.twitter.com/woG9VHASK4
— Nido (@nido_magazin) 21. März 2017
Logisch, dass sie sich damit sofort in neue Fettnäpfe stürzte:
@nido_magazin Großes Kino, es als "normal" hinzustellen, Kinder zu Vorurteilen und Intoleranz zu erziehen. Die Schulhofmobber von morgen.
— Go ask Alice (@DragonRynn) 21. März 2017
@nido_magazin Eine Nichtentschuldigung ohne Rückgrat, soso... pic.twitter.com/75WE32ZDua
— Frau Kah (@katzenkah) 21. März 2017
@nido_magazin @Okaybritta Wenn der Autor sich so seiner Tochter verbundener fühlt - nun gut. Mehr muss man dann auch nicht über Nido wissen.
— Hanna (@phAnTOMIC) 21. März 2017
Seien wie ehrlich: Journalismus ist heute nur ein anderes Wort für Zynismus. Die Medienlandschaft ist obszön. Das ist nicht schön. Aber wer Mobbing andeutet, kriegt halt die Macht des Mobs zu spüren. Die sozialen Medien sind das neue Korrektiv. Wer das nicht weiss, ist echt naiv. Gute Nacht, «Nido».