Im Jahr 2016 setzte Donald Trump alles auf die Anti-Mexiko-Karte. Die Strategen der Republikaner schlugen deswegen die Hände über dem Kopf zusammen. «Wir brauchen die Stimmen der Hispanics», klagten sie und rechneten mit einer Niederlage ihres Kandidaten.
Im Jahr 2024 setzte er alles auf die Macho-Karte. Wieder machte man sich in der Grand Old Party Sorgen, zumindest hinter vorgehaltener Hand. Wir benötigen die Stimmen der Frauen, raunten sie besorgt und verwiesen auf Nikki Haley. Diese hatte sich lange und hartnäckig Trump entgegengestellt. Danach hat sie seinen Ring geküsst und sich bereit erklärt, für die Frauenstimmen zu werben. Das MAGA-Lager zeigte Haley die kalte Schulter.
Matt Gaetz, Abgeordneter aus Florida und glühender Trump-Anhänger, erklärt weshalb:
Die Wette schien auf den ersten Blick riskant. Männer, vor allem junge und nicht-weisse, gehören zur Gruppe der «low propensity voter», will heissen, sie sind keine verlässlichen Wähler, sondern gehen manchmal zur Urne, und manchmal auch nicht. Am 5. November sind sie zur Urne gegangen. Die Bro-Strategie ist aufgegangen, nicht zuletzt auch, weil sich die amerikanische Medienlandschaft stark verändert hat.
Nicht mehr die Editorials der «New York Times» oder der «Washington Post» beeinflussen die Wähler, sondern Podcasts wie derjenige von Joe Rogan. Ihm hat Trump ein dreistündiges Interview gewährt und ist dafür belohnt worden. Allein auf YouTube ist es weit über 30 Millionen mal abgerufen worden, vornehmlich von jungen Männern.
Kamala Harris hat eine ganz andere Strategie gewählt. Sie formte eine Koalition, die von Taylor Swift bis zu Liz Cheney reichte, etwas, das bisher im geteilten Land unmöglich schien. Anders als Trump setzte sie auf einen «fröhlichen Wahlkampf». Während der Ex-Präsident keine Grenzen mehr kannte, politische Gegner als «Feinde im Inneren» beschimpfte und von Immigranten als «Ungeziefer» sprach, hielt sie sich, was Hetze betrifft, zurück.
Stattdessen zielte ihre Strategie darauf, die Wut der Frauen zu nutzen. Diese Wut hat sich in den letzten Jahren aufgestaut. 2016 wurde Hillary Clinton der Einzug ins Weisse Haus verwehrt, obwohl sie eine Mehrheit der Wählerstimmen auf sich vereinigen konnte. Trump drückte in der Folge gleich drei konservative Richter in den Supreme Court, die gegen den Willen der grossen Mehrheit der Amerikanerinnen die Legalisierung der Abtreibung auf nationaler Ebene nach fast 50 Jahren aufhoben. Den Frauen blieben nur hilflose Proteste.
Diese Strategie ist ebenfalls teilweise aufgegangen, leider nur teilweise. Vor allem ältere, weisse und gut ausgebildete Frauen haben Harris ihre Stimme gegeben.
Die Tatsache, dass ausgerechnet schwarze Männer und Hispanics Trump wieder den Einzug ins Weisse Haus verschaffen, muss für Harris und die Demokraten doppelt schmerzhaft sein.
Wie schon Hillary Clinton musste Harris auch erfahren, dass sich Anstand nicht mehr auszahlt. Das Motto, das Michelle Obama einst Clinton auf den Weg gab – «When they go low, we go high» scheint im aktuellen Polit-Klima auf verlorenem Posten zu sein.
Nun ist Trump der definitive Gewinner der Wahl. Damit scheint der Weg der USA in Richtung Autokratie vorgezeichnet zu sein und der liberale Westen ist im Begriff, seine Schutzmacht zu verlieren. Auch bei uns werden die Rechtspopulisten ihre noch spärlich vorhandenen Hemmungen fallen lassen.
Ich verstehe es nicht.
Und werde es nie verstehen.
Putin reibt sich die Hände.
Auch bei uns wirken die gleichen Kräfte.